Hamburg. Niedriger Rohstoffpreis an der Börse führt zu günstigen Neukundentarifen. Was Verbraucher bei einem Wechsel beachten sollten.

Der Winter ist noch nicht vorbei, doch die Gaspreise sind auf einem neuen Tief. Ein erster Anbieter lockt jetzt die Kunden mit einem Preis von weniger als sechs Cent für die Kilowattstunde (kWh) Erdgas. Auch an der Börse für europäisches Erdgas fällt der Preis auf den tiefsten Stand seit mehr als einem halben Jahr. Dort kostet die kWh 2,6 Cent. Ist jetzt eine gute Zeit für einen Wechsel?

Die Preisbremse für Erdgas, die den Preis bei 12 Cent pro kWh deckelte, ist schon Anfang des Jahres gefallen. Ein Problem für die Anbieter war das nicht, denn nach einer Übersicht des Vergleichsportals Check24 haben Grundversorger seit Beginn des Jahres in 412 Fällen ihre Preise gesenkt, auch der für Hamburg zuständige Grundversorger E.on Energie. Bei ihm kostet die kWh 9,43 Cent. Allerdings wurde gleichzeitig der Grundpreis auf rund 174 Euro mehr als verdoppelt.

Aus der Grundversorgung ist ein Wechsel innerhalb von 14 Tagen möglich

Aus der Grundversorgung für Gas von E.on kann man innerhalb von 14 Tagen raus. Bei Verträgen von alternativen Anbietern mit einer Laufzeit von zwölf Monaten beträgt die Kündigungsfrist meist einen Monat oder vier Wochen. Auch hier kann sich ein Wechsel lohnen, wenn das Ende der Vertragslaufzeit naht. Denn im Schnitt zahlten Verbraucher im Jahr 2023 rund 14 Cent pro kWh. Die günstigsten Neukundentarife sind nur halb so teuer. Bei Hamburg Energie kostet die kWh im günstigsten Tarif Alsterufer 9,72 Cent. Bei einem Verbrauch von 20.000 kWh liegen die Gesamtkosten bei 2011 Euro, bei E.on bei 2059 Euro.

Bis zu knapp 720 Euro im Jahr können Hamburger sparen, wenn sie jetzt aus der Grundversorgung von E.on zum Beispiel zu Maingau Energie, dem laut Check24 günstigsten Anbieter in Hamburg, wechseln. Das sind rund 300 Euro mehr als Mitte Oktober 2023. Auch damals hatte Maingau Energie den günstigsten Tarif. Aktuell liegt der Arbeitspreis mit einer zwölfmonatigen Preisgarantie bei 5,89 Cent pro kWh. Für 20.000 kWh werden im Jahr 1340 Euro fällig, während E.on 2059 Euro verlangt.

Gaspreis: Wer Boni nutzt, muss nach einem Jahr erneut wechseln

Im Unterschied zu vielen anderen günstigen Tarifen liegt der Preisvorteil auch nicht an einem hohen Neukundenbonus. Der vergünstigt den Preis nur im ersten Jahr. Wer Boni nutzt, muss sich in der Regel nach einem Jahr erneut einen günstigen Anbieter suchen, wenn er die Preisvorteile konsequent halten will. „Boni können zu Schwierigkeiten führen, wie wir aus Beschwerden von Verbrauchern wissen“, sagt Jan Bornemann, Energieexperte der Verbraucherzentrale Hamburg. Inzwischen spielen Boni wieder eine große Rolle bei der Gewinnung von Neukunden. „In der Spitze liegen die Boni bei rund 500 Euro“, sagt eine Sprecherin von Check24. Das Verbot, dass solche Boni nicht über 50 Euro liegen dürfen, ist gefallen.

Mit Ausnahme von Maingau Energie entfallen aber die günstigsten Angebote auf die Bonustarife. Wer dennoch darauf verzichten möchte, findet noch bei Team Energie mit knapp sieben Cent pro kWh und auch einem günstigen Jahres-Grundpreis (97,56) eine Alternative. Insgesamt ist dieses Angebot für 20.000 kWh aber im Jahr rund 150 Euro teurer als bei Maingau Energie.

