Quickborn. Quickborner hat nach Unfall einen Verein gegründet, der mit einer Hotline Ratgeber für Pflegefälle und deren Angehörige sein will.

Auslöser für die Initiative war ein Unfall. Beim Kitesurfen verletzte sich Sönke Gedaschko vor einem Jahr so schwer, dass er beinahe selbst zum Pflegefall geworden wäre. Plötzlich machte der leidenschaftliche Sportler und Trabrennfahrer die bittere Erfahrung, wie hilflos und angewiesen man in solchen Notfällen auf die Unterstützung anderer ist und wie wenig abgesichert er war für mögliche Pflegekosten. Jetzt hat der Quickborner den gemeinnützigen Verein zur Pflegestufenverordnung gegründet und eine bundesweite Hotline eingerichtet, die den Anrufern kostenlosen Rat zu allen Fragen um die Pflege im Alter und Pflegestufen erteilt. Auch eine Homepage bietet zusätzliche Informationen dazu an.

Aus drei Pflegestufen werden von 2017 an fünf Pflegegrade

Es sei für ihn wie ein Totalschaden nach einem Unfall gewesen, erklärt der
51-Jährige. „Von 150 plötzlich auf Null.“ Er erlitt ein Schädelhirntrauma und zahlreiche Knochenbrüche, war auf den Rollstuhl angewiesen. Doch auf einen Pflegefall war seine Familie überhaupt nicht vorbereitet und abgesichert. Gut 1300 Euro hätten monatlich gefehlt. Die Existenz der Familie stand auf dem Spiel. „Das wäre ein Riesenhammer für meine Frau und mich geworden“, sagt Gedaschko nachdenklich. „Zum Glück bin ich mit dem Schrecken davongekommen.“ Vergangenes Wochenende saß er erstmals wieder im Sulky und erreichte sogar mit seinem Traber wieder einen guten zweiten Platz.

Aber in diesem ereignisreichen Jahr stellte Gedaschko fest, wie undurchsichtig der bürokratische Dschungel der Gesetze für Pflegefälle in Deutschland immer noch ist. Das müsse sich ändern, dachte sich der Quickborner, der sich als ehemaliger Geschäftsführer niedergelassener Chirurgen gut mit medizinischen Themen auskannte. Weil er zudem im Bereich des Telefonmarketings arbeitet, kam er mit Gleichgesinnten auf die Idee, diese offensichtliche Informationslücke zum Wohle der Betroffenen mit einem relativ einfachen Hilfsangebot samt kostenlosem Service für die Anrufer zu schließen.

Das Informationsbedürfnis der Leute sei enorm, hat Gedaschko bereits festgestellt. Etwa 20 Menschen riefen täglich an und würden von Experten wie Krankenschwestern, Altenpflegern und Therapeuten beraten. Dabei gehe es zum Beispiel um die Gesetzesänderung zum neuen Jahr, die künftig aus den drei Pflegestufen fünf Pflegegrade mache. Das führe dazu, dass einige Hunderttausend Menschen mehr in Deutschland, die nur leichte geistige Einschränkungen haben, zusätzliche Hilfe und Unterstützung bekommen könnten. Hintergrund sei, dass der Staat seine Bürger möglichst lange eigenständig zu Hause halten, einer Demenz vorbeugen und ambulanter Pflege den Vorrang vor stationärer geben möchte.

Immer mehr Pflegefälle

Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt immer weiter an.

In Deutschland werden es bis 2030 etwa 3,4 Millionen Menschen sein, die auf Hilfe anderer angewiesen sind.

71 Prozent der Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt.

In Schleswig-Holstein stieg die Zahl der Fälle von 2007 bis 2013 um 3600 auf 82.692 Pflegebedürftige an.

Weil die Pflegebedürftigkeit mit dem Alter zunimmt, geht der Kreis Pinneberg davon aus, dass sich die Zahl der vollstationären Fälle bis 2030 auf 6000 fast verdoppeln, die der ambulanten Hilfen von 2000 auf 3000 erhöhen wird.

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Auch die Absicherung innerhalb der Familie sei ein Schwerpunkt vieler Fragesteller, hat der Vereinschef festgestellt. So hätte inzwischen zwar jeder Dritte in Deutschland eine Patientenverfügung abgeschlossen. Doch wenn es drauf ankomme, seien drei Viertel davon praktisch wertlos, weil sie von den zuständigen Behörden und Banken nicht anerkannt werden. Auch hier helfe der Verein dabei, den Betroffenen aufzuzeigen, wie sie eine Patientenverfügung so abschließen sollten, damit ihre Angehörigen wirklich alle Vollmachten erhalten, um sich tatsächlich umfassend um sie kümmern zu können und dafür nicht erst lange juristische Streitigkeiten ausfechten müssten.

Die Experten zeigten am Telefon den Anrufern wie eine Art Pflege-Coach auf, was sie beachten müssten, welche gesetzlichen Möglichkeiten sie hätten, wie und wo sie Hilfsmittel bekommen könnten. Dabei verstehe sich der Verein als reiner Ratgeber und Vermittler für weitere Ansprechpartner, die ebenfalls kostenlose Unterstützung geben. Was er nicht machen werde und dürfe, sei, dem Anrufer namentlich Pflegeeinrichtungen, -dienste oder Juristen zu empfehlen. „Wir leiten sie aber an die Stellen weiter, die dies machen könnten.“ Zudem könnte er auf Agenturen verweisen, die sich auf bestimmte Hilfsangebote spezialisiert hätten.

„Wir sind aber keine Seelsorger und machen keine medizinische Pflege“, bittet der Quickborner um Verständnis für die Grenzen des Angebots. „Wir versuchen nur, Struktur in das Wirrwarr der Pflegeversicherung zu bringen.“

Der Quickborner Verein zur Pflegestufenverordnung aus Quickborn bietet montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr die kostenlose Hotline 0800/589 05 05 an. Im Internet ist er unter www.verein-pflegestufe.de zu erreichen