Hamburg. Oberverwaltungsgericht: Der Bebauungsplan für die 200 Wohnungen am Wohldorfer Wald ist unwirksam. Gibt die Stadt jetzt auf?

Das Oberverwaltungsgericht Hamburg hat den Bau von 200 Wohnungen am Wohldorfer Wald gestoppt. Im Prozess um den Bebauungsplan Wohldorf/Ohlstedt 13 gab das Gericht den Klägern aus der Nachbarschaft Recht und erklärte den Plan der Stadt für unwirksam. Das Gericht monierte fehlende Untersuchungen zum Artenschutz und verwies darauf, dass sich der Wohnungsbau auch auf weniger problematischen Flächen realisieren ließe.

Damit endet ein gut 30 Jahre langer Streit um die Flächen an der Hoisbütteler Straße. Der Senat hatte das letzte Planverfahren an sich gezogen und sich damit auch über ein erfolgreiches Bürgerbegehren im Stadtteil hinweggesetzt.

„Das Urteil ist höchst erfreulich“, sagte Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg. „Damit bleibt die Fläche bis auf weiteres geschützt. Aber das Urteil sagt darüber hinaus auch, dass Wohnungsbau keinen Eingriff in den Lebensraum von geschützten Arten rechtfertigt, insbesondere dann nicht, wenn sich Alternativen anbieten. Damit wird der Naturschutz in der sich zuspitzenden Kontroverse ums Bauen auf der grünen Wiese gestärkt.“ Auch der „Wohldorfer Wald Hilfsfonds e.V.“, in dem die Anwohner organisiert sind, feierte den Sieg vor Gericht.

Akzeptiert Hamburg das Urteil oder geht der Streit weiter?

Vereinsvorstand Michael Schütt: „Nachdem die Rot-Grüne Politik die zugesagte Überarbeitung des umstrittenen Bebauungsplans vertragswidrig nicht vorgenommen und sogar mit dem Beginn der Bauarbeiten 2020 gedroht hat, sahen wir uns gezwungen, das Oberverwaltungsgericht um Klärung zu bitten. Gerade in der heutigen Zeit, in der Hamburg überall wächst, ist der Schutz der letzten Freiflächen unglaublich wichtig. Neben dem Lebensraum für Tiere und Pflanzen, geht es auch um dringend erforderliche Erholungsmöglichkeiten. Der Senat darf die Gesundheit der Bevölkerung nicht aus den Augen verlieren. Vor diesem Hintergrund freuen wir uns über die Gerichtsentscheidung.“

In der Stadtentwicklungsbehörde war am Dienstagnachmittag niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. Damit bleibt insbesondere die Frage offen, ob die Stadt sich mit der Gerichtsentscheidung abfinden oder einen weiteren Anlauf unternehmen wird, am Wohldorfer Wald zu bauen. Dafür müsste sie nach derzeitigem Stand ein neues Bebauungsplanverfahren anschieben, denn das Gericht hat keine Revision gegen seine Entscheidung zugelassen. Die Stadt kann allenfalls noch Beschwerde einreichen. Tut sie es nicht, wird das Urteil rechtskräftig.

CDU fordert: Bebauung ad acta legen

„Ich gratuliere den Ohlstedter Bürgerinnen und Bürgern zu ihrem erfolgreichen Einsatz“, sagte der CDU-Fraktionsvize Dennis Thering. „Das Gericht hat die Eignung der betroffenen Flächen für den Wohnungsbau prinzipiell in Frage gestellt, da die massiven Eingriffe in die Lebensstätten geschützter Arten in keinem Verhältnis zu der geplanten Bebauung stünden. Damit steht noch einmal schwarz auf weiß fest: Rot-Grün hat bei der Bebauung von naturnahen Wiesen und besonders schützenswerten Flächen Maß und Mitte verloren. Es ist traurig, dass die SPD und vor allem die Grünen erst vom Gericht gestoppt werden müssen. Ich fordere die Regierungsfraktionen auf, ihre Auseinandersetzung mit den Ohlstedterinnen und Ohlstedtern zu beenden und die Bebauung der Feldmark endgültig zu den Akten zu legen.“

Mit dem Bebauungsplan Wohldorf/Ohlstedt 13 scheiterte bereits der zweite Versuch der Stadt, das Biotop neben dem Wald für den Wohnungsbau zu requirieren. Mit dem ersten Versuch ging die Stadt 1990 vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig baden. 2008 hatten die Bürger und der BUND dann den zweiten Bebauungsplan angefochten. Die parallel zum Gerichtsverfahren geführten Vergleichsverhandlungen unter anderem mit dem damaligen SPD-Fraktionschef und heutigen Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) scheiterten jedoch 2017.

Flüchtlingsunterkunft ins Gespräch gebracht

Zwischenzeitlich brachte die Stadt das Grundstück für eine große Flüchtlingsunterkunft mit bis zu 3000 Plätzen ins Gespräch, ließ sich dann aber auf ein Zeltlager am Ohlstedter Platz „herunterhandeln.“ Eine Einigung über feste Bauten am Wald kam dennoch nicht zustande. Letztlich wollte die Stadt ihre Zusagen zur Reduktion der Baumassen nicht so im Grundbuch absichern, wie es die Bürger vor Ort forderten. Gleichzeitig drohte das für die Vergleichsverhandlungen geschlossene Stillhalteabkommen auszulaufen. Dann hätten die Stadt ihre Bagger rollen lassen können. So setzten die Bürger auf das Gericht und siegten.