Altstadt. SPD und Grüne wollen Expressunterkünfte für Bedürftige öffnen – die CDU warnt aber vor sozialen Brennpunkten.

Wenn in den kommenden Monaten die ersten Flüchtlinge in die sogenannten Expresswohnungen einziehen, werden zu den neuen Bewohnern womöglich auch deutsche Wohnungssuchende gehören. Zumindest für das Projekt am Poppenbütteler Berg, wo auf bislang landwirtschaftlich genutzter Fläche 308 Wohnungen entstehen sollen, wollen SPD und Grüne in der Bürgerschaft jetzt den Weg für eine frühzeitige Durchmischung der Einwohnerschaft frei machen.

Mit ihrem Antrag wollen die Regierungsparteien das städtische Unternehmen „Fördern & Wohnen“ (F&W) „bei der Nutzung eigener Wohngebäude mehr Flexibilität“ ermöglichen, heißt es in der Begründung. Das Unternehmen solle nicht nur öffentlich-rechtliche Unterkünfte für Flüchtlinge betreiben können, „sondern Wohnungen auch an Inhaber von Wohnberechtigungs- oder Dringlichkeitsscheinen und auch frei auf dem Wohnungsmarkt vermieten können“.

Was auf den ersten Blick sinnvoll und weitsichtig klingt, ruft bei der Opposition Kritik hervor. „Wenn neben Flüchtlingen im Asylverfahren jetzt auch Inhaber von Wohnberechtigungs- bzw. Dringlichkeitsscheinen in den Großsiedlungen untergebracht werden sollen, verhindert dies eine echte Durchmischung“, kritisiert die stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Karin Prien. Gesunde Strukturen könnten nur erreicht werden, wenn bei der Belegung der Drittelmix eingehalten werde.

Union fürchtet die Entstehung neuer sozialer Brennpunkte

Prien bezieht sich damit auf das Wohnungsbauprogramm des Senats, das die Errichtung von bis zu 10.000 Wohnungen pro Jahr vorsieht. Die einzelnen Bauprojekte werden von den Bezirken allerdings nur genehmigt, wenn dort ein Drittel öffentlich geförderte und ein Drittel frei finanzierte Mietwohnungen sowie ein Drittel Eigentumswohnungen gebaut werden.

SPD-Fraktionschef Andreas Dressel verwies am Donnerstag darauf, dass neben Sozialwohnungsberechtigten in Poppenbüttel Familien und Senioren einziehen könnten. In Bergedorf, wo mehrere Hundert Expresswohnungen errichtet werden, könnten neben Flüchtlingen Studenten und Auszubildende wohnen. Ziel sei es, „Leerstand zu vermeiden“, sagte Dressel.

Die CDU-Politikerin Karin Prien sieht das anders. Sie fürchtet das Entstehen neuer sozialer Brennpunkte in Hamburg. „Inakzeptabel ist es, dass das bereits jetzt aufgeblähte städtische Unternehmen „Fördern & Wohnen“ mit der Gesetzesänderung zusätzliche Kompetenzen erhält und nun auch als Wohnungsvermieter fungieren soll.“ Sinnvoller wäre es, Wohnungen, die nicht für Flüchtlinge verwendet werden könnten, den jeweiligen Investoren zurückzugeben.

Die Wohnungswirtschaft verfolgt das Vorgehen aufmerksam

Das sei vorgesehen, sagt Dressel. „F&W“ zu erlauben, die Wohnungen anderweitig zu vermieten, sei lediglich eine Art Vorsichtsmaßnahme. Er hoffe, dass die jeweiligen Investoren im Falle eines Falles auch vor Ablauf der mit der Stadt geschlossenen Verträge in die Vermarktung des Wohnraums einsteigen würden. Hintergrund ist der Umstand, wonach die Stadt in den meisten Fällen Expresswohnungen nicht selbst baut, sondern die Immobilien für einen längeren Zeitraum – in der Regel für 15 Jahre – für die Unterbringung von Flüchtlingen anmietet.

Allerdings ist die Zahl der Flüchtlinge seit Anfang dieses Jahres deutlich zurückgegangen. Wurden Hamburg im Dezember 2015 noch 4065 Flüchtlinge zugewiesen, waren es im September 368. Damit ist der Unterbringungs­bedarf für Menschen mit dauerhafter Aufenthaltserlaubnis gesunken, auch wenn noch immer mehrere Tausend Flüchtlinge in Erstaufnahme- statt in Folgeunterkünften leben müssen.

In der Wohnungswirtschaft wird das Vorgehen von Rot-Grün mit Aufmerksamkeit verfolgt. Es sei eine große Herausforderung, ein Stadtviertel zu entwickeln, in dem neben mehreren Hundert Flüchtlingen wohnungslose Menschen untergebracht werden sollen, hieß es. Dressel verwies auf Hilfsmaßnahmen. Zudem sei nicht vorgesehen, dass „F&W“ anderen Wohnungsanbietern Konkurrenz mache.