Hamburg. Angela Titzrath äußert sich zu Kaufplänen der Schweizer Reederei. Diese Woche wird das offizielle Angebot übermittelt. Und dann?
Gut drei Wochen nach der Bekanntgabe des Teilverkaufs der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) an die Schweizer Reederei MSC kommt das Verfahren ins Rollen. Noch in dieser Woche sollen die Angebotsunterlagen sowie die zwischen dem Senat und der Reederei geschlossene Vereinbarung (Memorandum of Understanding) der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zugeleitet werden.
Zudem treffen MSC und die Stadt Hamburg erste Vorkehrungen, um ein Joint Venture zu gründen, in dem die HHLA künftig aufgehen soll. Damit ist klar: Ungeachtet der Proteste von verschiedenen Seiten hält der Senat an seinen Plänen fest. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zum Sachstand des MSC-Deals.
MSC-Deal – Wie ist der Stand beim Teilverkauf der HHLA?
Sobald die BaFin die Unterlagen erhalten hat, hat sie maximal 15 Tage Zeit diese zu überprüfen. Dann gestattet oder untersagt sie das Angebot. Parallel dazu will die Stadt mit MSC ein Shareholders Agreement formulieren, also eine Gesellschaftervereinbarung. Darin wird formuliert, was beide Parteien ins Joint Venture einbringen und wie die künftige Struktur des Unternehmens aussehen soll. Wenn die BaFin Ende Oktober mit ihrer Prüfung durch ist, werden die Unterlagen veröffentlicht, weil das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz das so vorsieht. Während der folgenden vierwöchigen Angebotsfrist, an die sich eine obligatorische zweiwöchige Frist anschließt, können die Anleger entscheiden, ob sie das Angebot annehmen. Bereits im November soll sich der Wirtschaftsausschuss in einer Sitzung mit dem Deal beschäftigen. Die Wirtschaftsbehörde rechnet mit einer Befassung des Plenums der Bürgerschaft zu Anfang des kommenden Jahres.
Hafen Hamburg: Was genau will MSC kaufen?
Wie berichtet will MSC 49,9 Prozent an der HHLA erhalten. Die Stadt behält mit 50,1 Prozent die Mehrheit. Gegenstand des Verkaufs sind die sogenannten A-Aktien, die sich auf den Teilkonzern Hafenlogistik beziehen. Eingebracht wird das gesamte Logistiknetzwerk der HHLA, nicht nur der Containerumschlag, sondern auch die Hinterlandtransportgesellschaften per Bahn und Lkw sowie die Lagerlogistik. Dazu will MSC die gut 30 Prozent der HHLA-Aktien übernehmen, die frei an der Börse gehandelt werden. Zudem reduziert die Stadt Hamburg ihre Anteile von 69 um rund 19 Prozent. Nicht Gegenstand des Verkaufs sind die sogenannten S-Aktien, in denen die Immobiliensparte der HHLA mit der Speicherstadt bewertet sind. MSC und der Senat haben eine Vereinbarung geschlossen, dass diese Aktien vom Verkauf ausgenommen sind.
Warum bietet MSC dennoch auch für die Speicherstadt?
Die Reederei hat am späten Montagnachmittag überraschend angekündigt, ihr Übernahmeangebot um die Speicherstadt-Aktien zu erweitern. Nach Angaben des Unternehmens geschehe dieses aus rein formalrechtlichen Gründen. Nach Informationen des Abendblatts ist der Grund, dass die BaFin diese Unterscheidungen in A- und S-Aktien bei der Bewertung des Übernahmeangebots nicht anerkennt. Gleichwohl teilte MSC mit, dass mit dem Senat eine verbindliche Vereinbarung getroffen worden sei, aufgrund der die S-Aktien nicht Teil der strategischen Partnerschaft zwischen der Stadt und MSC werden sollen. „Auflagen der BaFin zur formalen Angebotsstruktur führen nicht dazu, den Inhalt der Vereinbarung anpassen zu müssen. Damit ist also ausdrücklich keine Verkaufsverpflichtung verbunden“, sagte eine Sprecherin der Finanzbehörde.
MSC Deal: Gibt es Gefahren bei dem Verkauf?