Gaspreis: Hoher Grundpreis macht Angebote oft teuer

„Wir raten den Kunden, nicht nur den monatlichen Abschlag, sondern vor allem Grund- und Arbeitspreis zu vergleichen“, sagt Bornemann. Wer Tarife möchte, die Nutzer von Check24 zu mindestens 80 Prozent weiterempfehlen, der findet weitere preisgünstige Angebote bei Enstroga Energie, Goldgas und Montana mit weniger als acht Cent pro kWh. Enstroga Energie hat zwar von diesen drei Anbietern mit 7,60 Cent den höchsten Preis pro kWh, aber mit knapp 70 Euro einen sehr günstigen Grundpreis und kommt so mit 1350 Euro auf das drittgünstigste Angebot. Im Vergleich zur Grundversorgung von E.on spart man noch 709 Euro.

Selbst beim Discounter Lidl kann man einen Gasvertrag abschließen. Hinter dem Angebot von Lidl steht E.on Energie. Lidl, E.on und Vattenfall sind Angebote für Verbraucher, die nur einem großen Namen bei ihrer Energieversorgung vertrauen. Der Preis dieser Angebote liegt bei rund acht Cent pro kWh. Im Vergleich der günstigsten Anbieter sind das zwar die teuersten Tarife, aber Verbraucher können immer noch bis zu rund 590 Euro im Vergleich zur Grundversorgung von E.on sparen.

Anstieg der Mehrwertsteuer macht Gas wieder teurer

Auch wenn an der Börse die Preise sinken, für die Verbraucher wird es in den nächsten Wochen teurer. Noch steht nicht genau fest, wann die Mehrwertsteuer für Gas wieder von sieben auf 19 Prozent steigen wird. Wahrscheinlich ist der 1. April. Das Wachstumschancengesetz, in dem diese Erhöhung enthalten ist, hängt im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat fest. Die nächste Sitzung des Bundesrates, wo eine Entscheidung fallen kann, ist regulär erst am 22. März.

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Wegen der gestiegenen Energiepreise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte die Bundesregierung den Umsatzsteuersatz für Gas und Wärme von 19 auf 7 Prozent gesenkt und beides so billiger gemacht. Ein Anstieg der Mehrwertsteuer ist nicht von einer Preisgarantie abgedeckt.

Höhere Mehrwertsteuer ändert nichts am Einsparpotenzial

Die jetzt geplante Steuererhöhung muss aber nichts am Einsparpotenzial ändern. Check24 hat bereits die neuen Preise mit der höheren Mehrwertsteuer ermittelt. Das günstigste Angebot von Maingau Energie würde dann bei einem Verbrauch von 20.000 kWh 1490 Euro im Jahr kosten, also rund 150 Euro mehr als jetzt. Grundsätzlich gilt: Je teurer der Tarif, desto höher fallen die Mehrkosten aus.

Auch E.on Energie müsste seinen Preis anpassen. Auf Nachfrage sagt ein Unternehmenssprecher: „Sobald wieder der reguläre, staatlich festgelegte Umsatzsteuersatz von 19 Prozent gilt, ändern sich die Bruttopreise selbstverständlich entsprechend der gesetzlichen Vorgaben.“ Der geänderte Steuersatz werde auf der nächsten Jahresrechnung ausgewiesen und anteilig abgerechnet. Nach Berechnungen des Abendblatts steigt dann der Preis von 2059 auf 2290 Euro. Bei unveränderten Nettopreisen der Anbieter würde die Ersparnis sogar noch etwas höher ausfallen.

Hamburg verbraucht im Dezember 18 Prozent weniger Gas

An der Tendenz günstiger Gaspreise an den Beschaffungsmärkten sollte sich erst einmal nichts ändern. Es naht das Frühjahr, in dem weniger geheizt wird. Generell ist der Gasverbrauch zurückgegangen. Im Dezember wurde in Hamburg temperaturbereinigt 18 Prozent weniger Gas verbraucht im Vergleich zu den Mittelwerten der Jahre 2020 und 2021, also vor der Energiekrise. Die Privathaushalte reduzierten ihren Verbrauch im Dezember allerdings nur um vier Prozent.

Ein Großteil der Einsparungen wird mit der schwachen Konjunktur in der Europäischen Union und insbesondere in Deutschland erklärt. Seit Beginn des Jahres hat sich Gas an den europäischen Märkten um rund 20 Prozent verbilligt. Trotz der vermuteten Mehrwertsteuererhöhungen sollten Verbraucher also in den nächsten Wochen günstige Tarife finden.