Hamburg. Die Spenden der Abendblatt-Leser kommen in die Unterkunft nach Jenfeld. Dort war die Krätze ausgebrochen.

Lisa Berding und Sibylle Weingart stehen in einer riesigen Halle im achten Stock von Haus 5 auf dem Gelände des Otto-Versands. Im Arm haben die beiden Frauen Hemden, T-Shirts und Jacken, die sie – der Größe nach – auf verschiedene Kartons verteilen. Einer ist gerade voll. Sören Wendt eilt hinzu, klebt einen Zettel drauf, „Damen, Hosen, Gr. M“, und wuchtet ihn auf einen großen Stapel, der in einer Ecke steht.

Der Medienpädagoge und die beiden Mitarbeiterinnen des Otto-Versands gehören zu den jeweils 50 Freiwilligen, die sich für gestern und heute zum Sortieren der Abendblatt-Spenden gemeldet haben. Noch etwa ein Drittel der insgesamt 60 Tonnen Hilfsgüter lagert in der vom Otto-Tochterunternehmen Hermes zur Verfügung gestellten Lagerhalle in Bramfeld. Mit Textilien gefüllte Plastiksäcke türmen sich zu einem bunten Haufen, drumherum lagern – nach Artikeln sortiert – Kisten mit Duschgel, Zahnpasta, Windeln und Säuglingsnahrung, daneben Schuhe und Kinderfahrräder, Fußbälle, Spielsachen, Koffer und Babykarren.

Momentan konzentrieren sich die Freiwilligen auf das Sortieren von Schuhen, Bekleidung, Handtüchern und Bettwäsche. Diese sollen am Sonnabend an die Flüchtlinge der Zeltunterkunft Jenfelder Moorpark ausgeteilt werden. Dann nämlich erhalten diese das Krätze-Medikament Ivermectin, das endlich aus Frankreich eingetroffen ist. Die eigens für die Verwendung in Sammelunterkünften hergestellten Tabletten sind in Deutschland nicht erhältlich und mussten über eine internationale Apotheke bestellt werden. „Wahrscheinlich wurde eine Zulassung nicht beantragt, weil es hier bislang keine großen Unterkünfte gab“, vermutet Susanne Schwendtke, Sprecherin des Unterkunft-Betreibers „Fördern & Wohnen“. Im Jenfelder Moorpark waren Anfang August rund 85 Flüchtlinge erkrankt. Um die Krankheit nachhaltig bekämpfen zu können, müssen alle 700 Flüchtlinge das Medikament einnehmen und hinterher ihre Bekleidung sowie Handtücher und Bettwäsche austauschen.

