Hamburg. Hintergründe der Reeperbahn-Schießerei: Die Mongols wollen den Hells Angels offenbar Marktanteile im Rotlicht-Milieu streitig machen.
Nach den Schüssen auf ein Taxi, in dem drei „Rocker“ der Mongols saßen, sucht die Polizei weiter konkrete Hinweise auf den Schützen. Er wird bei den mit den Mongols verfeindeten Hells Angels vermutet.
Die Mongols waren am Montagabend vor dem Restaurant Schweinske an der Reeperbahn in das Taxi geflüchtet und wollten den Fahrer zwingen, loszufahren. Es fielen mindestens sieben Schüsse, die die Türen des Taxis durchschlugen und zwei der Mongols verletzten. Ein dritter Rocker brach sich beim Versuch, zu Fuß vor den Angreifern zu flüchten, ein Bein. Der Taxifahrer konnte fliehen, aber keine Beschreibung des Schützen liefern.
Die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass diese Eskalation des monatelangen Streits zwischen den Hells Angels und Mongols noch nicht beendet ist. „Das wird es nicht gewesen sein“, sagt ein Beamter. Diese Befürchtung untermauert ein Insider. Nachdem die Mongols Drohungen in Richtung Hells Angels ausgestoßen hatten, sei dort ein Treffen der Präsidenten aller Charter der Hells Angels einberufen worden, zu denen auch die Präsidenten der Supporter-Clubs, die oft Handlangerdienste für die „Höllenengel“ ausführen müssen, einberufen wurden, sagt der Insider.
Hells Angels mischen im Hamburger Rotlicht kräftig mit
Für die Hells Angels gehe es um viel. „Hamburg ist der einträglichste Bereich in Deutschland“, sagt der Insider mit Blick auf das Rotlichtmilieu, in dem die Hells Angels kräftig mitmischen. „Doch das wollen ihnen die Mongols streitig machen.“ Treibende Kraft bei den Mongols, so heißt es auch in Rockerkreisen, sei nicht der Präsident, sondern sein Vize Reza J., 34. Der Ex-Höllenengel soll nicht nur über beste Kontakte verfügen, sondern auch eine „harte Familie“ im Rücken haben. Es wird schon von einer möglichen Allianz der Mongols mit den „Nomads Turkey“, einer Abspaltung der Hells Angels gesprochen.
Die Mongols gibt es in Hamburg erst seit 2014. Bislang sind einzelne Mitglieder im Rotlicht aktiv. Frauen prostituieren sich für sie in Modellwohnungen. Richtig viel Geld brachte das offenbar nicht. Der inzwischen in Haft sitzende Ex-Präsident der Hamburger Mongols, Erkan U., konnte, so heißt es in Polizeikreisen, seinen Lamborghini nicht mehr nutzen, weil Geld für eine Reparatur fehlte. „Die Gruppe ist aber sehr schnell gewachsen“, sagt der Insider. Auch deshalb dürfte die Mongols nach der Schießerei Rache angekündigt haben. Das wollen die Hells Angels aber nicht hinnehmen, heißt es.
Spektakuläre MEK-Aktion gegen Mongols-Präsidenten
Rocker-Schaulaufen auf dem Kiez
Im Juli landete das Mobile Einsatzkommando mit einem Hubschrauber auf dem Dach des Penthouses von Erkan U. an der Hoheluftchaussee und stürmte die Wohnung – auf der Suche nach einer Schusswaffe. Im Oktober explodierte eine Handgranate unter dem Lamborghini des Mongols-Präsidenten Erkan U.
St. Pauli: Konflikt um die Macht auf dem Kiez
MEK nimmt Mongols-Boss in Penthouse fest
Im November gab es ein Schaulaufen von Mongols und Bandidos in Kutten auf der Reeperbahn. Ermittler der Polizei werteten die Aktion in erster Linie als Provokation – inoffiziell gilt der Hamburger Kiez als Gebiet der Hells Angels. Tage später wurde Erkan U. in seinem Penthouse überfallen und verprügelt. Dabei stahlen ihm die Angreifer seine Präsidenten-Lederkutte, togen sie an der Reeperbahn einem Transvestiten an, der damit schließlich vor Susis Showbar an der Großen Freiheit tanzte – eine Demütigung, die per Handyvideo über Facebook verbreitet wird.
Anfang Dezember wurde der bis dahin "amtierende" Hamburger Mongols-Präsident Erkan U. vom Mobilen Einsatzkommando in seinem Penthouse verhaftet.