Trotzdem bleiben sie bei ihrer Forderung: Die 400 zusätzlichen Flüchtlinge auf dem ehemaligen Schulgelände lehnen sie ab. Gegenüber wohnen bereits 346 Flüchtlinge. Das sei genug für den Stadtteil.

Farmsen. Der Bürgerverein und viele Anwohner der beiden Farmsener Flüchtlingsheime mit insgesamt 750 Plätzen haben sich von dem rechtslastigen Aufruf zur Demonstration gegen die Unterbringung vor ihren Haustüren distanziert. „Der Anwohner-Protest gegen die große Ballung an einem Standort ist berechtigt, aber wir möchten natürlich nicht Rechtsradikalen zuarbeiten“, sagte der Bürgervereinsvorsitzende Hans-Otto Schurwanz. Anwohnerin Susanne Jaehdeke: „Wir wollen keine Aufmarsch linker und rechter Radikaler und haben auch nie damit gerechnet, dass das solche Formen annehmen könnte.“

Der als rechtsextrem eingestufte Andreas Schacht hat für Donnerstag eine Demonstration gegen die Flüchtlingsheime angemeldet und auf seiner Facebookseite bereits mehr als 100 Zusagen von Unterstützern verbucht. Die extreme Linke hat eine Gegendemonstration angekündigt. Am Donnerstag tagt der Farmsener Regionalausschuss, dem Sozialstaatsrat Jan Pörksen darlegen will, warum die Unterbringung Flüchtlinge in Farmsen nötig ist. Der Ausschuss wird in der Pausenhalle des Gymnasiums Farmsen voraussichtlich unter Polizeischutz zusammen kommen.

An der August-Krogmann-Straße sind 346 Flüchtlinge befristet bis März 2016 untergebracht worden. Damit sollte es sein Bewenden haben, doch wegen der stark anwachsenden Flüchtlingsströme kündigte die Sozialbehörde an, die 346 Flüchtlinge nach dem März 2016 unbefristet in einem Neubau nebenan unterbringen zu wollen und griff zu, als gegenüber der Investor auf dem ehemaligen BFW-Gelände ein leer stehendes ehemaligen Schulungsgebäude für 400 weitere Flüchtlinge anbot. Der runde Tisch in Farmsen, bemüht um die Integration der Neuankömmlinge, wurde vor vollendete Tatsachen gestellt.

Das hatte vor Ort für massive Verärgerung gesorgt. Außerdem gibt es immer wieder Stimmen in Farmsen, die ohne jeden Beweis Diebstähle im Einkaufzentrum und Einbrüche in Reihenhäuser den neuen Nachbarn zuschreiben.

In seinem Demonstrationsaufruf hat Schacht zum „Widerstand“ aufgerufen und versucht, aus dem Satz „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ das Recht des Bürgers auf freie Auswahl seiner Nachbarn herzuleiten. Dieses Recht hätten Behörden und Politik ignoriert, so Schacht. Mit dieser Argumentation wollen viele Farmsener aber nichts zu tun haben. Zu Hause bleiben wollen sie am Donnerstag aber auch nicht. „Wir möchten schon unsere Meinung kundtun“, sagte Jaehdeke.

Schurwanz forderte die Bürger auf, die Unterschriftenaktion des Bürgervereins zu unterstützen, die eine Unterbringung der 400 zusätzlichen Flüchtlinge an einem anderen Standort fordert. Warum Schacht sich an die Spitze der Bewegung setzen konnte, wussten aber weder Schurwanz noch Jaehdeke zu sagen. „Ich selbst hätte sicher nie eine Demo angemeldet und nur weiter vor mich hin gemeckert“, sagte Jaehdeke, „ich war wie vom Donner gerührt, als ich den ersten Artikel über unseren Protest in der Zeitung las.“