Hamburg. Mehr Platz für Autos, Tempo 50 statt 30. Der Fahrrad-Club kritisiert die Pläne der Koalition scharf. Was gefordert wird.
Im Hamburger Bezirk Wandsbek bahnt sich eine Ampel-Koalition an und einmal mehr pocht das kleinste Koalitionsmitglied, die FDP, auf die Förderung des Autos im Straßenverkehr.
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) hält das allerdings für einen schwerwiegenden Fehler und übt scharfe Kritik – an grundsätzlichen Trends ebenso wie an konkreten Forderungen: „Die neue Ampel in Wandsbek steuert direkt zurück in die autogerechte Stadt. Dabei kommen Verkehrssicherheit, Unfallvermeidung, Gesundheits- und Klimaschutz, sichere Schulwege wie überhaupt das Ziel einer lebenswerten Stadt mit sicherer Mobilität für alle Menschen unter die vier Räder einer kleinen Klientelpartei.“
Verkehr Hamburg: FDP will Radwege zwar sanieren, aber nicht neu bauen
Bereits in der letzten Legislaturperiode hieß es von der FDP, man wolle sich in Zukunft nicht etwa auf den Neubau von Radwegen in Wandsbek konzentrieren, sondern den Fokus lieber auf die notwendige Sanierung des Bestands legen.
Ähnlich äußerte sich auch Finn Ole Ritter aus dem Ausschuss für Mobilität und Wirtschaft der FDP Wandsbek gegenüber dem Hamburger Abendblatt bezüglich der kommenden Periode: „Die FDP setzt sich für eine leistungsfähige Radverkehrsinfrastruktur ein. Dafür halten wir es für sehr wichtig, die bestehenden Radwege in den Nebenflächen befahrbar zu machen. Denn für uns müssen Radwege folgende Voraussetzungen erfüllen: sicher, schnell und komfortabel von A nach B kommen. Und die ausschließliche Schaffung von neuen Radwegen auf Hauptverkehrsstraßen oder stark befahrenen Straßen sehen wir für unser Ziel, mehr Menschen zum Radfahren zu bewegen, nicht als förderlich.“
Der Hamburger ADFC-Vorstand Thomas Lütke hält dagegen: „Der Großteil der alten Radwege im Bezirk entspricht aber schon längst nicht mehr den technischen Standards hinsichtlich Breite und Führung.“ Er betont: „Es reicht daher nicht, sie auszubessern – sicherer Radverkehr braucht mehr Platz und regelkonforme, neue Wege. Und das eben nicht zu Lasten der Gehwege.“
Sechs Spuren, Tempo 50 – ADFC schimpft FDP-Pläne „populistische Geisterfahrt“
Darüber hinaus wirbt die FDP bereits seit Jahren für den Erhalt von Tempo 50 an Hauptverkehrsstraßen wie dem Friedrich-Ebert-Damm sowie den Erhalt der sechsspurigen Fahrbahn in der Wandsbeker Chaussee.
Auf Abendblatt-Anfrage hieß es: „Neben dem Erhalt der sechsspurigen Fahrbahn auf der Wandsbeker Chaussee ist für uns zum Beispiel auch der vierspurige Erhalt des Berner Heerweg unverzichtbar. Denn unsere Verkehrspolitik basiert unter anderem auf dem Grundsatz, dass die Förderung des einen Verkehrsmittels nicht ausschließlich zu Lasten eines anderen Verkehrsmittels gehen darf.
Die FDP fordere daher, ein „Netz der mehrspurigen Hauptverkehrsstraßen“ zu erhalten. Konkret der Wirtschaftsverkehr müsse „immer mit hoher Priorität berücksichtigt werden.“
ADFC äußert scharfe Kritik an der FDP: „Populistische Geisterfahrt im Auto“
Genau gegensätzlich argumentiert der ADFC. Er hält gerade den Erhalt der sechs Spuren für eine enorme Belastung. Diese „ideologische Verkehrspolitik ginge auf Kosten der Bedürfnisse aller Menschen, die in Wandsbek ohne Auto mobil sein wollen.“
Der Verein befürchtet, eine mögliche Ampel-Koalition in Wandsbek könnte sich „von den Zielen des rot-grünen Senats einer Verkehrswende sowie der Vision Zero (Null Tote und Schwerverletzte im Straßenverkehr) in Hamburg verabschieden und stattdessen den Status quo der Autostadt im Bezirk festschreiben“. Aus Sicht des Fahrradclubs eine ideologisch-populistische Forderung, die „eine populistische Geisterfahrt im Auto“ über „Verkehrssicherheit für alle“ stelle.
Gefahren für Radfahrer in Hamburg eliminieren: Das sind die Forderungen
Bordstein-Radwege, wie sie in Wandsbek häufig zu finden sind, unübersichtliche Radweg-Führung und hohe Tempolimits bergen Gefahren, insbesondere für schwächere Verkehrsteilnehmende, wie Radfahrerinnen und Radfahrer. Der ADFC fordert daher mit Blick auf die Radweg-Planung in Wandsbek der Verkehrssicherheit absolute Priorität einzuräumen und neu zu bauen.
- Erster Platz für Hamburg: Fahrräder in der Stadt besonders beliebt
- Tod am Baumwall: Was die Nichte der getöteten Radfahrerin fordert
- Auto rammt Jugendlichen von Fahrrad: Unfallfahrer flüchtet
Dagegen spricht die FDP von dem „Grundsatz, dass die Förderung des einen Verkehrsmittels nicht ausschließlich zu Lasten eines anderen Verkehrsmittels gehen“ dürfe. Konkret heißt das: Die FDP-Fraktion fordert nach wie vor Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs, um „zunehmend mehr Wandsbeker dazu zu bewegen, sich aufgrund der attraktiveren Alternativen gegen das Auto“ zu entscheiden. Gleichzeitig fordert sie allerdings weniger Tempolimits und breite Straßen – kurz, Maßnahmen, die das Autofahren selbst attraktiver gestalten.