Hamburg. 19-Jähriger sticht Freund seines Bruders nach missglücktem Rettungsversuch nieder. Ermittlungen wegen versuchten Mordes.

Es ist ein grausames Verbrechen mit einem offenbar unfassbaren Motiv. Im Harburger Phoenix-Viertel ist am Sonnabend ein 16-jähriger Jugendlicher hinterrücks niedergestochen worden. Festgenommen wurde deswegen ein nur drei Jahre älterer Teenager. Er ist der Bruder des Jugendlichen, der seit einem Badeunfall am Falkensteiner Ufer am Freitag vermisst wird. Gegen den 19-Jährigen wurde Haftbefehl wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung erlassen.

Der Niedergestochene war bei dem Badeausflug nach Blankenese dabei gewesen. Er hatte noch vergeblich versucht, seinen 15 Jahre alten Freund zu retten und war dabei selbst in Lebensgefahr geraten. Wohl aus Wut darüber, dass es zu dem Unglück kam, beschloss der 19-Jährige, sich an dem Freund seines Bruders zu rächen.

Messerattacke nach Badeunfall: 16-Jähriger notoperiert

Der Kalischer Platz am Sonnabendnachmittag. Es ist viel los auf dem zentralen Treffpunkt im Phoenix-Viertel. Jugendliche und Kinder spielen auf dem angrenzenden Sportplatz. Auch der 16-Jährige ist gekommen. Er hat sich einen Döner in einer Tüte mitgebracht und setzt sich auf die steinerne Umrandung eines Beetes. Dann kommt der 19-Jährige hinzu, nähert sich seinem Opfer von hinten.

Anschließend, so sagen später Zeugen aus, rammt er mehrfach dem Jugendlichen die Klinge in den Rücken. Der taumelt ein Stück zurück und sackt blutend zusammen. Der Messerstecher flüchtet und verliert dabei seine Sandalen. Zeugen rufen Polizei und Rettungskräfte.

Ein Notarzt versorgt den 16-Jährigen, der mit schwersten Verletzungen in ein Krankenhaus kommt. Mehrere Stunden wird er dort von einem Ärzteteam notoperiert. Auch noch am Montag befindet er sich in kritischem Zustand. Sollte der Jugendliche überleben, drohen ihm Folgeschäden.

Tumultartige Szenen bei der Festnahme des Verdächtigen

Knapp vier Stunden nach der Messer­attacke wurde der 19-Jährige festgenommen. Zivilfahnder hatten ihn in seiner Wohnung in der Nähe des Tatortes gesehen, als er aus dem Fenster schaute. Bei der Festnahme kam es zu tumultartigen Szenen. Angehörige des Festgenommenen pöbelten und stießen wüste Drohungen aus.

Lesen Sie auch:

Sowohl der Festgenommene wie auch der durch die Messerstiche verletzte Jugendliche gehören zu Familien, die im Phoenix-Viertel wohnen. Der in der Elbe Vermisste und der niedergestochene 16-Jährige, so berichten Anwohner, sollen gute Freunde gewesen sein, die viel miteinander unternahmen.

15-jähriger Nichtschwimmer in der Elbe untergegangen

Am Freitag waren beide mit anderen Jugendlichen und Heranwachsenden am Falkensteiner Ufer in Blankenese zum Baden gewesen. Der 15-Jährige, der Nichtschwimmer sein soll, hatte sich offenbar zu weit hinausgewagt und war von der Strömung erfasst und mitgerissen worden.

Als seine Freunde die lebensbedrohliche Situation bemerkten, versuchten sie, ihn zu retten. Beteiligt war auch der 16-Jährige, der am Sonnabend niedergestochen wurde. Er geriet selbst in Lebensgefahr, musste aus der Elbe gerettet werden.

Anschließend suchten Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr mit einem Großaufgebot nach dem Vermissten. Dabei wurden auch der Polizeihubschrauber und die "Branddirektor Westphal", das größte Schiff der Hamburger Feuerwehr, eingesetzt. Schließlich wurde die Suche in der Dunkelheit erfolglos abgebrochen.

 Polizei verstärkt Präsenz im Phoenix-Viertel

Polizisten sichern Spuren am Tatort in Harburg. Hier wurde der Jugendliche angegriffen.
Polizisten sichern Spuren am Tatort in Harburg. Hier wurde der Jugendliche angegriffen. © André Zand-Vakili | Unbekannt

 Die Polizei hat nach dem Angriff ihre Präsenz im Phoenix-Viertel verstärkt. Die Befürchtungen, dass die Lage weiter eskaliert, sind groß - auch wenn mindestens eine der Familien weitere Gewalt nach Abendblatt-Informationen ausgeschlossen hat.

Bisher unbestätigten Gerüchten zufolge soll der nun in Untersuchungshaft sitzende 19-Jährige erst vor einem Monat aus dem Gefängnis entlassen worden sein. Das Phoenix-Viertel, ursprünglich als Wohnquartier für Arbeiter des nahen Industriewerks Phoenix errichtet, gilt seit Jahren als sozialer Brennpunkt.