Hamburg. Die Stadt hatte ungenehmigte Arbeiten für Wohnungsbau im Grüngebiet toleriert und alle Einwände abgetan. Jetzt rudert sie zurück.
Das Bezirksamt Wandsbek hat einen Baustopp in der Hummelsbütteler Feldmark verfügt und damit auf eine Strafanzeige von Naturschützern gegen den Bürgermeister und die Senatsspitze reagiert. Nachdem die 200 hoch umstrittenen Flüchtlingswohnungen auf der grünen Wiese am Rehagen praktisch fertig sind, hatten die Bauherren von der Saga mit dem Segen der Stadt bereits vorbereitende Arbeiten für 200 weitere Sozialwohnungen begonnen – ohne die Baugenehmigung abzuwarten.
Das Amt hatte auch mit einem missverständlichen Aushang vor Ort den Eindruck erweckt, es läge bereits eine Baugenehmigung vor und damit die Arbeiten scheinbar legitimert. Kritik hatten das Bezirksamt und der örtliche SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Tim Stoberock abgetan und von „rechtlich unproblematischen vorbereitenden Arbeiten“ gesprochen.
Staatsanwalt leitet dem Amt das Strafverfahren zu
Die Naturschützer vom Verein zum Erhalt der Hummelsbütteler Feldmark e.V. haben deshalb Strafanzeige gegen den Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), die Senatoren für Umwelt und Stadtentwicklung sowie den Wandsbeker Bezirksamtsleiter Thomas Ritzenhoff (SPD) erstattet. Das Bezirksamt bekommt am heutigen Freitag das Verfahren wegen Bauens ohne Baugenehmigung von der Staatsanwaltschaft zugeleitet.
Die Naturschützer wollten den umgehenden Stopp der Erdarbeiten erreichen, die bereits im Vorfeld der Genehmigungen „irreversible Fakten in den Grüngebieten schaffen“. Die fraglichen Flächen in der Feldmark waren 2017 für den Wohnungsbau per Bürgerschaftsbeschluss aus dem Landschaftsschutz entlassen worden.
70 Einwendungen gegen den Bebauungsplan nicht abgearbeitet
„Unsere Beschwerden und Bedenken sind so lange ignoriert worden, dass wir uns nur noch mit einer Strafanzeige zu helfen wussten“, erklärte der Verein zum Erhalt der Hummelsbütteler Feldmark e.V. „Das hat im Amt jetzt offenbar ein Umdenken zur Folge gehabt.“ Über ihre Anwältin Kerstin Gröhn aus der Hamburger Kanzlei Klemm & Partner haben die Naturschützer Akteneinsicht beantragt. Das Bezirksamt erklärte dazu, zunächst fälschlicherweise angenommen zu haben, es werde lediglich an einer Erschließungsstraße für das westliche Baufeld mit den genehmigten Flüchtlingswohnungen gearbeitet. Die nochmalige Prüfung aufgrund der mit der Strafanzeige eingereichten Bilder habe dann gezeigt, dass im östlichen Baufeld gebaggert wurde. Daraufhin sei der Baustopp ergangen.
Während die Flüchtlingswohnungen noch mit den neuen Ausnahmetatbeständen im Baugesetzbuch ohne Bebauungsplan errichtet werden durften, gilt das für die 200 Sozialwohnungen am gleichen Standort nicht. Sie müssen auf herkömmlichem Weg genehmigt werden. Der dafür nötige Bebauungsplan ist aber noch nicht weit genug fortgeschritten.
Neben den Eingaben des Vereins zum Erhalt der Hummelsbütteler Feldmark gibt es im laufenden Planverfahren 70 Einwendungen gegen den Wohnungsbau im Grünen, die noch nicht abgearbeitet sind. Das Amt bestätigte Klemm & Partner, dass ein Bauantrag vorliege, aber noch nicht beschieden sei.