In einem Beitrag des Informationsdienstes China.Table wird spekuliert, dass MSC und die chinesische Reederei Cosco enger zusammenrücken könnten. Der Branchendienst beruft sich auf ein Geheimtreffen des MSC-Vorstands mit Cosco Anfang September in Shanghai, von dem er aus Branchenkreisen erfahren haben will. Seine Vermutung: Wenn Cosco sich mit MSC zusammentut und gleichzeitig bei der HHLA einsteigt, könnten die Chinesen, die derzeit nur 24,9 Prozent am Containerterminal Tollerort der HHLA haben, ihren Einfluss auf den Hamburger Hafen vergrößern. Genau das will aber die Bundesregierung verhindern.
Was spricht gegen die Cosco-Spekulation?
MSC ist mit ihren 760 Schiffen nicht nur die weltgrößte Reederei, sondern auch mit knapp 70 Terminalbeteiligungen auf allen Kontinenten vertreten. Die Beziehungen zu China sind aber gering. Wohl betreibt das Unternehmen mit dem chinesischen Partner China Merchants Port einen Hafen in Togo. In China selbst ist MSC wohl an keinem Terminal beteiligt.
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Auch Branchenkenner weisen die Spekulation zurück. „MSC ist gerade dabei, sich von allen anderen Reedereien klar abzugrenzen, und hat deshalb auch die Allianz mit Maersk aufgegeben. Deshalb ist es schwer vorstellbar, dass sich das Unternehmen mit Cosco verbindet. Zumal kein Kartellamt der Welt einem Deal zwischen der Nummer eins und der Nummer vier der globalen Reedereien zustimmen würde“, sagte Jan Tiedemann von Alphaliner.
Was sagt die HHLA zu ihrem Teilverkauf?
Erstmals hat sich auch die Vorstandsvorsitzende der HHLA, Angela Titzrath, zu Wort gemeldet. In einer Videobotschaft sagte die Hafenmanagerin, die HHLA sei nicht nur ein zentraler Spieler im Hamburger Hafen, sondern habe sich in den vergangenen Jahren zu einem führenden Transport- und Logistik-Player in Europa entwickelt. „Für ein stark wachsendes Unternehmen wie MSC sind wir deshalb hochattraktiv.“ Eine eindeutige Aussage, wie sie zu dem Angebot steht, vermeidet Titzrath.
Sie sagte lediglich: „Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt auf der Prüfung des vorliegenden Angebots und möglichen Vereinbarungen im Interesse des Unternehmens und seiner Stakeholder.“ Zudem betonte sie, dass es bei einem Einstieg von MSC zu keiner Bevorzugung einzelner Kunden komme. Auch bleibe die Vertraulichkeit gewahrt. „Eine Weitergabe sensibler Kundendaten wie etwa Informationen über Preisgestaltung oder Frachtmengen an Dritte oder Gesellschafter erfolgt nicht, und eine solche Weitergabe wird vertraglich und organisatorisch ausgeschlossen.“
MSC-Deal: So reagiert die Opposition in Hamburg
Die Linkspartei hat sich bei einem Parteitag am Wochenende klar gegen den Verkauf von HHLA-Anteilen an MSC ausgesprochen. Mit großer Mehrheit wurde ein Dringlichkeitsantrag „Unser Hafen – nicht euer Casino!“ angenommen, in dem die Linke auch den Rückkauf der im Streubesitz befindlichen HHLA-Aktien fordert. Auch CDU, FDP und AfD sprechen sich gegen die Vereinbarung aus. Die AfD fordert zudem, dass auch mit anderen Investoren über einen Einstieg beim Hamburger Hafen gesprochen werden muss. Die CDU sieht das ähnlich, wirft dem Senat aber zudem vor, schlecht verhandelt zu haben. So beklagt sie, dass der Kaufpreis zu niedrig sei. Die Wirtschaftsbehörde widerspricht dem. Die Bewertung der HHLA sei auf der Grundlage üblicher Unternehmensbewertungen erfolgt. Zudem liege das Angebot von MSC weit über dem mehrjährigen Durchschnitt des Aktienkurses.
Wie steht es um den Aktienkurs der HHLA?
Der Kurs der HHLA-Aktie lag am Dienstagnachmittag bei 16,72 Euro und damit drei Cent unter dem offiziellen Angebot von MSC über 16,75 Euro. Kurz nach dem Abschluss des Deals hatte es noch heftige Kursausschläge gegeben. So war die HHLA-Aktie am Tag nach der Verkündung bis auf 17,50 Euro geklettert. Doch nun ist offenbar die Luft raus. „Ich lese das so, dass der Kapitalmarkt den von MSC aufgerufenen Preis antizipiert, und dass es kein besseres Angebot gibt“, sagte Christian Cohrs, Analyst bei Warburg Research.