Hamburg. Betreibergesellschaft hat bereits mehr als 3,3 Millionen Euro gezahlt. Andere Kosten höher als gedacht. Das hat nun Folgen.

Die Steuererklärung rangiert auf der Beliebtheitsskala der meisten Menschen irgendwo zwischen Zahnarztbesuch und Toiletteputzen. Macht man nicht gern, aber nützt ja nix. Die neue Grundsteuer-Erklärung, die mehr als 400.000Hamburger Immobilienbesitzer im vergangenen Jahr abgeben mussten, ist zwar vergleichsweise einfach, bildet aber vermutlich keine große Ausnahme. Da wird es manche Betroffene möglicherweise trösten, dass sich auch große Institutionen mit diesem Thema herumplagen – zum Beispiel die Elbphilharmonie.

Für das Konzerthaus geht es dabei nicht nur um eine erhebliche Summe – fast 500.000 Euro im Jahr –, sondern auch um eine grundsätzliche Frage. In den ursprünglichen Planungen war man nämlich davon ausgegangen, dass das städtische Unternehmen HamburgMusik gGmbH als Eigentümerin des Konzertbereiches „von der Zahlung der Grundsteuer befreit wird“, wie es in einer Drucksache des Senats heißt. Das ist für Kulturbetriebe unter bestimmten Bedingungen möglich.

Elbphilharmonie: Befreiung von der Grundsteuer ist „bisher nicht gelungen“

Doch diese Entlastung sei, „auch wegen der komplexen Wohnungseigentümer-Konstruktion, bisher nicht gelungen“, so das Papier. Das Wort „bisher“ könnte zu der Annahme verleiten, dass man erst seit Kurzem an dem Problem herumdoktert. Doch weit gefehlt. Wie ein Sprecher der Elbphilharmonie auf Anfrage bestätigte, stammt die Idee, eine „Befreiung des Teileigentümers Konzertbereich von der Grundsteuer anzustreben“, schon aus dem ursprünglichen Betriebskonzept vom Jahr 2007.

Warum das 16 Jahre später und sieben Jahre nach der Eröffnung nicht letztgültig geklärt wurde, bleibt zwar offen. Auf die Frage, wer auf das Abführen dieser Steuer besteht, gibt es aber eine klare Antwort aus dem Konzerthaus: „Nach Einschätzung des zuständigen Finanzamtes ist keine Befreiung möglich.“ Also wird gezahlt.

Konzersäle, Hotel, Parkhaus, Restaurant, Wohnungen – die „Elphi“ ist komplex

Dazu muss man wissen: Die Elbphilharmonie ist nicht nur ein herausragendes, sondern auch ein extrem komplexes Gebäude. Auf insgesamt 125.000 Quadratmetern Nutzfläche befinden sich außer zwei Konzertsälen und der öffentlichen Plaza auch 44 luxuriöse Eigentumswohnungen, ein Parkhaus, ein Fünf-Sterne-Hotel mit 244 Zimmern und ein Restaurant. Und nur für die Wohnungen ist die Sache einfach: Die Besitzer müssen ihrerseits Grundsteuer entrichten.

Die Flächen von Hotel, Parkhaus und Gastronomie gehören hingegen auch der städtischen HamburgMusik gGmbH und werden nur an private Betreiber vermietet. Hier schuldet also eine öffentliche Firma die Grundsteuer, kann sie sich aber von ihren Pächtern wiederholen – und darauf kann und möchte die Stadt ungern verzichten.

Christoph Lieben-Seutter ist Generalintendant der Elbphilharmonie und der Laeiszhalle Hamburg. 
Christoph Lieben-Seutter ist Generalintendant der Elbphilharmonie und der Laeiszhalle Hamburg.  © picture alliance/dpa | Marcus Brandt

„Die Befreiung des Gesamtgebäudes von der Grundsteuerlast, von der etwa die Hälfte auf den Konzertbereich fällt, wäre mit Blick auf die bestehende Kostentragungspflicht der kommerziellen Pächter nicht im gesamtstädtischen Interesse“, heißt es etwas verklausuliert in der Senatsdrucksache. Mit anderen Worten: Auch die Elbphilharmonie und ihre gewerblichen Untermieter sollen Grundsteuer zahlen.

