Hamburg. Die Hamburg Bau ‘78 wurde komplett unter Schutz gestellt. Eigentümer fürchten, dass energetische Sanierung schwierig wird.

Das Hamburger Denkmalschutzamt hat die Bewohner der Poppenbüttler Siedlung Hamburg Bau ‘78 nun doch zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Am 28. März 2023 will die Behörde in der Aula des Heinrich-Heine-Gymnasiums in Poppenbüttel die Eigentümer informieren und für einen Austausch zur Verfügung stehen. Die Siedlung mit 221 Wohnhäusern aus den späten 1970er-Jahren war im vergangenen Herbst völlig überraschend für die Eigentümer und ohne Vorankündigung komplett unter Schutz gestellt worden. Seither regt sich heftiger Protest der Hausbesitzer.

Bei der geplanten Veranstaltung Ende März sollen nach Angaben des Denkmalschutzamtes vor allem die folgenden Fragen geklärt werden: Welche baulichen Maßnahmen sind insbesondere in den Innenräumen weiterhin ohne Einzelfallgenehmigung möglich? Welche energetischen Sanierungen und Installationen von Photovoltaikanlagen und Wärmepumpen sind weiterhin möglich?

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Es sei ihr als Leiterin des Denkmalschutzamtes ein persönliches Anliegen, „dass die Eigentümerinnen und Eigentümer der Hamburg Bau’78 alle weiterhin bestehenden Fragen über die baulichen und wirtschaftlichen Folgen des Denkmalschutzes beantwortet erhalten“, schreibt Anna Joss in dem Brief, der an die Eigentümer ging. Diese waren davor lediglich mit einem Schreiben über die Unterschutzstellung informiert worden.

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In der Zwischenzeit haben mehr als 180 Bewohner eine Petition unterschrieben und beim Eingabenausschusses der Bürgerschaft eingereicht. Sie stellen einen Antrag auf Rücknahme der Unterdenkmalschutzstellung des Ensembles Hamburg Bau ‘78. Dieser Antrag wurde nachträglich noch ergänzt. Darin heißt es: „Das Denkmalschutzamt hat bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt und nicht ausreichend dargestellt, dass bei ganz vielen Häusern seit 1978 von der ursprünglichen Bausubstanz nur noch wenig erhalten ist.

Einige von diesen Veränderungen betreffen den Innenbereich, bspw. Heizung, Tapeten, Baderneuerung oder Verfliesung, viele Maßnahmen sind aber auch von außen sichtbar. Häuser wurden neu verkleidet, Eingangs- und Außenbereiche wurden verändert oder die Dächer und Wände wurden um neue Fenster ergänzt, so dass in vielen Fällen der Ist-Zustand kaum noch mit dem Originalzustand übereinstimmt. Einige Häuser sind so stark verändert worden, dass sie praktisch als Neubauten anzusehen sind.“

Das jüngste Haus ist drei Jahre alt – und trotzdem denkmalgeschützt

Klaus Bültjer, der seit 20 Jahren in der Siedlung lebt, hat diese Feststellungen gemeinsam mit seinen Nachbarn getroffen. . Sie hätten exemplarisch alle Häuser der Kreienkoppel untersucht, sagt er. „Da ist jedes Haus in den 45 Jahren nach der Fertigstellung in erheblichem Maße renoviert, modernisiert, umgebaut und teilweise erweitert worden.“ Pech habe einer der Nachbarn, der einen drei Jahre alten Neubau bewohnt. Sein Haus sei jetzt ebenfalls unter Denkmalschutz.

Der Ausstellungskatalog Hamburg Bau von 1978
Der Ausstellungskatalog Hamburg Bau von 1978 © Hamburg Bau | Hamburg Bau

Die Siedlung war Ende der 1970er-Jahre als Bauausstellung konzipiert worden, um Familien ein attraktives Wohnangebot zu machen und sie vom Wegzug ins Umland abzuhalten. Angeboten wurden 221 Häuser von 85 Ausstellern, darunter unterschiedliche Haustypen wie Gartenhofbungalows, Einzelhäuser, Stadthäuser und Kettenhäuser, die als zweigeschossige Wohnbauten mit je einem eingeschossigen Nebengebäude verbunden sind. Der Denkmalschutz erstreckt sich nun auf die gesamte Siedlung, ihre Wegeführungen, Platzgestaltungen und bauzeitlichen Wohnbauten sowie die Kunst im öffentlichen Raum.

Viele Häuser müssen energetisch saniert werden – aber wird das auch genehmigt?

Aufgrund ihres Alters gibt es bei vielen Häusern einen energetischen Sanierungsstau. Allerdings sprechen viele Bewohner, die seit Anbeginn in der Siedlung leben, auch von gravierenden Baumängeln, weil die Umsetzung der gesamten Bauausstellung einst ungewöhnlich schnell vonstatten ging. In Medienberichten von damals ist von Pfusch am Bau die Rede – Fassadensteine erwiesen sich demnach als nicht frostbeständig und blätterten ab. Gemäuer im Kellerbereich war zum Teil nicht verfugt und nicht isoliert, Dachlatten und Dachziegel waren unsachgemäß verlegt, Fenster waren fehlkonstruiert, ließen Wassereinbrüche zu, Fensterbänke faulten. Und obwohl viel nachgebessert wurde, sind bei vielen Häusern nun Sanierungen nötig. Viele Eigenheimbesitzer haben nun Sorge, dass diesbezügliche Vorhaben nach der Unterschutzstellung kompliziert oder untersagt werden. Eine Maklerin hatte den Wertverlust dadurch mit bis zu 30 Prozent beziffert.

Mit dem von der Behörde benannten Moderator Markus Birzer sind auch nicht alle Siedler einverstanden: „Er ist ein professioneller Berater, der sehr häufig von der Stadt für solche Aufgaben gebucht wird. Daraus könnte möglicherweise auch eine gewisse Abhängigkeit, wenn nicht Befangenheit, abgeleitet werden“, sagt Bültjer. Die Betroffenen wollen ihm zufolge auf jeden Fall rechtlichen Beistand dazu holen.