Die nächste Feuernacht. Innerhalb weniger Minuten brannten in Osdorf fünf Wagen. Zwei mutmaßliche Brandstifter wurden festgenommen.
Hamburg. In Hamburg haben in der Nacht wieder zahlreiche Autos gebrannt. Im Stadtteil Osdorf gingen an den Straßen Immenbusch und Deesbarg gegen 2.45 Uhr fünf Wagen innerhalb weniger Minuten in Flammen auf. Nur zwei Stunden zuvor hatten auch an der Packersweide auf der Veddel zwei Autos gebrannt. Die Polizei nahm um 2 Uhr zwei Verdächtige vorläufig fest. In der Hansestadt werden seit Monaten immer wieder Autos in Brand gesetzt.
Ging die Polizei früher von politisch motivierten Tätern aus, glaubt sie heute, dass vor allem Privatfehden oder Geltungssucht der Täter eine Rolle spielen. Gegen die Brandserie sind jede Nacht zahlreiche Beamte unterwegs. Seit Anfang des Jahres brannten in Hamburg mehr als 200 Autos. Zudem hat der Senat eine Belohnung in Höhe von 20.000 Euro für Hinweise ausgelobt, die zur Festnahme von Brandstiftern führen.
Hinweise bitte an das Landeskriminalamt unter der Rufnummer 4286-56789. (dpa)
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Neue Taktik gegen das brennende Problem
Sollten an der Veddeler Brückenstraße polizeibekannte Jugendliche wohnen, dann müssen sie dieser Tage mit Besuch von Ermittlern des Landeskriminalamts (LKA) rechnen. Denn an ihrer Straße haben Brandstifter Autos angezündet. Zwei Audi A4 und zwei Mercedes-Transporter gingen dort in der Nacht zum Mittwoch in Flammen auf. Drei weitere Wagen wurden durch die Hitze des Feuers beschädigt. Wenn die Analysen der Fahnder stimmen, dann sind eben jene Jugendlichen die Täter, welche die Autos ihrer Nachbarn angezündet haben.
"Gefährder-Ansprachen" heißen die LKA-Besuche im Beamtendeutsch. "Wir können es euch noch nicht nachweisen, aber wir wissen, dass ihr es wart", lautet die Botschaft der Gespräche. Man werde die Jugendlichen nun beobachten. "Und beim nächsten Mal kriegen wir euch." Im Visier sind besonders auch jene Jugendlichen und junge Erwachsene, die bereits als Sachbeschädiger oder Brandstifter aufgefallen sind.
Seit einigen Wochen setzt die Polizei auf dieses neue Konzept. Die Beamten stehen unter Zugzwang. Die Zahl der durch Brandstiftungen zerstörten Autos stieg von 185 im Jahr 2009 auf 297 im vorigen Jahr. Nach noch nicht einmal vier Monaten sind es in diesem Jahr bereits rund 150 Fahrzeuge.
Anfang 2010 setzte die Polizei auch Hubschrauber bei den nächtlichen Brandanschlägen ein. Mit Infrarottechnik wollte man die Täter in der Dunkelheit aufspüren. Doch das Projekt scheiterte nicht nur an der schwachen Wirkung, sondern vor allem an den Protesten von Anwohnern, die durch die nächtlichen Rotorgeräusche aus dem Schlaf gerissen wurden.
Vor genau zwölf Monaten setzte die Polizei deshalb die Soko "Florian" (benannt nach dem Schutzpatron der Feuerwehr) ein. 100 Beamte wurden nachts zur Fahndung in ganz Hamburg eingesetzt. Die Tatsache, dass es keine örtlichen Schwerpunkte gab, erschwerte die Arbeit der Fahnder. Die Tatorte verteilten sich auf das gesamte Stadtgebiet.
Nur wenige Wochen nach Gründung der Soko "Florian" verdoppelte die Polizei die Zahl der Beamten. Dies geschah vor dem Hintergrund der Innenministerkonferenz, die im Mai 2010 in Hamburg stattfand. Doch auch 200 Polizisten gelang es nicht zu verhindern, dass noch in der Nacht vor dem Beginn des Treffens aller Innenminister zehn Autos in Bramfeld und Eidelstedt angezündet wurden. Kurz nach der Konferenz wurde die Zahl der Fahnder wieder auf 100 reduziert. Dies war auch eine Reaktion auf die massiven Proteste der Polizeigewerkschaften, welche die Mehrarbeit ihrer Kollegen anprangerten. Die Vertreter der Polizeibeamten zweifelten schon früh die Wirksamkeit dieser Maßnahme an. Zu dieser Erkenntnis kam auch die Polizeiführung und reduzierte die Zahl der Beamten Ende 2010 auf nur noch 20. Selbst die 20 000 Euro Belohnung für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, zeigen bislang keine Wirkung.
Schon seit etwa zwei Jahren setzt die Polizei auch auf die Telefonüberwachung - und würde gerne öfter davon Gebrauch machen, wenn dies rechtlich möglich wäre. Über die Funkzellen lassen sich Handys relativ genau orten. Durch das Auslesen der Daten, die bei den Mobilfunkanbietern gespeichert werden, lässt sich feststellen, welcher Handynutzer sich zu welcher Zeit an welchem Ort aufgehalten hat. Taucht eine Mobilnummer häufiger im Umfeld der Tatorte auf, lässt das einen Rückschluss auf eine mögliche Beteiligung an den Brandstiftungen zu. Doch für derartige Maßnahmen setzen die Hamburger Richter hohe rechtliche Hürden. In anderen Bundesländern reicht es ihnen für die Herausgabe der Mobilfunkdaten meist, dass es eine Tat gab. In der Hansestadt müssen die Fahnder Hinweise dafür liefern, dass der Täter tatsächlich vor Ort telefoniert hat.
Nun hofft die Polizei auf das neue Konzept der Gefährder-Ansprache. "Die Tatortarbeit und die Fahndung mit Polizeikräften war nur begrenzt erfolgreich", gibt auch ein Fahnder zu. Deshalb einen neuen Ansatz zu wagen, könne nicht schlecht sein, und sei logischer als beim Alten zu bleiben.
Einen vorzeigbaren Erfolg hat die Polizei allerdings noch nicht zu verzeichnen. "Es ist nicht zu erwarten, dass mit dem Konzept ein Schalter umgelegt wurde, und plötzlich brennt es gar nicht mehr", so der Fahnder. Das neue Konzept brauche seine Zeit.