Hamburg. Das Gezerre um die Köhlbrandbücke steht beispielhaft für die Versäumnisse der Politik. Das vertreibt Investoren. Ein Standpunkt.

Im Juni 2012 versprach der damalige Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), dass Hamburg eine neue Köhlbrandbrücke bauen werde. Aufgrund der langen Planungsvorlaufzeiten würden die Planungen und die Finanzierung des Ersatzbaus „in Kürze“ angestoßen, verkündete er. Inzwischen, zwölf Jahre später, haben wir immer noch keine Entscheidung über einen Neubau.

Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD), die das Projekt im Gegensatz zu ihren Amtsvorgängern mit viel Verve vorantreibt, war in dieser Woche kurz davor, wurde aber von den Knüppeln, die ihr der grüne Umweltsenator Jens Kerstan zwischen die Beine warf, jäh gebremst.

Hamburg geht mit Bauprojekten zu nachlässig um

Er vermochte am Dienstag der Senatsdrucksache nicht zustimmen, weil er den Neubau der Brücke infrage stellt. Das hätte ihm nach der Diskussion der vergangenen Monate wahrlich früher einfallen können. Aber vielleicht war sein kurzfristiges „Nein“ auch weniger in der Sache begründet als vielmehr in den parteitaktischen Geplänkeln, die ihn schon bei manch anderen Entscheidungen der SPD überkommen haben, wie beispielsweise bei der Frage des Umgangs mit dem Elbschlick, als er ebenfalls die Wirtschaftsbehörde ausbremste.

Und auch das muss er sich vorwerfen lassen: Am Freitagabend, also drei Tage vor der Senatsabstimmung zur Köhlbrandbrücke, einen Bedenkenkatalog zu übermitteln und sich dann in den Urlaub zu verabschieden, ist kein besonders kollegiales Vorgehen. Kritik an Kerstans Verhalten ist also berechtigt.

Planung für Tunnel verschlang Millionen

Angebracht ist sie aber auch an den ganzen Vorgängersenaten, die es nicht geschafft haben, das Projekt Köhlbrandbrücke voranzutreiben. Schließlich sind sie nicht unschuldig daran, dass man jetzt in Zeitdruck gerät. Was sagen denn die ganzen Senatoren, die den Bau einer neuen Querung als für die Hamburger Wirtschaft unverzichtbar erklärt haben, und sich dann nicht weiter darum bemühten?

Es ist doch ein Schildbürgerstreich, dass die Wirtschaftsbehörde ihre nachgeordnete Hamburg Port Authority fünf Jahre lang den Bau eines Tunnels planen ließ, bevor festgestellt wurde, dass der Untergrund für das geplante Bauwerk so nicht geeignet ist. Millionen wurden für nichts verschleudert.

Senat vermittelt kein gutes Bild nach außen

Dabei drängt sich die Frage auf, wie es mit dem Bau der Autobahn A 26-Ost weitergeht. Auch hier haben die Grünen nach jahrelanger Planung auf einmal Bauchschmerzen bekommen, obgleich sie im Koalitionsvertrag noch deren Unterstützung zugesichert haben. Das jahrzehntelange Gezerre um die Elbvertiefung muss nicht extra erwähnt werden. Offenbar hat Hamburg größte Probleme damit, Infrastrukturprojekte zu realisieren. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Hamburgs Senat ihnen nicht die größte Priorität einräumt.

Nach außen vermittelt er damit kein gutes Bild und macht potenziellen Investoren die Entscheidung leicht, sich an anderen Standorten zu engagieren. Das ist fatal, da Teile der hiesigen Wirtschaft aufgrund der konjunkturellen Flaute bereits erodieren.

Mehr aktuelle Wirtschaftshemen

Tatsächlich ändert es nichts, wenn die Entscheidung über die Köhlbrandbrücke erst in der kommenden Woche anstatt in dieser fällt. Das spielt für die lange Realisierungszeit eines Neubaus – man spricht inzwischen von einer Freigabe im Jahr 2046 – überhaupt keine Rolle.

Kerstans Geplänkel mit dem Senat in dieser Woche steht aber sinnbildlich für den leichtfertigen Umgang von Teilen der rot-grünen Landesregierung mit essenziellen Entscheidungen für Hamburgs Zukunft. Und das geht nicht.