In einem Bus der Linie 2 sollen Philipp R. und der als Gewalttäter bekannte Salim el G. den Kopf ihres Opfers mit Füßen und Knien traktiert haben.

Hamburg. Vier Monate nach der brutalen Attacke zweier Jugendlicher auf den 19-jährigen Auszubildenden Marcel F. in Bahrenfeld hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die beiden mutmaßlichen Täter erhoben. In einem Bus der Linie 2 sollen Philipp R. und der als Gewalttäter bekannte Salim el G., beide 20, den Kopf ihres Opfers mit Füßen und Knien traktiert haben.

Die Anklage lautet auf versuchten gemeinschaftlichen Totschlag und gefährliche Körperverletzung. Wohl noch im Sommer werden sich die Täter vor einer Schwurgerichtskammer des Jugendgerichts zu verantworten haben.

Die Tat vom 13. Februar 2010 ist ein Gewaltexzess, der sich mit Aufnahmen aus den Bus-Überwachungskameras schaurig lückenlos dokumentieren ließ. Die Täter hielten sich mit beiden Händen an den Griffstangen des Busses fest und sprangen mit Füßen und Knien auf den Kopf des Auszubildenden Marcel F. Als er schon bewusstlos im Mittelgang des Busses lag, soll Philipp R. sich laut Anklage mit beiden Füßen auf den Brustkorb des jungen Mannes gestellt haben. Von dort aus sprang er ab, um sein Gesicht zu treffen. Er kam neben dem Gesicht des Opfers auf. Doch: Zahlreiche Schläge, Tritte und Kniestöße trafen ihr Ziel.

Was die Täter so aggressiv machte? Marcel F. hatte die 20-Jährigen gebeten, die Musik aus ihren Handys leiser zu stellen. Entgegen ersten Schilderungen ist Philipp R. laut Anklage wohl in gleichem Maße an der Prügelorgie beteiligt gewesen wie Salim el G. Zunächst schien es, als seien die schwersten Tritte von el G. ausgegangen.

Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers sagt zu den Anklagevorwürfen: "Wer so zuschlägt und zutritt, der handelt mit bedingtem Tötungsvorsatz." Es sei wohl nur dem Mut der Zeugen zu verdanken, dass Marcel F. noch lebe.

Sowohl der Busfahrer als auch weitere Fahrgäste hatten die Schläger von dem Opfer weggezogen und sie schließlich an der Schützenstraße in Altona aus dem Bus gedrängt. Die Täter bespuckten die Helfer. Drei Tage lang tauchten sie ab - und stellten sich erst, als die Polizei mit Bildern aus der Bus-Kamera öffentlich fahndete. Sie kamen in Untersuchungshaft. Seitdem schweigen die Verdächtigen. Ein Umstand, der auch das Opfer ärgert. Marcel F.: "Bislang habe ich noch nichts von den Tätern gehört. Keine Entschuldigung, kein Wort des Bedauerns." Was Marcel F. besonders betroffen macht: "Warum werden die Täter vor einem Jugendgericht angeklagt? Mit 20 Jahren sollte man doch wissen, was man tut." Ein Umstand, der tatsächlich zu denken gibt.

Volljährige Jugendliche bis 21 Jahre, sogenannte Heranwachsende, kommen vor ein Jugendgericht, wenn davon ausgegangen wird, dass sie noch nicht die geistige Reife eines Erwachsenen haben. Die Höchststrafe beim Jugendgericht beträgt zehn Jahre - dagegen hätten Philipp R. und Salim el G. nach Erwachsenenstrafrecht 15 Jahre Gefängnis gedroht.

Marcel F. hat keine Angst, seinen Peinigern im Gericht in die Augen zu sehen. Vor dem Prozess will er sich das komplette Überwachungsvideo ansehen. Er fühlt sich langsam stark genug. Die Tat hat tiefe Spuren hinterlassen, auch in seiner Seele. Trotzdem hat Marcel F. gerade den schriftlichen Teil seiner Abschlussprüfung zum Einzelhandelskaufmann bestanden. Er hat sich auch bei einer Fahrschule angemeldet. Das Busfahren meidet er nach Möglichkeit weiterhin.