Hamburg. Strategiepapier zur Hafenentwicklung stößt bei Anhörung auf viel Kritik. Welche Vorwürfe die Fachleute erheben und wer den Plan lobt.

Seit knapp acht Monaten ist der neue Hafenentwicklungsplan in Kraft, doch die Kritik daran ebbt nicht ab. Bei einer öffentlichen Anhörung im Wirtschaftsausschuss wurde jetzt deutlich, wie breit die Ablehnung der Studie ist, die die politische Strategie für den Hafen bis 2040 festschreiben soll. Eingeladen dazu hatte die Opposition in der Bürgerschaft, die die Anhörung mit ihrem Minderheitenrecht durchgesetzt hatte.

Zwei Stunden lang musste sich der Senat viel Kritik an seinem Strategiepapier anhören, nur selten gab es Zustimmung. Malte Siegert, Vorsitzender des Naturschutzbundes (NABU) in Hamburg, bezeichnete den Hafenentwicklungsplan erneut als überholt. Aktuelle Entwicklungen, wie der geplante Einstieg der Schweizer Reederei MSC bei der HHLA, die Veränderung der Ladungsströme durch die künftige Allianz von Hapag-Lloyd mit dem dänischen Konkurrenten Maersk und Veränderungen bei den Schiffsgrößen, seien überhaupt nicht berücksichtigt worden. „Will der Senat tatsächlich 16 weitere Jahre mit einem Hafenentwicklungsplan arbeiten, der eigentlich schon seit 2020 überholt ist?“, fragte Siegert.

Experten zerpflücken Hafenplan des Hamburger Senats

Der Hafenexperte Ulrich Malchow bezeichnete es als „unverständlich“ dass der neue Plan zwar einerseits den umwelt- und klimafreundlichen Hafen propagiere, auf der anderen Seite aber keine ernsthaften Schritte vorsehe, um die jährlich rund zwei Millionen Containerumfuhren im Hafen endlich auf umweltfreundliche Wassertransporte zu verlagern.

Der Präsident des Verbands der europäischen Seehafenbetriebe, Gunther Bonz, bemängelte, dass der Hafenentwicklungsplan keine Antworten auf die Wettbewerbsverzerrungen unter den Seehäfen habe, die Hamburg benachteiligten: Er nannte Steuerprivilegien, die in Rotterdam und Antwerpen gewährt würden, in Hamburg aber nicht. Bonz beklagte auch, dass die Hafenunternehmen in Antwerpen bei den Arbeitskosten entlastet würden, an der Elbe dies nicht geschehe. Schließlich verwies er auf die staatliche Unterstützung der Häfen in Belgien und den Niederlanden.

Neuer Hafenpräsident widerspricht Vorgänger Bonz

Spannend wurde es, als der Nachfolger von Bonz als Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, Ulfert Cornelius, sich einschaltete. Er bewertete den Hafenentwicklungsplan positiv und widersprach seinem Vorgänger in wesentlichen Punkten. „Eine zweite Brücke zu bauen, ist keine Lösung“, sagte Cornelius zudem und reagierte damit auf die aktuelle Diskussion über die Köhlbrandbrücke. Bonz hatte den Vorschlag gemacht, dass die aktuelle Köhlbrandbrücke für den Pkw-Verkehr erhalten werden könne, wenn für den Schwerlastverkehr eine Zwillingsbrücke daneben gebaut würde.

Wird das Rathaus zur MSC-Zentrale?

Auch der Denkmalverein unterstützt diese Lösung, dessen Geschäftsführerin Kristina Sassenscheidt bei der Anhörung noch mal darauf hinwies, dass die alte Köhlbrandbrücke unter Denkmalschutz stehe. „Der Hamburger Hafen ist kein Denkmal, sondern ein leistungsfähiger und für die deutsche Volkswirtschaft enorm wichtiger Umschlagplatz“, lautete die Replik von Cornelius.

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Großen Raum nahm die Diskussion über ein Projekt ein, das im Hafenentwicklungsplan gar nicht thematisiert wird: der geplante Einstieg von MSC bei der HHLA. Unterstützt von zahlreichen Hafenarbeitern hatten sich auch HHLA-Betriebsräte und Gewerkschaftsvertreter zur Anhörung angemeldet. Aus deren Beiträgen sprach die Sorge, dass der Hafen nach dem Einstieg von MSC fremdbestimmt werde. „Dann wird das Rathaus zur MSC-Zentrale“, sagte eine HHLA-Mitarbeiterin.