Hamburg. Als studierte Pflegekraft hält Teresa Waibel ein flammendes Plädoyer für die Arbeit mit Patienten – und für ständige Weiterbildungen.

Theresa Waibel ist ehrgeizig. Die 24-Jährige hat erst im vergangenen Jahr einen dualen Studiengang Pflege an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Kooperation mit der Albertinen-Schule abgeschlossen. Ihren Bachelor hat sie als Jahrgangsbeste mit einem Schnitt von 1,0 gemacht. Nun hat die junge Frau, die auf der Intensivstation im evangelischen Amalie Sieveking Krankenhaus in Volksdorf arbeitet, schon wieder neue Karrierepläne – ab Oktober beginnt sie berufsbegleitend einen Masterstudiengang in Gesundheitsmanagement und Public Health.

Waibel hat sich bereits in jungen Jahren für ihren Beruf entschieden. „Ich wollte schon immer mit Menschen arbeiten“, sagt sie. Während der Schule habe sie Praktika im Kindergarten gemacht und das habe ihr sehr viel Spaß bereitet. Und trotzdem ist sie nicht Erzieherin geworden. „Ich habe nach der Schule ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in der Psychia­trie gemacht, und da habe ich gemerkt, dass mir auch die Arbeit mit erwachsenen Menschen sehr viel Spaß macht.“ Ihre Motivation: „Ich habe das Gefühl, dass ich Menschen, die in einer schwierigen Lebenslage sind, unterstützen kann. Und die Pflege ist eine sehr vielseitige und abwechslungsreiche Arbeit.“ 

Krankenhaus: Enge Zusammenarbeit auf Intensivstation

Mit der Arbeit auf der Intensivstation hat sich die junge Frau vom Bodensee eine ganz spezielle Aufgabe gesucht. „Ich mag es sehr gern, mit Herausforderungen umzugehen, also mit herausfordernden Situationen, die einem da täglich im Alltag begegnen.“ Während ihrer Ausbildung habe sie ihren ersten Praxiseinsatz auf der Intensivstation gehabt, erzählt sie im Podcast „Hamburger Klinikhelden“. „Ich hatte damals sehr viel Respekt davor und auch tatsächlich ein bisschen Angst“, aber sie sei vom Team sehr gut aufgenommen und an die Arbeit herangeführt worden.

„Für mich war das einfach faszinierend, wie viele verschiedene Fachbereiche auf einer Intensivstation zusammenkommen.“ Und in einem interdisziplinären Team mit Ärzten, Pflegern oder Physiotherapeuten ganz eng zusammenzuarbeiten und jeden Schritt gemeinsam zu besprechen sei etwas Besonderes. Und natürlich habe sie oft einen Adrenalinkick.

Intensivstation: Beatmung, Koma und Notfällen

Was unterscheidet sich dort von einer Normalstation? „Man muss ein sehr kon­trollierter Mensch sein. Natürlich sind auch Schulungen wichtig, damit man klare Abläufe auch verinnerlichen kann.“ Und sie sei ja nicht ins „kalte Wasser“ geworfen worden, sondern habe die ersten Notfalleinsätze nur begleitet, mitbetreut und sei Stück für Stück an die Aufgabe herangeführt worden.

Kein Arbeitstag sei wie der andere, sagt Waibel. „Es gibt ein paar Routinepunkte. Nach der Schichtübergabe schaue ich mir meine Patienten an. Habe ich beatmete Patienten, habe ich wache Patienten? Was steht an bei den jeweiligen Patienten?“ Und dann mache sie sich einen Plan, der aber grundsätzlich nie aufgehe, sagt die junge Pflegekraft und lacht. Denn immer kämen Notfallsituationen dazwischen. Ihr Team sei sehr beständig, es gebe kaum Fluktuation, die jungen Pflegekräften profitierten von den älteren, die schon Jahrzehnte dort arbeiteten.

