Als ungerecht und unnötig kritisiert die Linke die HVV-Preiserhöhung. Auch die Wandsbeker FDP moniert die steigenden Preise als unsozial. Die SPD hielt zwar dagegen, verlor aber die Abstimmung in der Bezirksversammlung.

Wandsbek „Opposition ist Mist“, sagte schon der olle Franz Müntefering, seinerzeit der Leitstern deutscher Sozialdemokratie. Aber manchmal feiert sie auch Feste und hängt siegestrunken auf dem Abgeordnetengestühl, glücklich und fassungslos zugleich. Dann hat sie Goliath besiegt.

Mit solider Offensivleistung wetterte die Links-Partei in der Wandsbeker Bezirksliga bzw. -versammlung gegen die turnusmäßige HVV-Preiserhöhung zum Jahreswechsel. Warum jedes Jahr? Warum jedes Jahr mehr als den Inflationsausgleich? Warum überhaupt, wenn der HVV doch mit gut 80 Prozent einen Kostendeckungsgrad erreicht, der deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt und die Fahrgastzahlen steigen? Warum, und jetzt, wo die Frage der Gerechtigkeit berührt ist, wird es politisch, warum den ohne Auto dahin siechenden Schwachen wieder und wieder in die Tasche greifen?

Die SPD, die Müntefering recht gab und deshalb regiert, ließ das nicht auf sich sitzen. Was gut ist, darf auch was kosten, erklärte eine der ihren unter großem Beifall aus den eigenen Reihen. Und wer mehr HVV will, der muss auch mehr bezahlen. Schließlich wird der Schwache ja dafür auch befördert. Oder so ähnlich. Jedenfalls war alles gut.

Die FDP, in zahllosen Abstimmungsniederlagen geschunden und in Wandsbek nach dem Parteiaustritt von Frau Canel auf eine einzige Helga Daniel zusammen geschnurrt, wägte ganz neutral die Argumente von links und ganz links und entschied dann überraschend, dass die Opposition Recht hat. (Das heran nahende Ende stimmt die Menschen vielfach milde, so dass sie ihr Herz sprechen lassen.) Jetzt waren sie schon fünf im Kampf gegen den Rest.

Die CDU wägte auch, kam aber zu keinem Ergebnis. Ähnlich äußerten sich die Grünen, die zwar das mit dem Geld nicht so gut fanden, aber andererseits gern bei Müntefering mitfahren wollten. Das roch nach Enthaltung oder Schlimmerem, die Abstimmung schien gelaufen. 23 Sozialdemokraten gegen vier linke Geldausgeber und eine Gutmenschin mit Wirtschaftsprofil. Im Stadion würde man jetzt abhauen und das Auto suchen.

Aber die SPD wollte nicht siegen. Sie wollte versöhnen und enthielt sich der Stimme. Auch Grüne und Christdemokraten waren für Frieden und stimmten mit „weiß nich“. Und so bissen sich Linke und Liberale durch. „Oh, der Antrag ist ja beschlossen!“ wunderte sich das Präsidium (SPD) nach Auszählung aller Enthaltungen.

Jetzt wird der gedemütigte Bezirks-Goliath gezwungenermaßen in Richtung Senat taumeln und ihn bitten, die HVV-Preise nicht zu erhöhen. Die Ratsherren werden sich zurücklehnen, die Stirn in Falten ziehen und lange überlegen. Während dessen kann der Bezirk ihnen ein „lasst man, wir meinen das gar nicht so“ zuraunen, um seinen Fehler wieder gut zu machen. Dann wird der Senat sich ins Unvermeidliche fügen und mit großem Bedauern etwas für seine Einnahmenseite tun.