Sturmtief mit Böen von Windstärke 12, eine Flut so stark wie 1962 und Polarluft. Der amerikanische Wetterdienst sagt auf dem Meer bis zu zehn Meter hohe Wellen voraus.
Hamburg. Niklas Weise muss passen. Als der Meteorologe vom Hamburger Institut für Wetter- und Klimakommunikation (IWK) am Dienstagnachmittag nach einem Satellitenbild vom Sturmtief „Xaver“ gefragt wird, meint er: Noch sei davon nichts zu sehen, schließlich werde das Tief sich erst in der Nacht zu Mittwoch bei Neufundland entwickeln.
Allerdings, die moderne Wetterforschung macht es möglich, können Meteorologen schon jetzt berechnen: Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird es in den kommenden beiden Tagen im Norden Europas heftig zugehen. Von Neufundland kommend wird „Xaver“ am Donnerstag Norwegen und wenig später den Norden Deutschlands erreichen. In Hamburg drohen Sturmböen der Stärke zehn, draußen auf der Nordsee könnte es sogar Stärke zwölf werden. Der amerikanische Wetterdienst sagt auf dem Meer bis zu zehn Meter hohe Wellen voraus.
Die Wetterlage der kommenden beiden Tage lässt in Hamburg ungute Erinnerungen an den Februar 1962 wach werden. Auch damals gab es starken Wind aus Nordwest, der über längere Zeit anhielt. Am Ende wurde der Druck so groß, dass es an der deutschen Nordseeküste zu einer Flutkatastrophe kam. In Hamburg brachen Deiche, Wilhelmsburg wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen, 315 Menschen starben in den Fluten.
Davon sind Hamburg und die norddeutschen Küsten heute weit entfernt. Nicht zuletzt als Lehre aus dieser Katastrophe wurden in den vergangenen Jahren viele Hundert Millionen Euro in Ausbau, Erhöhung und Sicherung der Deichanlagen gesteckt. Anfragen bei Feuerwehr und Katastrophenschutz ergaben am Dienstag, dass man die Wetterentwicklung zwar beobachte, aber bislang eine Unwetterwarnung nicht vorliege.
Auch die Meteorologen räumen ein, dass sie ihre Vorhersagen bislang auf Auswertung von Messdaten und Berechnungen stützen. Allerdings antwortete Experte Weise auf die Frage, ob der Orkan auch ausbleiben könnte, diese Wahrscheinlichkeit liege bei unter 0,1 Prozent.
Ungewöhnlich für die Jahreszeit wird der Orkan nicht sein. In der Sturmsaison gebe es einen alltäglichen Kampf zwischen sehr kalten polaren Luftmassen über Grönland und milden Luftmassen über dem mittleren Nordatlantik, sagt Weise. An deren Grenze können Orkantiefs entstehen. Entscheidend für deren Intensität ist der Luftdruckunterschied. Je größer dieser ist, desto höher sind die Windgeschwindigkeiten.
Entscheidend für die Schäden, die so ein Orkantief anrichten kann, ist aber nicht nur seine Intensität, sondern auch seine Dauer. Beim Sturmtief „Christian“, das Ende Oktober über Nordeuropa hinwegzog, lagen die Windgeschwindigkeiten in der Spitze bei fast 200 Stundenkilometern. „Allerdings war ,Christian‘ in sechs Stunden durchgezogen“, sagt Weise.
Damit ist bei „Xaver“ nicht zu rechnen. Im Verlauf des Donnerstagnachmittags werden die Windgeschwindigkeiten im Norden Deutschlands rasch zunehmen, sagt das IWK voraus. „An der deutschen Nordseeküste können Böen bis 160 Stundenkilometern auftreten.“ In Schleswig-Holstein und Niedersachsen kann es Böen mit 140 Stundenkilometern geben, in Hamburg mit bis zu 120 Stundenkilometern.