Hamburg. Geld wird plötzlich länger angelegt als gedacht. Institut verspricht zudem höhere Zinsen für sogenanntes Neugeld – doch was ist das?
Wer bei der Postbank Festgeld anlegen will, steht vor einigen Herausforderungen. Das Tochterunternehmen der Deutschen Bank wirbt mit einem Zins von 3,30 Prozent für ein Jahr. Vergleicht man das mit anderen deutschen Geldhäusern mit erweiterter Einlagensicherung, so liegen die Konditionen im guten Mittelfeld. Nur wenige deutsche Banken bieten etwas höhere Zinsen, etwa die BMW-Bank mit 3,50 Prozent.
Doch die Postbank zahlt den Zins nur für „Neugeld“. Für „bestehendes Guthaben“ bekommt man lediglich 2,75 Prozent. Solche Lockangebote sind zwar nicht ungewöhnlich, aber eher für Tagesgeld üblich. Bei der Postbank sind zudem die Bedingungen für das sogenannte Neugeld sehr schwammig formuliert.
Postbank: Schwammige Definition von Neugeld
Das Geld darf sich vorher nicht nur auf keinem Fall auf einem Postbank-Konto befunden haben, sondern eingeschlossen sind auch Konten oder Depots der Deutschen Bank, der Norisbank, der BHW Bausparkasse und der Fondsgesellschaft DWS. Allerdings sah sich die Postbank auch nicht in der Lage, eine einfache Frage des Abendblatts zu beantworten: Angenommen, ich ziehe 5000 Euro von der Norisbank ab und zahle sie zwei Wochen später bei der Postbank ein. Ist das Neugeld?
Stattdessen gibt es schwammige Erklärungen aus den Bedingungen für das Postbank-Zinssparen, die darauf hindeuten, dass der Kunde einen niedrigeren Zins erhält, wenn die Bedingungen nicht erfüllt sind. Wie die genau zu interpretieren sind, bleibt unklar. Denn es wird auch kein Zeitraum angegeben, wie lange das Geld vorher nicht auf den erwähnten Konten gewesen sein darf. Andere Banken arbeiten mit einem Zeitraum von zwölf Monaten.
Postbank: Wer die Bedingungen nicht erfüllt, bekommt niedrigeren Zins
Dabei sind durchaus noch kompliziertere Konstellationen möglich als in dem Beispiel mit der Norisbank. Denkbar wäre auch, das Geld wird von einem Postbank-Konto abgezogen und in einen DWS-Geldmarktfonds investiert. Weil der Kunde mit der Rendite aber nicht zufrieden ist, löst er den Fonds auf und überweist das Geld auf ein konzernfremdes Tagesgeldkonto. Als dort die Zinsen sinken, zieht er das Geld ab, und möchte es nun in die Festgeldanlage der Postbank investieren.
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Wer seine Festgeldanlage online ordert, läuft Gefahr, dass er am Ende einen niedrigeren Zins bekommt als erhofft. „Soweit wir in Einzelfällen auf die Voraussetzungen der Neugeldbedingungen angesprochen wurden und keine eindeutige Bewertung möglich war, wurden mit den betreffenden Kunden einvernehmliche Lösungen gefunden“, sagt ein Postbank-Sprecher. In der Filiale würde der Berater im Gespräch mit dem Kunden klären, ob es sich um Neugeld handelt.
Scharfe Kritik von den Verbraucherschützern
„Neugeld ist ein unbestimmter Begriff, mit dem die Bank sich einen Ermessensspielraum eröffnet“, sagt Sandra Klug, Geldanlageexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. Kritik an der Postbank kommt auch von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Neugeld ist viel schwammiger als Neukunde“, sagt David Riechmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Er rät den Kunden, durchaus zu tricksen. „Wenn man einen Umweg wählt, müsste es als Neugeld anerkannt werden. Wer will denn nachvollziehen, ob es sich genau um das Geld handelt, das vorher auf den Konten der Deutsche-Bank-Gruppe war? Sonst würde ich mich an den Ombudsmann der Banken wenden.“ Die Regelungen seien für Kunden der Postbank völlig unübersichtlich.
„Es wäre wünschenswert, wenn die Bedingungen so formuliert wären, dass Klarheit bestünde“, sagt auch die Hamburger Verbraucherschützerin Klug. „Aber einen Anspruch darauf haben Kunden bei solchen Aktionen leider nicht.“
Doch damit nicht genug. Auch bei der vereinbarten Anlagedauer gibt es für die Kunden der Postbank eine Überraschung. Nur wer das Kleingedruckte vorher gründlich studiert, erfährt: „Der Zinssatz gilt vom Tag der Einzahlung bis zum Tag vor Monatsende der vereinbarten Dauer in Monaten.“
Unübliche Praxis: Festgeld läuft länger, als viele Kunden erwarten
Die Anlage erfolgt also nicht taggenau, sondern läuft immer bis zum Monatsende. Wer am 2. März 2024 ein einjähriges Festgeld vereinbart, der bekommt sein Geld erst am 31.3.2025 zurück, also 29 Tage später, als die meisten erwarten. Eine Ausnahme gibt es nach Angaben der Postbank nur, wenn die Anlage am Ersten eines Monats erfolgt.
Eine Recherche bei der Zinsplattform Weltsparen zeigt, dass diese Praxis absolut unüblich ist. Sowohl deutsche wie auch ausländische Banken halten die vereinbarte Laufzeit taggenau ein und zahlen die Gelder nicht erst am Monatsende zurück. Denn eine solche Praxis kann zu unangenehmen Überraschungen führen, wenn das Geld unmittelbar nach dem vermeintlichen Anlageende benötigt wird.