Hamburg. Das Experiment hilft zu verstehen, dass Hamburg noch lange nicht barrierefrei ist. Zum Glück gibt es den HafenCity Run am 1. Juni.
Kürzlich traf ich Niko Classen, den Partner der Parakanutin Edina Müller, der mir erzählte, dass auch er sportlich erfolgreich ist: in der 2. Bundesliga im Rollstuhlbasketball. Ein entscheidender Unterschied zu seiner querschnittsgelähmten Frau: Classen hat keine Einschränkungen. Vor 25 Jahren reizte ihn, der lange „normal“ Basketball spielte, der Perspektivwechsel.
Genau das sollten wir alle mal probieren – denn ein Perspektivwechsel, sei es, mit verbundenen Augen mit einem Stock durch eine bekannte Straße zu gehen oder mit dem Rollstuhl eine Abenteuerreise mit dem HVV anzutreten, lohnt sich.
Barriefrefreiheit: Vor allem E-Roller bergen hohes Unfallrisiko für blinde Menschen
Dabei zeigt sich, dass Hamburg zwar nicht das Schlusslicht in Sachen Barrierefreiheit ist, aber noch viel gemacht werden muss. Vor allem die E-Roller und die vielen Baustellen in der City bergen gerade für Sehbehinderte ein hohes Unfallrisiko. Und jeder Autofahrer, der sich nur „mal schnell“ zum Einkaufen auf einen Behindertenparkplatz stellt, sollte meines Erachtens gezwungen werden, mindestens eine Woche lang mit einem Alterssimulationsanzug durch die Gegend zu gehen.
Auch der ermöglicht übrigens einen Perspektivwechsel: Er gibt die Möglichkeit, die typischen Einschränkungen älterer Menschen auch für Jüngere erlebbar zu machen – also Seh-, Hör- und Kraftverlust sowie steife Gelenke und verminderte Koordinationsfähigkeit.
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Ich freue mich auch immer über Wohnprojekte, die Menschen mit Behinderung vorher beim Bau mit einbeziehen und nicht hinterher behaupten, ihre Wohnungen seien barrierefrei. Das sind sie nämlich oft nicht, weil Türrahmen oder Aufzüge zu schmal für E-Rollis, Stufen unüberwindbar und in den Bädern die falschen WCs und Duschen eingebaut sind.
Was ich gut finde: Der Veranstalter des HafenCity Run, BMS – Die Laufgesellschaft, hat sich für den nächsten Run am 1. Juni mit dem BHH Sozialkontor getroffen, um gemeinsam die Vierkilometerstrecke so barrierefrei wie möglich – ansonsten mit Alternativrouten – zu gestalten. Abgesehen davon, dass der Charity-Lauf zugunsten des Abendblatt-Vereins ist – freue ich mich über solche konstruktiven Initiativen, die dafür sorgen, dass unsere schöne Stadt noch inklusiver und vor allem barrierefreier wird.