Hamburg. 32 der 40 größten Anbieter beteiligen ihre Kunden an den gestiegenen Zinsen. Welche Gesellschaften besonders gut abschneiden.

Die höheren Zinsen haben nun erstmals auch durchschlagenden Erfolg auf die Höhe der Überschussbeteiligung für Lebens- und Rentenversicherungen. Millionen Altersvorsorgesparer können nach Jahren der Flaute 2024 wieder mit einer höheren Verzinsung für ihre Policen rechnen.

Während viele Anbieter für das Jahr 2023 noch zurückhaltend waren, gibt es nun Erhöhungen auf breiter Front. Im Schnitt steigt die durchschnittliche Verzinsung auf 2,46 Prozent, nach 2,10 Prozent im Jahr 2023. Das zeigt die jährliche Umfrage dieser Redaktion bei den 40 größten Lebensversicherungen.

Altersvorsorge: So hoch fällt die Verzinsung für Lebensversicherungen aus

Welche Auswirkungen haben höhere Zinsen für die Lebensversicherung? Welche Gesellschaften haben die höchsten Anhebungen? Weitersparen oder kündigen? Unsere Redaktion beantwortet die wichtigsten Fragen zu der noch immer am weitesten verbreiteten Altersvorsorge der Deutschen.

Welche Veränderungen gibt es in diesem Jahr?

32 der 40 befragten Unternehmen haben die Überschussbeteiligung für 2024 für Bestandsverträge angehoben. Im Vorjahr waren es nur 18 Versicherer. „Das ist ein deutliches Signal, nachdem es 2023 noch eher zaghaft nach oben gegangen ist“, sagt Lars Heermann von der Ratingagentur Assekurata. Die Versicherer begründen ihre Anhebungen mit den deutlichen Zinssteigerungen. Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhte den Leitzins 2023 von 2,5 Prozent auf 4,5 Prozent in sechs Schritten.

Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen entwickelte sich sprunghaft. Sie stieg auf knapp drei Prozent, doch inzwischen ist sie wieder auf 2,10 Prozent gefallen und nimmt damit mögliche Zinssenkungen der EZB in diesem Jahr vorweg. „Die anhaltende Verbesserung des allgemeinen Zinsniveaus und die Erhöhung der Leitzinsen seit Frühjahr dieses Jahres setzen einen stabilen Rahmen für die Erhöhung der Überschussbeteiligung für das Jahr 2024“, sagt Michael Fauser, Vorstandsvorsitzender der Ergo Vorsorge Lebensversicherung AG.

Lebensversicherung: Was ist die Überschussbeteiligung?

Sie ist vergleichbar mit einem Festgeldzins, der für ein ganzes Jahr gilt. Die auch „laufende Verzinsung“ genannte Größe setzt sich zusammen aus dem Garantiezins und Überschüssen, die die Versicherungen mit den Kundengeldern erwirtschaften. Ist der Garantiezins höher als die laufende Verzinsung, erhält der Kunde den Garantiezins gutgeschrieben, denn der muss ihm in jedem Fall gewährt werden.

Jeder Kunde bekommt von seiner Versicherung bei Vertragsabschluss einen Garantiezins zugesagt, der für die gesamte Laufzeit gilt. Seit 1. Januar 2022 beträgt er nur noch 0,25 Prozent. In der Spitze lag er bei vier Prozent. Die Überschussbeteiligung gibt es nur auf den Sparanteil der Versicherung. Das sind 75 bis 90 Prozent der Beiträge. Der Rest wird für Verwaltungs-, Risiko- und Abschlusskosten benötigt. „Wegen der hohen Kostenbelastung sind diese Produkte aus unserer Sicht nicht für die Altersvorsorge geeignet“, sagt Sandra Klug von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Welche Gesellschaften heben am stärksten an?

Es gibt Erhöhungen um bis zu 1,10 Prozentpunkte (Proxalto Lebensversicherung). Allerdings lag die durchschnittliche Überschussbeteiligung bei diesen früheren Generali-Policen vorher nur bei 1,25 Prozent und war eine die niedrigsten im ganzen Markt. Mit jetzt 2,35 Prozent liegt sie immer noch unter dem Durchschnitt. Das gilt auch für die Debeka, die die Überschussbeteiligung ebenfalls um einen Prozentpunkt auf 2,25 Prozent angehoben hat.

Eine Anhebung um einen Prozentpunkt sorgt dafür, dass die Provinzial Rheinland jetzt mit 3,25 Prozent die höchste Überschussbeteiligung unter den 40 Gesellschaften ausweist. Um einen halben Prozentpunkt haben Nürnberger und die beiden DEVK-Gesellschaften die laufende Verzinsung angehoben.

