Hamburg. Mädchen aus Lurup verschwand vor 18 Jahren. Polizei nimmt Fall nach Hinweisen auf Verbindung des NSU zu Kindermorden wieder auf.
Am 27. Januar 1999 verschwand im Stadtteil Lurup die damals zehn Jahre alte Hilal Ercan. Es ist der größte Vermisstenfall der Nachkriegsgeschichte für die Hamburger Polizei. Jetzt ist wieder Bewegung in die Ermittlungen gekommen. Im Zusammenhang mit dem Fund von kinderpornografischem Material auf Computern von Mitgliedern des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) und dem Fund von DNA des Neonazis und NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt am Fundort der 2001 verschwunden und ermordeten Peggy Knobloch, wird auch ein NSU-Zusammenhang im Fall Hilal Ercan geprüft.
Gegenüber dem Abendblatt bestätigte die Polizei, dass sich Hamburger Ermittler aufgrund der Erkenntnisse im NSU-Prozess, die Akten zum Fall Hilal Ercan wieder vorgenommen haben. „Wir schauen schon, ob es Ansatzpunkte in diese Richtung gibt“, sagt Polizeisprecherin Heike Uhde. DNA-Proben von Hilal Ercan sind bereits lange in die Datenbank des Bundeskriminalamtes eingestellt. Auch sie werden zum Abgleich mit im Rahmen des Verfahrens gegen den NSU gefundenen Spuren herangezogen. Zudem, so Uhde, werden weitere Vermisstenfälle und Sexualdelikte an Kindern im Zusammenhang mit dem NSU überprüft.
Hilal verschwand am EKZ an der Elbgaustraße
Der Fall Hilal Ercan beschäftigt die Polizei immer wieder. Das Mädchen war verschwunden, nachdem sie im Einkaufszentrum an der Elbgaustraße als kleine Belohnung für ein gutes Zeugnis Süßigkeiten kaufen durfte. Es war das letzte Mal, dass das Mädchen gesehen wurde. Ein letztes Lebenszeichen kam kurz danach. An ihre Schwester hatte sie noch eine SMS geschickt.
Mit 140 Beamten hatte die Polizei damals die Soko „Morgenland“ ausgestattet, die fieberhaft nach dem Mädchen suchte. Der Fall wurde bundesweit im Fernsehen ausgestrahlt. Immer wieder wurde über das Verschwinden des Mädchens berichtet. Gefunden wurde Hilal nicht. Nach 390 Hinweisen, die abgearbeitet wurden, ging man davon aus, dass das Mädchen Opfer eines Tötungsdeliktes, möglicherweise verbunden mit einem Sexualdelikt, geworden war. „Den bisherigen Ermittlungen zufolge bleibt nur noch eine mögliche Erklärung für das Verschwinden: Das kleine Mädchen wurde Opfer eines Verbrechens. Es gilt mittlerweile als sicher, dass Hilal unmittelbar nach ihrem Einkauf im Supermarkt von einer unbekannten Person verschleppt wurde“, hieß es damals von der Polizei.
Möglicher Täter widerrief Geständnis
2005 meldete sich ein in der geschlossenen Psychiatrie einsitzender Sexualstraftäter, der gegenüber der Polizei behauptete, Hilal Ercan getötet zu haben. Erst gab er an, sie im Volkspark, dann in Rissen vergraben zu haben. Die Suche nach der Kinderleiche blieb erfolglos. Der Mann widerrief anschließend sein Geständnis.