Wegen der drohenden Schließungen von Einrichtungen der offenen Kinder und Jugendhilfe hatten die Bezirke eine Abordnung zum Sozialsenator geschickt. Doch was Scheele ihnen erzählte, erwies sich als nicht belastbar.

Hamburg. Jetzt soll ein Brandbrief die Wende bringen. Das direkte Gespräch mit Sozialsenator Detlef Scheele in der Spardebatte um die Offene Kinder und Jugendarbeit war eine Pleite, befanden die Wandsbeker im Jugendhilfe-Ausschuss. Der Senator habe sich beim Krisentreffen mit den Vertretern der sieben bezirklichen Jugendhilfe-Ausschüsse „zumindest sehr irreführend“ geäußert, befanden die Vertreter der freien Jungendhilfe-Träger und die CDU. Sie meinten: Scheele sei am Rande der Lüge entlang geschrammt.

Es geht um die Tarifverstärkungsmittel. Sie fangen die Kostensteigerungen bei Gehältern auf, die durch Tariferhöhungen in den Einrichtungen der Jugendhilfe entstehen. Sie sind für 2013 und 2014 gestrichen worden mit dem Effekt, dass in den Jugendzentren der Freien Träger Gehaltserhöhungen für feste Mitarbeiter Honorarkürzungen bei freien Mitarbeitern nach sich ziehen. In Eimsbüttel gibt es einen Bauspielplatz, der im Monat noch 10 Euro für Sachkosten ausgeben kann, der Jugendclub Hörgensweg kann im ganzen Jahr 2013 noch 1000 Euro für Honorare und und 1000 Euro für Material ausgeben.

Die SPD zeigte wenig Verständnis für die Empörung. „Es sind ja tatsächlich Tarifverstärkungsmittel gezahlt worden“, sagte der jugendpolitische Sprecher der Wandsbeker SPD-Fraktion, Marc Buttler. Nur habe der Senator eben nicht gesagt, für welches Jahr und für welche Bediensteten.

„So etwas können wir nicht einfach stehen lassen“, sagte Hans Berling von der „Jenfelder Kaffeekanne“. „Das Ansinnen der Vorsitzenden im Krisentreffen bei Scheele war es ja, dass wieder Tarifverstärkungsmittel für freie Träger gezahlt werden. Und da hat der Senator die Bezirksvertreter einfach auflaufen lassen.“ CDU-Fraktionsvize Franziska Hoppermann sprach von einem bewussten Täuschungsmanöver. In den bezirklichen Jugendhilfe-Ausschüssen haben neben den Parteien auch die Vertreter der Freien Träger und der Sportjugend Rede- und Stimmrecht.

Nach Einschätzung der Bezirke führt diese auch für die nächsten Jahre geplante Politik ab 2015 zu regelmäßigen Schließungen von Jugendzentren oder anderen Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendhilfe. In der offenen Arbeit wird zugunsten der verbindlichen Angebote, für die Kinder sich vorher anmelden müssen, gespart. 2013 waren es 10 Prozent. Rechnet man die Einbuße durch ausgebliebene Tarifverstärkungsmittel hinzu, kommen noch einmal gut 5 Prozentpunkte dazu. Deshalb hatten die Vorsitzenden der sieben bezirklichen Jugendhilfe-Ausschüsse Scheele um ein Krisengespräch gebeten.

Im gemeinsamen Meeting überraschte der Senator dann jedoch mit dem Hinweis auf längst erfolgte Zahlungen. Seinen bezirklichen Gegenspielern entging dabei, dass sich der Senator auf das Jahr 2012 bezog und im Übrigen von Tarifverstärkungsmitteln sprach, die für behördliche Mitarbeiter, nicht aber für Angestellte freier Träger gezahlt wurden. Über den eigentlichen Verhandlungsgegenstand hatte der Senator also gar nichts gesagt, bei seinen Gegenübern aber offenbar den Eindruck erweckt, längst alles zum Besten gerichtet zu haben.

Natürlich hätte es gerade für einen sozialen Senator nahe gelegen, über das Thema zu sprechen, das die bezirklichen Vertreter auf dem Herzen hatten. In Ermangelung der richtigen Nachfragen konnte Scheele die Gelegenheit jedoch verstreichen lassen. Laut Sozialbehörde brachte er das Gespräch mit „einigen erklärenden Ausführungen in angenehmer Atmosphäre“ unbeschadet zu Ende. Dabei mag es ihm geholfen haben, dass bis auf eine Grüne alle seine Gesprächspartner Sozialdemokraten waren.

Es wird erwartet, dass erst nach den Bezirkswahlen am 25. Mai Entscheidungen fallen. In Wandsbek läuft eine Evaluierung der Einrichtungen. Mitte des Jahres muss – schon wegen etwaiger Kündigungsfristen für Mitarbeiter und Gebäude – klar sein, ob das Geld 2015 noch reicht bzw. welche Einrichtungen schließen müssen.

SPD-Mann Buttler wies darauf hin, dass Wandsbek und Bergedorf bisher die einzigen Bezirke seien, die je Tarifverstärkungsmittel beantragt hätten. Die anderen Bezirke wussten davon offenbar nichts und kamen folglich auch nicht in den Genuss entsprechender Zahlungen. „So etwas stärkt natürlich nicht gerade unsere Verhandlungsposition beim Senator“, sagte Buttler. Die Wut der freien Träger konnte er damit nicht herunterkühlen. Sie wollen jetzt zusammen mit CDU, FDP und Linkspartei ihre Mehrheit in Wandsbek nutzen, um im Namen des gesamten Ausschusses schriftlich bei Scheele zu protestieren. Wer schreibt, kann schließlich kaum überrumpelt werden.