Wandsbek . Das neue Konzept sieht zwölf Routen vor, die die maroden Radwege und die langsamen Velorouten ersetzen oder ergänzen sollen.

Wandsbek hat einen ersten Entwurf für ein Radwegekonzept vorgelegt. Es sieht insgesamt zwölf Routen (A-L) durch den 400.000-Einwohner-Bezirk vor. Sie sollen die vorhandenen, aber schlecht geführten und vielfach unterbrochenen Wege des bestehenden Veloroutennetzes ergänzen und den Radverkehr schneller, sicherer und nutzerfreundlicher machen.

Dafür wollen die Gutachter von „Argus Stadt- und Verkehrsplanung“ direktere Verbindungen zwischen den neuralgischen Punkten im Bezirk herstellen und zugleich die Konkurrenzen zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern minimieren. Einmal durch eine stärkere Trennung der Verkehre –, das reduziert die möglichen Reibungspunkte –, zum zweiten mit der Angleichung der Geschwindigkeiten – das verringert die Überraschungseffekte im Miteinander.

Vor allem sollen Radwege auf die Straße verlegt und Kreuzungsbereiche umgebaut werden, damit die häufigen Unfälle von Radlern mit Autofahrern an Einmündungen und Grundstückszufahrten besser vermieden werden können. Die Radwege sollen dabei ihren mittlerweile legendären Buckelpistencharakter verlieren und zu ebenen Bahnen werden. Ausdrücklich sehen die Planungen vor, Konflikte im Zweifelsfall zu Lasten des Autoverkehrs zu entschärfen.

Wandsbeker Marktstraße zweispurig, Walddörfer Straße Fahrradstraße

Es sind diverse Verkehrsberuhigungen, Fahrbahnverengungen und Geschwindigkeitsreduzierungen im Gespräch. Die rot-grüne Koalition im Bezirk will unter anderem eine durchgängige Reduzierung der Wandsbeker Marktstraße von derzeit sechs auf vier Spuren (zurzeit wechseln Sechs- und Vierspurigkeit einander ab). Außerdem könnte die parallel zur Bundesstraße 75 laufende Walddörfer Straße zur Fahrradstraße werden – in Teilabschnitten oder sogar auf ganzer Länge inklusvie des Stücks Berner Heerweg bis zur Kreuzung August-Krogmann-Straße. Das beinhaltete auch Zwangsabbieger für Autofahrer z. B. in Höhe Iversstraße/Bei der Hopfenkarre, so dass die Straße mit dem Auto dann nicht mehr durchgängig in beiden Richtungen befahrbar wäre. Die Alte Landstraße wird im Zuge ihrer Sanierung ohnehin von vier auf zwei Spuren zurückgebaut, der gewonnene Platz auf der Straße für einen Radweg genutzt.

Für den Anfang haben die Verkehrsplaner drei Korridore vorgeschlagen:

• Zwischen Friedrichsberg und Farmsen (Bahnhof Friedrichsberg, Stormarner Straße, Walddörfer Straße, Berner Heerweg, Kreuzung August-Krogmann-Straße, Bahnhof Farmsen),

• zwischen Wandsbeker Markt und Poppenbüttel (Wandsbeker Marktstraße, Wendemuthstraße, Lesserstraße, Haldesdorfer Straße, Fahrenkrön, Am Stühm Süd, Farmsener Weg, Anschluss an Veloroute 5) sowie

• zwischen Fuhlsbüttel und Duvenstedt (Alte Landstraße, Ulzburger Straße, Poppenbütteler Berg, Lemsahler Landstraße).

Für die Verengung der Wandsbeker Marktstraße sprechen die vielen Unfälle mit Radfahrerbeteiligung (63 in drei Jahren) und die Beschwerdelage: Sowohl der Fuß- als auch der Radweg werden als zu schmal empfunden. Dagegen sprechen Wirtschaftsbehörde, Polizei und CDU, die den Autoverkehr nicht beschränkt sehen wollen und Staus befürchten, obwohl die Straße ihre einst durchgängige Sechsspurigkeit längst verloren hat.

SPD und Grüne halten die Vierspurigkeit für realistisch, wenn zugleich der Parksuchverkehr auf der rechten Fahrspur unterbunden wird. Die Zuständigkeit für die Straße liegt aber nicht im Bezirk, die Verkehrsplaner müssten also die Landesbehörden ins Boot holen.