Marktführer Allianz erhöht nur um 0,20 Prozentpunkte auf 2,70 Prozent und die großen Assekuranzen Bayern Leben, Zurich und Axa verzichten ganz auf eine Erhöhung, ebenso die beiden Hamburger Anbieter Hanse Merkur und Signal Iduna. Letztere hat jetzt mit nur 1,65 Prozent Verzinsung den niedrigsten Wert unter den 40 Anbietern.

Altersvorsorge: Für wen gelten die ­Tabellenwerte?

Die Überschussbeteiligungen gelten vor allem für Kunden, die eine Kapitallebens- oder Rentenversicherung mit einem Garantiezins von 0,25 Prozent haben. Wenn solche Verträge bei den Versicherern nicht im Bestand waren, konnten sie auf Policen mit höherem Garantiezins ausweichen, um trotzdem an der Umfrage teilzunehmen – wie dies zum Beispiel die Provinzial Rheinland gemacht hat. Wenn eine Gesellschaft in der Tabelle nicht auftaucht, kann es daran liegen, dass sie keine Angaben gemacht hat. In diesem Jahr verweigerte sich die Sparkassenversicherung der Umfrage.

Erhalten manche Kunden höhere Zinsen?

Ja. Denn in jedem Fall erhalten Kunden ihren Garantiezins, dessen Höhe sich nach dem Jahr des Abschlusses richtet. Bis zu vier Prozent Verzinsung sind so möglich. „Der Garantiezins ist den Kunden zugesichert“, sagt Heermann. „Man kann davon ausgehen, dass mehr als die Hälfte der Kunden eine höhere Überschussbeteiligung bekommt.“

Wie wird sich die Überschussbeteiligung künftig entwickeln?

Auch wenn das Zinshoch jetzt wahrscheinlich erreicht ist, wird sich der Trend bei der Überschussbeteiligung nicht gleich wieder umkehren. Denn die Versicherer reagieren eher träge auf die Zinsentwicklung. Das hat sich auch in der Phase sinkender Zinsen gezeigt. Während Banken Negativzinsen kassierten, gab es bei den Versicherungen noch eine positive Verzinsung.

„Unsere Kapitalanlagen sind auf die Erfüllung langfristiger Garantieversprechen ausgerichtet. Daher kommen die gestiegenen Zinsen nur verzögert in unserer Kapitalanlage an“, sagt Jürgen Bierbaum, Vorstand der Alte Leipziger Leben.

Auch Experte Herrmann sieht im Anstieg der laufenden Verzinsung einen eher langwierigen Prozess. „Versicherer können ihre langfristig angelegten Gelder nicht von heute auf morgen komplett umkrempeln.“ Ein Großteil des Geldes der Assekuranzen steckt in vergleichsweise niedrig verzinsten Anleihen mit guter Bewertung und langen Laufzeiten aus den vergangenen Jahren.

Zusätzlich von den gestiegenen Zinsen profitieren die Versicherer jetzt vom Abbau der Zinszusatzreserve (ZZR). Bereits seit 2011 mussten die Lebensversicherer eine ZZR bilden, die bis Ende 2022 marktweit auf 92 Milliarden Euro angewachsen war, um Altverträge mit einem höheren Garantiezins abzusichern. Die Analysten von Assekurata gehen davon aus, dass die Lebensversicherer jährliche Rückflüsse von insgesamt 4 bis 5 Milliarden Euro aus der ZZR verzeichnen.

Lohnt eine Lebens- oder Rentenversicherung noch?

„Zu einem Neuabschluss raten wir wegen der Kosten und der langen Bindung auf keinen Fall“, sagt Verbraucherschützerin Klug. Doch auch Bestandsverträge haben jetzt Konkurrenz bekommen. Langjährige Festgelder bringen derzeit Zinsen von 3,5 bis vier Prozent, also deutlich mehr als die durchschnittliche Überschussbeteiligung von 2,46 Prozent. Lohnt also ein vorzeitiger Ausstieg? „Grundsätzlich kann es keine pauschale Empfehlung geben, weil man jeden Vertrag einzeln bewerten muss“, sagt Klug.

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Denn auch ein Vertrag mit einer noch hohen Überschussbeteiligung oder einem hohen Garantiezins kann ungünstig sein, wenn er zu hohe Kosten hat. Zur relativ hohen Verzinsung kommt bei Verträgen, die vor 2005 abgeschlossen wurden, noch die Steuerfreiheit der Erträge.

„Am Ende kann weiterführen oder kündigen immer nur eine individuelle Entscheidung sein“, sagt Klug. Denn teilweise sind die Lebensversicherungen auch noch mit Berufsunfähigkeitsversicherungen kombiniert. Die Verbraucherzentrale Hamburg bietet eine Beratung zu Einzelverträgen an. Je nach Aufwand liegen die Kosten zwischen 35 Euro (persönlich oder telefonisch) und 100 Euro (schriftliche Beurteilung).