Hamburg. Verkehrte Welt an den Zapfsäulen. Das hat auch mit deutschen Landwirten zu tun. Und bald steigen die Preise weiter – aber für alle.
Für Hamburger, die ein Auto mit Benzinmotor fahren, ist es eine gute Nachricht: An den Tankstellen ist der Preis für Superkraftstoff E10 auch in der vergangenen Woche gefallen. Der ADAC ermittelte in seiner aktuellen Auswertung einen bundesweiten Durchschnittspreis pro Liter in Höhe von gut 1,85 Euro. Das waren etwa 2 Cent weniger als eine Woche zuvor.
Anders beim Diesel. Der wurde nach einem minimalen Preisrückgang vor Wochenfrist nun im Schnitt wieder um 1,3 Cent teurer. Mehr noch: Diesel kostet jetzt erstmals seit Langem wieder mehr als E10. Laut ADAC im bundesweiten Schnitt gut einen halben Cent pro Liter. An vielen Hamburger Tankstellen zahlen Dieselfahrer tatsächlich aber 1 bis 3 Cent mehr als Kunden, die den Tank ihres Wagens an der E10-Säule füllen.
Tanken in Hamburg: Warum Diesel jetzt teurer ist als Super E10
Warum ist das so? Wie haben sich die Preise für Super und Diesel zuletzt entwickelt? Wieso ist insbesondere der Selbstzünderkraftstoff zuletzt so viel teurer geworden? Wie werden sich die Preise an den Tankstellen in nächster Zeit entwickeln? Und: Warum drohen spätestens zum Jahreswechsel erneut steigende Preise an den Tankstellen? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie haben sich die Kraftstoffpreise zuletzt entwickelt?
Insgesamt sind Kraftstoffe an den Tankstellen in den vergangenen drei Monaten teurer geworden. Doch die Preiskurven von Super E10 und Diesel haben sich sehr unterschiedlich entwickelt. Das Benzin wurde seit Ende Juni im Schnitt um etwa 8 Cent pro Liter teurer, Diesel dagegen um etwa 25 Cent. Zu Beginn des Sommers kostete ein Liter Diesel noch annähernd 18 Cent weniger, nun aber ist er erstmals seit dem Februar 2023 wieder teurer als die häufig genutzte Benzinsorte.
Die Kraftstoffpreise hängen stark von den Weltmarktpreisen für Rohöl ab. Auch sie waren über längere Zeit gestiegen und erreichten vor Kurzem 94 Dollar pro Barrel (159 Liter), aktuell liegen sie bei etwa 91 Dollar. Weil die Steuern und Abgaben auf Diesel geringer sind, lag der Preisabstand zu einem Liter E10 bis zum Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine viele Jahre lang durchschnittlich bei etwa 15 Cent. Das war ein wichtiger Grund, warum in der Spitze fast jeder dritte Pkw in Deutschland einen Dieselmotor hatte. Der Anteil geht zwar seit 2017 leicht zurück, doch immer noch haben 29,6 Prozent aller Personenwagen hierzulande einen Selbstzündermotor.
Warum ist insbesondere Diesel so viel teurer geworden?
„Letztlich ist das eine Frage von Angebot und Nachfrage“, sagt Kai Eckert, Chefredakteur der Hamburger Fachzeitschrift und des Onlineportals „Energie Informationsdienst“ (EID). Dass der Preisabstand zwischen Diesel und Benzin im Herbst geringer wird, ist an sich nicht ungewöhnlich, sondern war auch in der Vergangenheit schon so. Denn der Autokraftstoff unterscheidet sich kaum von Heizöl. Sobald vor Beginn der Heizsaison die Tanks von Ölheizungen aufgefüllt werden, spüren das Dieselautofahrerinnen und Dieselautofahrer beim Bezahlen an der Tankstelle.
In diesem Jahr kommt eine ungewöhnliche Entwicklung noch hinzu. „Wegen des guten Wetters hat sich die Erntesaison nach hinten verlängert. In der Landwirtschaft gibt es weiter einen hohen Dieselbedarf“, sagt der Enegieexperte Eckert. Das allein erklärt allerdings nicht, warum Diesel nun sogar teurer ist als Benzin. „Insgesamt steht weniger Diesel auf dem Weltmarkt zur Verfügung“, sagt Eckert.
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Und Deutschland ist – auch weil es so viele Autos mit Dieselmotor gibt – seit jeher auf den Import des Kraftstoffs angewiesen. Die deutschen Raffinerien stellen nicht so viel davon her, wie hierzulande verbraucht wird. Vor dem Ukraine-Krieg kamen große Mengen davon aus russischen Raffinerien hierher, inzwischen ist Indien ein wichtiger Diesellieferant.
Auf dem Weltmarkt aber gibt es gerade zwei Entwicklungen, die auch den Dieselpreis an deutschen Tankstellen stark nach oben treiben: Die in der OPEC+-Gruppe zusammengeschlossenen Ölförderländer haben beschlossen, die Fördermenge des Rohstoffs zu begrenzen. Zugleich steigt die Dieselnachfrage insbesondere in asiatischen Ländern wie China.
Wie werden sich die Kraftstoffpreise bis Weihnachten entwickeln?
Selbst Experten wagen da keine Prognose. „Das ist wirklich schwer zu beantworten“, sagt EID-Chefredakteur Eckert. Eben weil die Preisentwicklung von vielen Unwägbarkeiten abhängig sei. „Ein wichtiger Punkt ist, wie die Rohölförderung der OPEC+-Staaten sich entwickelt. Das ist ein Indikator dafür, wohin die Reise bei den Tankstellenpreisen gehen wird.“
Aus Sicht des ADAC spricht wenig für eine Entspannung: „Derzeit ist nicht zu erwarten, dass die Rohölfördermengen bis Jahresende wieder steigen werden“, sagt Andreas Hölzel, Sprecher des Automobil-Clubs.
Tanken in Hamburg: Warum drohen zum Jahreswechsel höhere Benzin- und Dieselpreise?
Um den Verbrauch fossiler Brennstoffe wie Öl und Gas zu reduzieren, hat Deutschland sie gezielt verteuert. Anfang 2021 wurde die sogenannte CO2-Abgabe eingeführt. Derzeit werden für eine Tonne klimaschädliches Kohlendioxid, das bei der Verbrennung entsteht, 30 Euro fällig. Umgerechnet auf einen Liter Kraftstoff macht das bei Benzin 7 Cent aus, bei Diesel 8 Cent.
Am 1. Januar soll die Abgabe auf 40 Euro pro Tonne steigen – was jeden Liter um etwa 3 Cent verteuert. Egal ob Diesel- oder Benzinermotor, Autofahrer sind gut beraten, den Tank vor dem Jahreswechsel noch einmal vollzumachen. Das neue Jahr dürfte mit weiter gestiegenen Preisen an den Tankstellen beginnen.