Vorfahrt für die Route nach Farmsen

Für die SPD Wandsbek hat der Korridor zwischen Friedrichsberg und Farmsen die höchste Priorität, die Route Wandsbek Markt – Poppenbüttel die niedrigste. „Weil wir da die Wirtschaftsbehörde überzeugen und Einigkeit mit den Kaufleuten am Wandsbeker Markt herstellen müssen, also sehr viel Abstimmungsbedarf haben“, sagt der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Lars Kocherscheid-Dahm. Sehr wichtig sei auch der Korridor Fuhlsbüttel - Duvenstedt, weil damit auch die lange überfällige Schulwegsicherung in Lemsahl und Duvenstedt einherginge.

Die CDU hält Radwege auf der Straße grundsätzlich für zu gefährlich. Unfälle zwischen Autos und Radlern seien weit folgenreicher als Unfälle von Radlern mit Fußgängern. Deshalb solle man lieber den Konflikt mit den Fußgängern aushalten als die Radler Unfall-Risiken mit Autos auszusetzen. Das gelte besonders für Ausfallstraßen wie die Wandsbeker Marktstraße und die Alte Landstraße, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Wandsbeker CDU-Fraktion, Heinz Seier. Er will lieber die bestehenden Radwege sanieren und ausbauen. Um die häufigen Unfälle an Einmündungen zu verhindern, sollten die Radler kurz vorher auf die Straße geführt und nach Querung der Kreuzung wieder auf den Radweg zurückgeleitet werden. Für die Planer von „Argus“ entspricht das nicht mehr dem Forschungsstand zur Unfallvermeidung.

CDU hat nichts gegen eine Fahrradstraße Walddörfer Straße

Gegen die Einrichtung einer Fahrradstraße insbesondere in der Walddörfer Straße hat die Union nichts. „Dann gibt es ja keinen Vorrang mehr für die Kraftfahrzeuge, in der Regel Tempo 30, und der Lkw-Verkehr wird aus der Straße herausgenommen“, sagte Seier, „dann ist das für Radler auch nicht mehr gefährlich.“ Es müsse allerdings geklärt werden, wo die Autos bleiben sollen, die dann die Walddörfer Straße meiden.

Als Problemfeld haben die Gutachter die Fahrradparkplätze ausgemacht. Am Wandsbeker Markt wollen sie dem häufigen Mangel mit einem Fahrradparkhaus („Fahrradstation“) begegnen. Gleiches könnte am Bahnhof Wandsbek-Gartenstadt geschehen, zumal der Ostpreußenplatz vor dem Bahnhof neu gemacht wird. Ansonsten setzen die Planer auf viele kleine Schritte.

Dazu gehört auch die Beschilderung: Angaben zu Zielstadtteilen, Routennummern und Entfernungen sollen in Ergänzung mit Richtungspfeilen die Wege weisen.

Radler-Routen sollen Spaziergängern helfen

Im bestehenden Veloroutennetz sollen diverse Verbindungen geglättet werden. In der Diskussion sollen auch die sich häufenden amtlichen Eingaben von Spaziergängern behandelt werden. Immer wieder laufen Beschwerden über Rad-Raser auf, die in Parkanlagen auf Spazierwegen in großer Eile an den oft älteren Fußgängern vorbeirauschen und gelegentlich auch noch durch forsche Sprüche auffallen. Die Erbitterung der Spaziergänger, die ihre Wege zwar teilen, aber nicht abgeben wollen, wächst. Das neue Radwegekonzept könnte da helfen, weil es mit seinen schnellen Verbindungen die Grünanlagen entlasten wird.

Eine wesentliche Crux des Gutachtens steht im Ausblick auf die nächsten Schritte: Das Radwegekonzept muss erst noch politisch beraten und beschlossen, dann seine Finanzierung gesichert werden. Dem würden die „Feinplanung“ und die „Ausführungsplanung“ folgen, was derzeit gern mal Jahre dauert. Schon die drei ersten Routen würden nach derzeitigen Berechnungen erst 2018 fertig werden können, die Alte Landstraße eher 2019. Übrig blieben dann noch neun weitere Routen.