Hamburg. Mitsubishi verlässt Konsortium. Hamburger Unternehmen Luxcara wird neuer Großaktionär. Der Rückbau des Kohlekaftwerks beginnt.

Das Konsortium zum Bau und Betrieb eines Elektrolyseurs zur Wasserstoffproduktion im Hamburger Hafen muss sich völlig neu aufstellen. Nachdem Anfang des Jahres bereits der Mineralölkonzern Shell ausgestiegen ist, hat jetzt auch der zweite große internationale Partner, Mitsubishi Heavy Industries, dem Projekt in Moorburg den Rücken gekehrt. Stattdessen tritt nun ein Hamburger Unternehmen ein, das die Wasserstoff-Fabrik zusammen mit den Hamburger Energiewerken realisieren soll. Das bestätigte der Geschäftsführer Energiewerke, Christian Heine, dem Abendblatt.

Hamburger Hafen: Bei Bau von Elektrolyseur springt jetzt Luxcara ein

Neuer Partner ist das 2009 gegründete Unternehmen Luxcara, wie das Abendblatt exklusiv erfuhr. Dabei handelt es sich um einen unabhängigen Vermögensverwalter, der Kapital von institutionellen Anlegern einsammelt und damit Bauvorhaben aus dem Bereich der erneuerbaren Energien realisiert und betreibt. Das Unternehmen hat bisher etwa 80 Wind- und Solarparks in ganz Europa mit einer Gesamtleistung von sechs Gigawatt gebaut. Zudem ist Luxcara nach eigenen Angaben der größte deutsche Lieferant für grünen Strom.

„Luxcara ist Hidden Champion der erneuerbaren Energien. Das Unternehmen bringt in das Projekt das mit ein, was am meisten fehlt: grünen Strom“, sagte Heine dem Abendblatt. Das Unternehmen übernehme dazu die Anteile von Shell und Mitsubishi und halte künftig 74,9 Prozent an dem Konsortium.

Kohlekraftwerk Moorburg – Bau für Elektrolyseur soll im Jahr 2024 starten

Dieses soll einen Elektrolyseur mit einer Gesamtleistung von 100 Megawatt an der Stelle des ehemaligen Kohlekraftwerks Moorburg bauen. Die Anlage ist dafür vorgesehen, später im Rahmen des Hochlaufs der Wasserstoffindustrie auf 800 Megawatt erweitert zu werden. Wie das Abendblatt kürzlich berichtete, verzögert sich die Fertigstellung des Elektrolyseurs um etwa ein Jahr. Anstatt 2025 wird er erst 2026 mit der Herstellung von grünem Wasserstoff beginnen können. Nicht zuletzt fehlen Fördermittel, um mit dem Bau zu starten.

Die Anträge sind gestellt. Aber insbesondere das Förderprogramm für Wasserstoffprojekte der EU lässt auf sich warten. 260 Millionen Euro soll der Elektrolyseur dem Vernehmen nach kosten. Rund 160 Millionen davon erhoffen sich die Investoren als Zuschüsse vom Bund und der Stadt Hamburg.

Hamburger Hafen: Zusammenarbeit mit Mitsubishi bei Elektrolyseur geht weiter

„Wir arbeiten seit Monaten auf Hochtour und sind wie die Stadt selbst in Vorleistung gegangen, damit das Projekt ohne Zeitverzug weiterlaufen kann“, sagt Alexandra von Bernstorff, Geschäftsführende Gesellschafterin von Luxcara. Im ersten Quartal 2024 werde bereits der Elektrolyseur bestellt. Auch der Rückbau des seit Mitte 2021 endgültig stillgelegten Kohlekraftwerks, geht laut Heine nun in die heiße Phase. „Wir haben das Kraftwerk von Vattenfall gekauft und bereits die Genehmigungen für mehr als 150 einzelne Rückbauvorgänge. Im zweiten Quartal kommenden Jahres sollen die ersten Flächen so weit sein, dass sie für den Elektrolyseur bebaut werden können“, sagt der Geschäftsführer der Energiewerke.

Alexandra von Bernstorff ist Geschäftsführende Gesellschafterin von Luxcara.
Alexandra von Bernstorff ist Geschäftsführende Gesellschafterin von Luxcara. © Luxcara | Luxcara

Dabei setze man auch weiter auf die Expertise von Mitsubishi. „Das Unternehmen ist zwar als Gesellschafter aus dem Konsortium ausgeschieden, auf Arbeitsebene geht die Zusammenarbeit aber weiter“, betonte Heine. Mitsubishi hatte das Kohlekraftwerk zu wesentlichen Teilen gebaut. Das Unternehmen ist für die Integration der neuen Anlage in den alten Bau von Nutzen.

Hamburger Hafen: Beschaffung von grünem Strom ist gesichert

„Wir werden die vorhandene Infrastruktur sinnvoll weiter nutzen. Die Stromanschlussanlagen für die 380-Kilovolt-Leitung, den Transformator oder die Wasseraufbereitungsanlage werden wir auch im künftigen System nutzen“, so Luxcara-Chefin von Bernstorff. Besonderheit der Anlage ist nicht nur die Herstellung von Wasserstoff. Bei der chemischen Reaktion der Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff entsteht Hitze. „Wir rechnen mit 13 bis 20 Megawatt Abwärme, die wir auch nutzen wollen“, ergänzt Heine.

Mehr zum Thema

Die fehlende Erfahrung seines neuen Partners beim Bau von Elektrolyseuren, sieht Energiewerke-Chef Heine nicht als Problem: „Erstens ist Luxcara in anderen Wasserstoffprojekten schon engagiert. Und zweitens befindet sich die Technologie erst im Hochlauf.“ Im Übrigen sei die Problematik für alle Betreiber weniger der Bau eines Elektrolyseurs, als vielmehr die Beschaffung grünen Stroms, um auch wirklich grünen Wasserstoff herzustellen. „Und hier ist Luxcara von allen Interessenten am Konsortium, mit denen wir gesprochen hatten, am weitesten.“

Hamburg will Energiehafen und benötigt 7,6 Terrawattstunden Wasserstoff pro Jahr

Hamburg will den Hafen zu einem Energiehafen ausbauen. Die Zeit drängt, denn andere Hafenstandorte sind auch aktiv. In Rotterdam soll beispielsweise ein 200-Megawatt-Elektrolyseur gebaut werden, ausgerechnet vom Mineralölkonzern Shell, der sich aus Hamburg zurückgezogen hat. Zudem wollen zahlreiche Hamburger Industriebetriebe ihre Energieversorgung auf Wasserstoff umstellen.

Die Nachfrage steigt schnell. Ergebnisse einer durch die Gasnetz Hamburg GmbH im Jahr 2021 durchgeführten Abfrage bei den größten Hamburger Industriebetrieben, die heute für rund ein Drittel des gesamten Hamburger Erdgasverbrauchs stehen, gehen bis zum Jahr 2030 von einem grünen Wasserstoffbedarf in Hamburg in Höhe von rund 7,6 Terrawattstunden pro Jahr aus.

Demnach beziffert sich der Bedarf für Industrieanwendungen auf etwa 5,7 Terrawattstunden im Jahresverbrauch und im Mobilitätssektor auf etwa 1,9 Terrawattstunden. Fast drei Viertel des Bedarfs müssen über Importe gedeckt werden. Einen kleinen Teil will man selber herstellen – mit einem neuen Konsortium, das nun hoffentlich bestehen bleibt.