Intensivpflegende helfen nicht nur Patienten

Manche Patienten, etwa solche mit Corona, seien oft sehr lange auf der Station, andere, die nach einer Operation überwacht werden, seien oft nur über Nacht zu betreuen. Manche Fälle gingen ihr besonders nahe, sagt Waibel, und da differenziere sie nicht, ob es ein junger Mensch sei oder ein alter. Bei Patienten, die sie über einen sehr langen Zeitraum täglich betreue, habe sie oft viel Kontakt mit den Angehörigen, was oft sehr emotional sei.

Das sei ein ganz großes Thema in der Intensivpflege: „Die Krankenschwestern sind ganz wichtige Ansprechpartner für die Angehörigen. Nicht jeder versteht das, was die Ärzte sagen. Dann ist man natürlich als Intensivkrankenschwester oder generell als Krankenschwester einfach die erste Anlaufstelle und versucht, die Angehörigen aufzufangen, aufzuklären, zu unterstützen und zu begleiten.“

Waibel will Vielfalt der Pflege entdecken

Waibel hat Ansprüche an sich selbst, sagt sie. Von Oktober an will sie daher berufsbegleitend weiterstudieren. Die Vorlesungen und Veranstaltungen kann sie online abrufen, egal zu welcher Tageszeit. Das ermöglicht ihr auch, weiter im Beruf zu bleiben. „Ich möchte den Bezug zur Praxis in der Zeit auch nicht verlieren.“

Wird sie danach nicht mehr „mit den Menschen am Bett“ arbeiten, wie es bei Pflegekräften heißt? „Man denkt ja, sie studiert jetzt in Richtung Management, dann geht sie natürlich weg vom Bett. Es ist mir wichtig zu sagen, dass das nicht so sein wird und dass das auch nicht mein Plan war. Mir geht es darum, den Horizont zu erweitern, um vielleicht auch einfach ein paar Entscheidungsprozesse besser nachvollziehen zu können“, sagt Waibel. Sie wolle die Vielfalt der Pflege „beschnuppern“.

Bessere Pflege durch Weiterbildung

Nach Abschluss des Masterstudiums könnte sie sich vorstellen, 50:50 in Pflege und Management zu arbeiten. „Im Management kann man viel besser argumentieren, wenn man selbst auch noch vor Ort ist und am Bett arbeitet.“ Die Kluft zwischen Theorie und Praxis sei doch sehr groß. „Und ich denke, dass es sehr wertvoll ist, wenn man Mitarbeiter hat, die in beiden Bereichen agieren und vielleicht auch ein bisschen besser nachvollziehen können, wo die Unterschiede sind zwischen Theorie und Praxis.“

Dass sie dann bei ihren Chefs mit ihrem Masterabschluss wedelt und mehr Gehalt fordert, könne natürlich sein, sagt Waibel, „aber darum geht es mir aktuell noch gar nicht. Ich bin einfach sehr wissbegierig und habe noch mal Lust, was Neues zu machen.“ Innerhalb der Pflege gebe es so viele Möglichkeiten, sich weiter- und fortzubilden. Sie wünsche sich, dass viele Kollegen diese Chancen bekommen und nutzen, „denn so kann man auch grundsätzlich die Qualität der Pflege steigern.“

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Dass es sie vom Bodensee nach Hamburg verschlagen hat, sei der Liebe zu ihrem Freund geschuldet. „Wir sind über ein halbes Jahr fast jedes Wochenende die 800 Kilometer hin und her gependelt. Und das war natürlich aus Zeit- und auch finanziellen Gründen irgendwann nicht mehr möglich, und da musste ja eben eine Entscheidung her.“ Der Vorteil in ihrem Beruf sei, sagt sie, dass man überall eine Stelle bekomme. Auch daran sollten junge Menschen denken, die sich beruflich orientieren. Pflege sei ein erfüllender Beruf, eine sinnvolle Aufgabe. Das grundsätzliche Bild der Pflege in der Gesellschaft müsse sich noch verändern, sagt Waibel. Und sie werde angesichts des demografischen Wandels und der steigenden Pflegebedürftigkeit immer wichtiger.