Hamburg. Alle Banken reduzieren ihre Automaten – bis auf eine. Verbraucherschützer kritisieren Vorgehen von Haspa, Postbank, Deutscher Bank & Co.

Mit Geldautomaten ist es so ähnlich wie mit Autoschlüsseln: Wenn man sie ganz dringend braucht, sind sie nicht zu finden. Für Kunden in Hamburg wird die Suche künftig noch aufwendiger, denn die Zahl der Automaten geht hier sukzessive zurück, wie eine Umfrage des Abendblatts unter den Banken zeigt. Irgendwann sterben sie ganz aus.

Mit Ausnahme der Sparda-Bank, die von sich behauptet, dass die Anzahl ihrer Automaten weitestgehend konstant geblieben ist, haben alle andere großen Geldhäuser ihre Zahl reduziert. Die Hamburger Volksbank hat beispielsweise noch 112 Geldautomaten in Betrieb. Vor einem Jahr waren es 116, vor fünf Jahren 133. Zu den Gründen gehörten Standortschließungen oder bei gemieteten Flächen eine geringe Nutzung sowie auslaufende oder seitens des Vermieters gekündigte Mietverträge, wie eine Sprecherin sagte.

Banken in Hamburg haben immer weniger Geldautomaten

Damit ähnelt die Lage der bei der Hamburger Sparkasse, die derzeit 320 eigene Geldautomaten betreibt und damit mit Abstand immer noch größter Anbieter der Region ist. „Für die kommenden Jahre gehen wir von einem konstant hohen Angebot aus“, betont eine Haspa-Sprecherin. Gleichwohl räumt sie ein, dass das Unternehmen vor fünf Jahren noch 330 Automaten betrieben hat.

Auch Commerzbank, Postbank, Deutsche Bank und HypoVereinsbank reduzieren ihre Angebote: „Wir überprüfen laufend unser Standortnetz und nehmen bei Bedarf Anpassungen an eine veränderte Kundennachfrage vor; das gilt auch für Geldautomaten“, sagt ein Sprecher der Postbank, der auch für die Deutsche Bank spricht.

Wie viele Geldautomaten die beiden Häuser noch betreiben, und wo sie derzeit die Bargeld-Maschinen abbauen, will er nicht sagen: „Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir die genaue Zahl unserer Geldautomaten an einem Standort wie Hamburg, nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen, generell nicht veröffentlichen.“ Nach seinen Angaben betreiben die beiden Geldinstitute zusammen noch eine dreistellige Zahl an Automaten in Hamburg.

Bargeld gibt es auch bei Tankstellen und in Supermärkten

Aus „wettbewerbstaktischen Gründen“ will sich die HypoVereinsbank nicht näher äußern. Bei der Commerzbank heißt es lediglich, dass bei der Anpassung des Filialnetzes in den vergangenen Jahren auch die Zahl der Geldautomaten in Hamburg zurückgegangen sei.

Auch Supermärkte und Tankstellen bieten an ihren Kassen in Kooperationen mit Banken Bargeldauszahlungen an.
Auch Supermärkte und Tankstellen bieten an ihren Kassen in Kooperationen mit Banken Bargeldauszahlungen an. © Getty Images/iStockphoto | industryview

Alle Geldinstitute begründen den Abbau mit einem veränderten Kundenverhalten. Mit der fortschreitenden Digitalisierung verändere sich das das Verhalten der Kundinnen und Kunden. „Seit Jahren nutzen immer mehr Menschen ihr Smartphone oder ihre Bankkarte zum Bezahlen. Dadurch verringert sich zunehmend die Nachfrage nach Bargeld. Zudem sind Geldautomaten nicht mehr die einzige Möglichkeit, sich mit Bargeld zu versorgen. So erhalten Kundinnen und Kunden inzwischen auch bei vielen Supermärkten, im Einzelhandel und auch bei Tankstellen Bargeld“, erklärte eine Sprecherin der HypoVereinsbank.

Rückgang der Auszahlungen um 30 Prozent

„Wir sehen, dass die Nutzung von Bargeld und speziell von Geldautomaten über die Jahre betrachtet rückläufig ist. Dabei spielen zwei große Trends eine Rolle: Die zunehmende Verbreitung des unbaren Bezahlens per Karte oder App einerseits, sowie das wachsende Angebot neuer Bargeld-Mitnahmemöglichkeiten; vor allem an Supermarktkassen und vielen Tankstellen“, heißt es bei der Postbank.