473.000 Euro Grundsteuer im Jahr: Das bereitet der Elbphilharmonie Probleme

Ein Problem ist das weniger für die HamburgMusik gGmbH als Besitzerin des Gebäudes als vielmehr für ihre Pächterin, die Elbphilharmonie und Laeiszhalle Betriebsgesellschaft mbH (ELBG) – das ist eine weitere städtische Firma, die den Konzertbereich in beiden Häusern betreibt und damit am Ende die Grundsteuerlast zu tragen hat: 473.000 Euro pro Jahr. In etwa die gleiche Summe dürften die anderen Nutzer des Gebäudes abführen – insgesamt bringt die Elbphilharmonie also rund eine Million Euro Grundsteuer im Jahr ein.

Das stellt vor allem die ELBG durchaus vor Probleme. Denn während die HamburgMusik einen jährlichen Zuschuss von der Stadt von 6,0 Millionen Euro erhält, soll sich die Betriebsgesellschaft über die Konzerte selbst finanzieren. Dass sie seit der Fertigstellung des Gebäudes im Oktober 2016 insgesamt schon mehr als 3,3 Millionen Euro an Grundsteuer gezahlt hat, wie der Sprecher mitteilte, macht diese Aufgabe nicht leichter.

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Denn ausweislich der Senatsdrucksache sind auch andere Kosten inzwischen deutlich höher als ursprünglich kalkuliert. So würden in der Elbphilharmonie rund 50 Prozent mehr Konzerte und Veranstaltungen durchgeführt als mal geplant, die Wartungs- und Instandhaltungskosten für Teile des Gebäudes sind höher als gedacht, und die Betriebskosten für die Plaza sind auch aufgrund des enormen Andrangs stark gestiegen – und auf das eigentlich vorgesehene Eintrittsgeld für die Plaza soll aus politischen Gründen verzichtet werden.

Elbphilharmonie und Laeiszhalle erhöhen Saalmieten um 15 bis 20 Prozent

Zusammen mit der Grundsteuerbelastung sei bei der ELBG im vergangenen Jahr daher ein Minus von knapp zwei Millionen Euro aufgelaufen und in diesem Jahr von knapp 4,7 Millionen Euro, für das nun die Stadt einspringt. So hat es die Bürgerschaft bereits abgesegnet. Daneben hat aber auch die Betriebsgesellschaft Maßnahmen ergriffen: So hat sie schon im vergangenen August die Saalmieten in Elbphilharmonie und Laeiszhalle „um 15 bis 20 Prozent angehoben“, wie es in der Senatsdrucksache heißt. Zudem werde angestrebt, vor dem Großen Saal das Einlasspersonal „durchschnittlich um 15 Prozent“ zu reduzieren.

Die Frage, inwiefern sie sich von der Grundsteuer befreien lassen können, beschäftigt auch andere Kultureinrichtungen in Hamburg. Kultur- und Finanzbehörde sind darüber „im Gespräch“, wie es intern heißt. Laut Finanzbehörde sieht das Gesetz „unterschiedliche Steuerbefreiungsmöglichkeiten“ vor. Es müsse aber immer „im Einzelfall geprüft werden, ob und in welchem Umfang ein Kulturbetrieb darunterfällt“. Das bleibe auch mit der Reform der Grundsteuer so, die 2025 in Kraft tritt. Im Grundsatz, so hieß es, werde es immer dann schwierig, wenn eine Kultureinrichtung nicht ausschließlich gemeinnützigen Zwecken diene.

Elbphilharmonie: Stadt gleicht Defizit wegen Grundsteuer und anderer Kosten aus

In der Elbphilharmonie dürfte man daher erleichtert sein, dass die Stadt das Defizit bei den Betriebskosten der ELBG ausgleicht. Offiziell ist das zwar zunächst nur für 2023/2024 gesichert, da es noch keinen Etat für 2025/26 gibt. Doch es gilt als wahrscheinlich, dass diese Regelung darüber hinaus Bestand haben wird. Indes: Wie hoch künftig die „neue“ Grundsteuer sein wird – das wird man auch in dem Konzerthaus erst 2025 erfahren, wenn die Bescheide verschickt werden.