Die Bombe detonierte während der Vorbereitung der Entschärfung. Innenminister Schünemann (CDU) zeigt sich “tief bestürzt“.
Göttingen/Tettenborn. Die Staatsanwaltschaft Göttingen hat nach der Explosion eines Blindgängers ein Vorermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung eingeleitet. Das erklärte Sprecher Andreas Buick. Es werde überprüft, ob dem Kolonnenführer des Kampfmittelbeseitigungsdienstes ein strafbares Verhalten vorzuwerfen sei. Die Explosion der Weltkriegsbombe hatte am Dienstagabend drei Experten in den Tod gerissen. Warum die Zehn-Zentner-Bombe kurz vor ihrer geplanten Entschärfung detonierte, ist weiterhin unklar.
Bei der Explosion hatte es auch zwei Schwerverletzte im Alter von 46 und 49 Jahren gegeben, die aber außer Lebensgefahr sind. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) hat sich „tief bestürzt“ über den Tod von drei Sprengstoffexperten bei einer Bombenentschärfung in Göttingen gezeigt. Es habe sich um erfahrene Spezialisten gehandelt, sagte Schünemann am Mittwoch. Die drei Männer seien zwischen 20 und 30 Jahren im Dienst und an der Entschärfung von 600 bis 700 Bomben beteiligt gewesen. Schünemann betonte, der Kampfmittelbeseitigungsdienst eine ganz wichtige Funktion.
Das Gebiet rund um den Explosionsort mitten in der Innenstadt war bis nach Mitternacht weiträumig abriegelt, Polizisten ließen an den Straßensperren keine Passanten durch. Rund 7000 Menschen hatten ihre Wohnungen wegen der geplanten Entschärfung der Zehn-Zentner- Bombe verlassen müssen. Keiner hatte mit Problemen bei der Entschärfung des Blindgängers gerechnet, betont Stadtsprecher Detlef Johannson. Ganz im Gegenteil: Bis zur Detonation sei alles nach Plan verlaufen. „Alles lief super, die Spezialisten vom Kampfmittelbeseitigungsdienst waren vorher top zufrieden.“ Diese waren mit 13 Leuten vor Ort, viele von ihnen hatten bereits am vergangenen Donnerstag in unmittelbarer Nähe eine ähnliche Bombe entschärft - völlig problemlos.
Gegen 21.30 Uhr hörte Johannson die Explosion, er war gerade in der Feuerwehrwache. „Ich dachte nichts Gutes“, sagt er. Zusammen mit anderen lief er in das Lagezentrum. „Nach zwei Minuten hatten wir Klarheit, dass etwas Schreckliches geschehen war.“ Neben der vielen Anwohner, die wegen der Entschärfung nicht in ihre Häuser zurückkehren konnten, mussten auch viele Zugreisende in Göttingen ausharren. Vor dem Bahnhof standen am Abend zahlreiche Reisende, die nicht wussten, ob sie ihr Ziel noch erreichen würden. Kurz vor Mitternacht öffnete der Bahnhof wieder und die Menschen konnten ihre Fahrt fortsetzen.
Die Anwohner warteten nach der Explosion auch in der Göttinger Heinrich-Heine-Schule auf die Rückkehr in ihre Wohnungen. Der Schreck stand den Menschen am Abend noch ins Gesicht geschrieben. Verschreckte Eltern rauchten vor der Tür der Schule, telefonierten und warteten, während ihre Kinder durch die Flure tobten. Noch in der Nacht konnten sie in ihre Wohnungen zurückkehren.
In Hannover ist ebenfalls am Dienstagabend bei Bauarbeiten eine Fünf-Zentner-Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden worden. Die Feuerwehr konnte allerdings am Abend noch keine weiteren Angaben zu dem Fund machen. Bereits am vergangenen Donnerstag war in Göttingen eine Zehn-Zentner-Bombe entschärft worden. Sie hatte ebenso wie der zweite Blindgänger in sieben Metern Tiefe dem Baufeld für die neue Göttinger Sportarena am Schützenplatz gelegen.
Derweil konnten die 650 Bewohner des Bad Sachsaer Ortsteils Tettenborn im Südharz, die ihre Häuser verlassen mussten, in ihr Dorf zurückkehren. Der Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg sei von Experten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes entschärft worden, sagte ein Stadtsprecher. Es habe keine Zwischenfälle gegeben. Die drei Meter unter der Erdoberfläche liegende Fünf-Zentner-Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg war entdeckt worden, nachdem ein Zeitzeuge in der vergangenen Woche einen Hinweis auf den Blindgänger gegeben hatte.
Bereits am Montag war im Hamburger Hafen eine amerikanische Fliegerbombe entschärft worden.