Tausende bei Abendblatt-Spendenaktion

Die Hamburger gaben am Montag bis zum Abend Tausende Spenden ab
Die Hamburger gaben am Montag bis zum Abend Tausende Spenden ab © Michael Rauhe | Michael Rauhe
Die Schwestern Hannah (l.), 20, und Anne Jagusch, 18, kamen aus Volksdorf, um unter anderem Kleidung zu spenden
Die Schwestern Hannah (l.), 20, und Anne Jagusch, 18, kamen aus Volksdorf, um unter anderem Kleidung zu spenden © Andreas Laible
Auch Abendblatt-Redakteur Daniel Herder half mit und hatte sichtlich Spaß dabei
Auch Abendblatt-Redakteur Daniel Herder half mit und hatte sichtlich Spaß dabei © Ralf Nehmzow
Auch Chefredakteur Lars Haider (Mitte) packte mit an
Auch Chefredakteur Lars Haider (Mitte) packte mit an © Ralf Nehmzow
Die ersten voll beladenen Lkw fuhren am Mittag vom Hamburger Abendblatt zur Flüchtlingshilfe der Luthergemeinde in Bahrenfeld
Die ersten voll beladenen Lkw fuhren am Mittag vom Hamburger Abendblatt zur Flüchtlingshilfe der Luthergemeinde in Bahrenfeld © Miguel Brusch
Die Luthergemeinde unterstützt unter anderem die Zentrale Erstaufnahme in der Schnackenburgallee
Die Luthergemeinde unterstützt unter anderem die Zentrale Erstaufnahme in der Schnackenburgallee © Miguel Brusch
Migranten vor einem Lagerraum der Flüchtlingshilfe in Bahrenfeld
Migranten vor einem Lagerraum der Flüchtlingshilfe in Bahrenfeld © HA/ | Miguel Brusch
Til Schweiger hatte im Vorfeld bei Facebook zur Teilnahme aufgerufen
Til Schweiger hatte im Vorfeld bei Facebook zur Teilnahme aufgerufen © Miguel Brusch
Die Spenden werden in Lkw geladen
Die Spenden werden in Lkw geladen © Miguel Brusch
Tüten voller Spenden wurden abgegeben
Tüten voller Spenden wurden abgegeben © Miguel Brusch
Die meisten Menschen spendeten Kleidung
Die meisten Menschen spendeten Kleidung © Miguel Brusch
Aber auch Koffer, Spielzeug und Kinderwagen brachten die Menschen vorbei
Aber auch Koffer, Spielzeug und Kinderwagen brachten die Menschen vorbei
Die Schlange reichte teilweise bis auf die Straße
Die Schlange reichte teilweise bis auf die Straße © HA/ | Miguel Brusch
Von 11 bis 19 Uhr sammelt das Hamburger Abendblatt Spenden für Flüchtlinge
Von 11 bis 19 Uhr sammelt das Hamburger Abendblatt Spenden für Flüchtlinge © HA | Miguel Brusch
Dringend benötigt werden Kleidung, Bettwäsche, Turnschuhe, Regenjacken und Regenschirme, Koffer, Kinderwagen, Fahrräder, Säuglingsnahrung, Fußbälle, Hygieneartikel und vieles mehr
Dringend benötigt werden Kleidung, Bettwäsche, Turnschuhe, Regenjacken und Regenschirme, Koffer, Kinderwagen, Fahrräder, Säuglingsnahrung, Fußbälle, Hygieneartikel und vieles mehr © HA | Miguel Brusch
Bürger, die solche Artikel spenden wollen, können diese in der Passage des neuen Redaktionsgebäudes am Großen Burstah 18–32 (zwischen Rathaus und Rödingsmarkt) abgeben
Bürger, die solche Artikel spenden wollen, können diese in der Passage des neuen Redaktionsgebäudes am Großen Burstah 18–32 (zwischen Rathaus und Rödingsmarkt) abgeben © HA | Miguel Brusch
Die Hilfsgüter sollen noch am selben Tag zu den Flüchtlingsinitiativen gebracht werden, die sich um die Bewohner der großen Zentralen Erstaufnahmen kümmern
Die Hilfsgüter sollen noch am selben Tag zu den Flüchtlingsinitiativen gebracht werden, die sich um die Bewohner der großen Zentralen Erstaufnahmen kümmern © HA | Miguel Brusch
Bereits vor dem offiziellen Start um 11 Uhr waren rund 80 Menschen gekommen
Bereits vor dem offiziellen Start um 11 Uhr waren rund 80 Menschen gekommen © HA | Miguel Brusch
Und wenig später ...
Und wenig später ... © Miguel Brusch
...bildeten sich schon lange Schlagen
...bildeten sich schon lange Schlagen © Miguel Brusch
Die Flüchtlingszahlen in Hamburg steigen immer weiter an
Die Flüchtlingszahlen in Hamburg steigen immer weiter an © Miguel Brusch
Zuletzt kamen bis zu 300 Flüchtlinge pro Tag in die Hansestadt
Zuletzt kamen bis zu 300 Flüchtlinge pro Tag in die Hansestadt © Miguel Brusch
Aufgrund der großen Spendenmenge wurden weitere Lager aufgemacht
Aufgrund der großen Spendenmenge wurden weitere Lager aufgemacht © HA | Miguel Brusch
Unzählige Kinderwagen und Fahrräder wurden abgegeben
Unzählige Kinderwagen und Fahrräder wurden abgegeben © HA | Miguel Brusch
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Vieles, das sie erhalten werden, geht gerade durch die Hände der Freiwilligen, die auf die Sortieraktion durch Aufrufe von Abendblatt, Otto-Versand und dem Jugendzentrum Jenfeld aufmerksam geworden sind. Manche haben sich für Zwei-, andere für Fünf-Stunden-Schichten eingetragen, wie etwa Maike Hinrichsen aus Barmbek. „Ich habe gerade Urlaub und möchte etwas Sinnvolles für Flüchtlinge tun“, sagt sie. Das will auch der Arbeitgeber von Dorothea Wientrapper, die Pressefoto-Agentur ddp images. „Wenn wir Kollegen uns für Flüchtlinge engagieren, wird uns das als Arbeitszeit angerechnet“, so die Buchhalterin aus ­Hoheluft. Egon Ludwig aus Blankenese macht gerade ein Sabbatjahr. „Jetzt soll es mal nicht um mich, sondern um andere gehen“, sagt der Ingenieur, der sich gleich zwei Tage hintereinander in Bramfeld und danach für eine Flüchtlingsunterkunft in seiner Nähe engagieren will. Otto-Mitarbeiter Marco Küster hat bereits in der Erstaufnahme in den Messehallen geholfen. „Ich habe ein Regal gekauft und dort aufgebaut“, sagt er.

Judith von Zengen, Mitarbeiterin der Abendblatt-Geschäftsführung, hat sogar eine Woche ihres Urlaubs geopfert, um sich um die Spenden in der Hermes-Halle zu kümmern. Gerade steckt sie einen der 2000 Kartons zusammen, die von der Firma Werner Kürsten gespendet wurden. „Es ist toll, dass so viele Hamburger helfen“, sagt ihre elfjährige Tochter Johanna. Für sie war es selbstverständlich, ebenfalls einen Teil ihrer Ferien für die Flüchtlingshilfe zu opfern.