Fahnder sprechen im Abendblatt von bis zu zwölf Jugendbanden. Zwei Schwerpunktgebiete in der Hansestadt. Hausbesuch bei Tätern.
Hamburg. Das Anzünden von Autos als Mutprobe: Die seit Monaten anhaltende Brandanschlagsserie auf Fahrzeuge in der gesamten Hansestadt geht nach den jüngsten Erkenntnissen der Polizei auf mehrere Hamburger Jugendbanden zurück. Zehn bis zwölf mehr oder weniger feste Gruppen haben die Fahnder nach monatelangen Ermittlungen ausgemacht. Die Daten stammen vor allem aus Erkenntnissen des Jugendschutzes und der Soko "Florian" - einer Sondereinsatzgruppe, die die steigende Zahl der Autobrände aufklären soll.
In der Nacht zum Mittwoch gingen erneut vier Autos in Flammen auf, drei weitere wurden durch die starke Hitze in Mitleidenschaft gezogen. Verletzt wurde niemand. Die Fahrzeuge befanden sich alle an der Veddeler Brückenstraße. In der Nacht zuvor waren 18 Autos abgebrannt. In der Vergangenheit konnte kaum ein Täter gefasst werden.
Wie das Abendblatt aus Polizeikreisen erfuhr, konzentrieren sich die Bemühungen der zuständigen Zentraldirektion (ZD) 6 auf zwei Schwerpunktgebiete in der Hansestadt. Insbesondere aus dem Revier des Polizeikommissariats 31, rund um den Stadtteil Barmbek-Süd, sollen mehrere jugendliche Autoanzünder stammen.
"Die einen sichern sich ihren Platz in der Gruppe, weil sie gut rappen oder sprayen können. Und wer auf diesen Gebieten nicht punkten kann, reagiert möglicherweise kriminell, zündet Autos an und erarbeitet sich dadurch eine Art Ruhm in der Gruppe", sagte ein Fahnder dem Abendblatt. Beamte des Jugendschutzes ermittelten, dass in der Szene Handyfotos kursieren, auf denen jugendliche Brandstifter vor den von ihnen angezündeten Autos posieren.
"Die Brandstifter sind bekannt", so der Fahnder - nicht zuletzt aufgrund der guten Szenekontakte des Jugendschutzes. Allerdings sei es sehr schwierig, die Täter gerichtsfest zu überführen und ihnen die Brandstiftungen nachzuweisen. Einer der Gründe: Viele junge Brandstifter begehen ihre Tat direkt in ihrer Nachbarschaft. Bis ein angezündetes Auto so brennt, dass es entdeckt wird, vergeht meist genug Zeit, dass die Täter flüchten können.
Bereits mehrfach hätten Autos an Orten - etwa in Sackgassen - gebrannt, wo es kaum einen Fluchtweg gab. "Von den Tätern fehlte trotzdem jede Spur. Später haben wir dann festgestellt, dass dort einschlägig bekannte Jugendliche wohnen", sagt der Beamte.
Die Ermittler hoffen jetzt auf die Wirkung sogenannter Gefährderansprachen: Jugendliche, die zum Täterkreis gehören könnten, bekommen nach Brandstiftungen Besuch von der Polizei. "Wir haben dich im Blick", ist die Botschaft der Ermittler.
Brandstiftungen an Autos gehören seit Jahren zum Alltag der Polizeiarbeit in Hamburg. Zunächst gingen in der Hansestadt jährlich etwa 100 Autos in Flammen auf. Die Motive reichten von politischem Extremismus bis hin zu Versicherungsbetrug. Vor etwa anderthalb Jahren stieg die Zahl der Taten sprunghaft an.
Grund: Immer mehr Brandstifter handeln aus reinem Vandalismus oder Gruppenzwang. Bis zu 70 Prozent mehr Taten registrierte die Polizei in diesem Motivfeld. Ein Anstieg, den sie fast ausschließlich den Jugendbanden zurechnet. Allein im vergangenen Jahr wurden in der Hansestadt fast 300 Autos beschädigt oder zerstört.