Verlassen, versiegelt und trotzdem bewohnt – Obdachlose haben das denkmalgeschützte Torhaus Eichtalpark für sich erobert und übel zugerichtet. Jetzt wollen Wandsbeker Bürger das Kleinod wieder herrichten.

Wandsbek Es stinkt. „Herren“ steht über der Tür unter dem Arkadengang. Die Kloschüssel ist voll. Auf dem Boden Berge von Kippen, leere Bierflaschen, abgebrannte Teelichter und ein Billiggrill vom Baumarkt. In der Nische ein Schlafsack. Von den Wänden bröckelt Putz. Die Decke ist feucht. Der oder die Bewohner sind ausgeflogen.

Das Gebäude ist denkmalgeschützt und gehört der Stadt. 1926 wurden die Arkaden als Eingang in den neuen Eichtalpark gebaut. Von Park und Straßenseite aus zugänglich wurde eine öffentliche Bedürfnisanstalt integriert. Flankiert ist das Torhaus von zwei edlen Sandstein-Sphingen, die schon im 18. Jahrhundert an der Wagenauffahrt zum Hamburger Palais von Heinrich Carl Schimmelmann wachten. Die Witwe des Gutsherrn zu Wandsbek verschenkte die Kleinodien, die dann durch viele Hände gingen und schließlich beim Lederfabrikaten Luetkens landeten, der sie der Stadt für den neuen Park stiftete.

Erst 2007 wurden die Figuren grundlegend saniert, und auch das Torhaus wurde instand gesetzt. Jetzt verfällt es. Die zugewucherten Regenrinnen versagen den Dienst, das Wasser dringt ins Mauerwerk, die Fenster sind marode. Der Eigentümer kümmert sich nicht und der derzeitige Bewohner geht offensichtlich wenig sachgerecht mit der Restsubstanz um.

Sigrid Curth von der Wandsbeker Geschichtswerkstatt entdeckte die neue Nutzung. „Der Knauf der Tür wurde abgeschraubt, der Vierkant für das Schnappschloss freigelegt. So konnten der oder die obdachlosen Neubewohner mit einem Schraubenzieher auf und zuschließen.“ Leicht flau war es ihr, als sie, vom Amt befugt und mit dem Schlüssel ausgestattet, in die übel zugerichtete Bedürfnisanstalt trat. „Zum Glück war niemand zu Hause“, sagt sie. Für alle Fälle war auch Rainer Schünemann mitgekommen, 1. Vorsitzender des „Verein Kulturzentrum Wandsbek e.V.“ und SPD-Fraktionsvize im Bezirk Wandsbek.

Hinnehmen wollte sie den drohenden Verlust des Wandsbeker Denkmals beide nicht. „Es wäre ein Jammer um das wunderschöne Backsteingebäude! Der Stadtteil könnte es so gut für Veranstaltungen und Feste im Park gebrauchen!“ sagt Curth. Sie will das Haus für das Stadtteilzentrum „Kulturschloss Wandsbek“, die Geschichtswerkstatt oder eine andere interessierte gemeinnützige Institution gewinnen. „Das Haus muss genutzt werden. Das würde den Park interessanter machen und nebenbei den Wandse-Grünzug stärker ins Bewusstsein der Hamburger rücken“, sagt Curth.

Sie kämpfte, bis der Eigentümer des Denkmals sich outete. Curth brauchte mehrere Nachfragen bei Behörden und Ämtern, bis der Verwaltungsapparat geschlossen auf das Bezirksamt Wandsbek zeigte. Eigentum verpflichtet. Die Unterhaltungskosten drücken schon, bevor sie auflaufen. Das Amt nutzt das Torhaus schon lange nicht mehr. Es seien deshalb „keine regelmäßigen Kontrollen erfolgt“, sagt Bezirksamtssprecherin Lena Voß. Nach Schließung der öffentlichen Bedürfnisanstalt fungierte der Klinkerbau noch als Gerätehäuschen der Gartenbauer, dann wurde es geräumt und notdürftig gegen unbefugte Nutzung gesichert.

„Jetzt muss sich das Amt entscheiden“, sagt Curth. „Wenn nicht schnell etwas passiert, verrottet das Gebäude. Schwamm droht. Das Dach ist undicht.“ Curth ist bereits mit einem Architekten im Gebäude gewesen. Sie denkt, dass man mit 50.000 Euro für die Herrichtung auskommen könnte.

Die Sprinkenhof hatte den Aufwand vor Jahren auf das Doppelte geschätzt. Zu den 50 Quadratmetern Nutzfläche im Haus kommt die etwa 150 Quadratmeter große Außenanlage hinzu. Curth verweist auf zugesagte Hilfen vom Denkmalverein und dem Bürgerverein Wandsbek. Außerdem könne ein neuer Nutzer auch Renovierungen in Eigenleistung erbringen.

Als Vorbilder nennt Curth die „Millerntorwache“ des Hamburg Museums, das „Bürgerhäuschen Eppendorf“ in der Martinistraße und die „Bedürfnisanstalt“ in der Altonaer Bleickenallee. Mithilfe der Stadt oder Stiftungen konnten die Gebäude hergerichtet und einem gemeinnützigen Träger übergeben werden. Sie organisieren jetzt kulturelle Events wie Lesungen, Ausstellungen, Theater oder Performances, bieten es Schulen als Klassenzimmer im Grünen (Bürgerhäuschen) an oder vermieten für Privatveranstaltungen unter.

Rainer Schünemann, 1. Vorsitzender des „Verein Kulturzentrum Wandsbek e.V.“, dem Träger des Kulturschlosses Wandsbek, und 2. Vorsitzender der Wandsbeker SPD-Fraktion, will sich für das Denkmal stark machen. „Mit dem Bewohner des Torhauses wurde bereits Kontakt aufgenommen. Er hat Gelegenheit bekommen, seine Sachen zu holen.“ Das Amt hat ihm keine neue Bleibe angeboten. Es kenne den Bewohner gar nicht, erklärte es. Aber das Gebäude habe man wieder gegen unbefugtes Betreten gesichert und die zugewachsenen Dachrinnen wolle man säubern.

In der nächsten Sitzung des Finanzausschusses der Bezirksversammlung ist das Torhaus Thema. Die Suche nach Geld für die Rettung des Denkmals hat begonnen.