Die Commerzbank quantifiziert den Rückgang: Auszahlungen an Geldautomaten seien in den vergangenen drei Jahren um rund 30 Prozent zurückgegangen. „Das durchschnittliche Volumen pro Transaktion ist jedoch etwas gestiegen. Die Kunden gehen also seltener an den Automaten“, sagte eine Sprecherin.

Immer mehr Überfälle auf Bargeldgeräte

Es gibt aber noch einen weiteren Grund, der zur Abschaltungen von Geldautomaten führt: die Sorge um die Sicherheit. So erklärte eine Sprecherin der Hamburger Volksbank, zur Stilllegung komme es, wenn Mietverträge nicht verlängert würden: „Zu den Kündigungsgründen gehören neuerdings verstärkt Sicherheitsbedenken.“

Wie hier in Wilhelmsburg, werden immer häufiger Geldautomaten von Panzerknackern gesprengt, die dabei große Zerstörung anrichten.
Wie hier in Wilhelmsburg, werden immer häufiger Geldautomaten von Panzerknackern gesprengt, die dabei große Zerstörung anrichten. © imago images/Blaulicht News | Sebastian Peters via www.imago-images.de

Mögen Bargeld-Geräte von Kunden weniger genutzt werden, so stehen sie bei Dieben hoch im Kurs. Vor allem die Sprengung von Geldautomaten nimmt deutlich zu. Nach Angaben des Bundeskriminalamts gab es im vergangenen Jahr 496 vollendete oder versuchte Vorfälle. Das war der höchste Wert seit Beginn der statistischen Erfassung durch das BKA im Jahr 2005. Die Täter sind in der Regel hochprofessionelle Banden.

Sprengung von Geldautomaten: Haspa trifft Vorsorge

Auch in diesem Jahr setzen sich die Überfälle laut Polizei mit unverminderter Härte fort. Weil Kriminelle inzwischen meist hochexplosiven Sprengstoff einsetzen, gehen die Schäden – auch an den betroffenen Gebäuden – in die Millionen.

Aus Hamburger Sicht bekannt ist ein Vorfall in einem Einkaufszentrum in Boberg im Februar vergangenen Jahres, bei dem Unbekannte einen Geldautomaten der Haspa sprengten, einen mittleren fünfstelligen Geldbetrag erbeuteten und dabei große Zerstörungen im Umfeld anrichteten.

Die Haspa führte daraufhin die Überprüfung aller Standorte durch. Dabei wurden auch Fluchtmöglichkeiten und mögliche Personen- oder Sachgefährdungen untersucht. „Im Ergebnis wurden acht Geldautomaten vom Netz genommen und nicht wieder befüllt“, so eine Haspa-Sprecherin. Die Haspa stelle dennoch die Bargeldversorgung der Hamburgerinnen und Hamburger flächendeckend sicher.

Abbau von Bankautomaten: Verbraucherschützer üben Kritik

Verbraucherschützer hegen daran Zweifel: „Wir beobachten mit Besorgnis, dass das Netz an Geldautomaten in der Stadt ausgedünnt wird“, sagt Kerstin Föller, Finanzexpertin der Hamburger Verbraucherzentrale. Die Banken würden dazu erklären, dass ihnen der Betrieb wenig genutzter Geldautomaten zu teuer sei. „Wir haben deswegen auch vermehrt Beschwerden, die vor allem von älteren Menschen kommen, denen das Gehen weiterer Strecken schwer fällt.“

Geldautomaten würden nicht nur abgebaut, sondern auch seltener befüllt, sodass Kunden manchmal vor leeren Maschinen stünden, kritisiert Föller. Dass man auch in Supermärkten Bargeld bekomme, wüssten viele ältere Menschen gar nicht, und es sei ihnen auch suspekt. „Einige Märkte verlangen ja auch eine Mindesteinkaufsumme für den Bargeldservice.“ Bei Einzelhandel hingegen sei diese Möglichkeit beliebt, weil er dadurch weniger Bargeld in den Kassen sichern müsse.