Hamburg. Studie der Uni Hamburg weist überraschenden Ursprung der hohen Luftverschmutzung nach. Verantwortlich sind nicht nur Verkehrsabgase.
Autos sind für einen großen Teil der Luftverschmutzung in Hamburg verantwortlich, zeigt eine aktuelle Studie der Universität Hamburg und des Helmholtz-Zentrums Hereon. Diese Erkenntnis ist im ersten Moment zwar erwartbar. Doch die Ergebnisse der Forscherinnen und Forscher weisen erstmals darauf hin, dass insbesondere der Abrieb von Reifen und Bremsen giftige Feinstaubpartikel in der Stadt verteilt.
Autoverkehr schadet der Gesundheit: Feinstaubpartikel sind krebserregend
„Je kleiner ein Partikel ist, umso tiefer kann er in die Lunge eindringen“, erklärt das Bundesumweltministerium. Feinstaub entsteht unter anderem durch Abfallverbrennungsanlagen, Heizungen und Bautätigkeiten. In Ballungsgebieten sei vor allem auch der Straßenverkehr verantwortlich, schreibt das Umwelt-Bundesamt. Außerdem könne Feinstaub giftige Schwermetalle beinhalten, die beim Einatmen bis in die letzten Verästelungen der Lunge getragen würden.
Über die gesundheitlichen Risiken klärt auch die Studie der Universität Hamburg auf. Darin heißt es, dass Feinstaub mit einer Vielzahl an gesundheitlichen Risiken in Verbindung gebracht wird: Atemwegs- sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und einer erhöhten Sterblichkeitsrate. Der Abrieb von Reifen und Bremsen beinhaltet sowohl Mikroplastik als auch Metallpartikel.
Messstationen in Hamburg: Zwölf Prozent stammen von Reifenabrieb
Wer an einer viel befahrenen Straße wohnt oder entlangläuft, atme einen erheblichen Anteil Mikroplastik ein, erklärt Mailin Samland, die Erstautorin der Studie. „In Hamburg bestehen an den Hauptstraßen durchschnittlich zwölf Prozent des Feinstaubs aus Reifen- und Bremsabrieb, das meiste davon ist Mikroplastik“, sagt die Meteorologie-Doktorandin vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit. Bisher sei vor allem die Umweltbelastung durch Emissionen aus dem Auto-Auspuff erfasst worden – „der Reifenabrieb wurde nicht beachtet“. Insgesamt würde der Autoverkehr 30 Prozent der gesamten Feinstaubpartikel in der Luft ausmachen. Zwölf Prozent davon lassen sich an den Messtationen auf Reifen- und Bremsabrieb zurückführen, die restlichen 18 Prozent verteilen sich unter anderem auf die Abgase, aber auch auf die Abnutzung der Straßen.
Gleichzeitig gibt es Unterschiede zwischen den Hamburger Messstationen: So liegen die Ergebnisse der Max-Brauer-Allee und der Stresemannstraße nah beieinander, während die Luftverschmutzung an der Habichtstraße deutlich mehr variiert. In der Studie heißt es, dass dies sowohl auf die meteorologischen Bedingungen als auch auf die Straßenverhältnisse zurückzuführen ist. An Nebenstraßen sei die Belastung geringer als an Hauptstraßen, sagt Samland.
Zudem variieren die Ergebnisse je nach Saison. In den Monaten Oktober und Februar konnten die höchsten Messwerte festgestellt werden. Im Gegensatz dazu stehen die Frühlings- und Sommermonate wie April und Juli, in denen die Feinstaubbelastung niedriger ist.
Giftigen Feinstaub vermeiden und reduzieren – Studie gibt Empfehlungen
„Vorausschauendes Fahren reduziert den Abrieb“, sagt die Forscherin von der Universität Hamburg. In der Studie werden zudem weitere Empfehlungen aufgezeigt, wie es gelingen kann, die Feinstaubbelastung in Städten zu reduzieren. Dabei soll eine verbesserte Straßeninfrastruktur dazu führen, dass sich die Reifen und Bremsen weniger stark abnutzen.
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Materialien für Straßen zu nutzen, die weniger Abrieb erzeugen, könnte auch die Luftqualität verbessern. Zugleich sei die Förderung von Elektroautos hilfreich, da diese in der Regel weniger Abrieb beim Bremsen produzieren würden – und vor allem die Abgase vermeiden. Schließlich sei der Umstieg auf öffentliche und alternative Verkehrsmittel eine weitere Möglichkeit, den Autoverkehr und die Feinstaubbelastung zu minimieren. Jedoch sagt die Autorin der Studie gegenüber dem Abendblatt: „Es ist selbst mit allen Maßnahmen schwierig, die Partikel vollständig zu vermeiden.“ Zumal der aktuelle Trend auch eher zu größeren und schwereren Autos und SUVs neige. Durch ihr Gewicht entstehe gleichzeitig mehr Abrieb.
Luftverschmutzung: Wie steht Hamburg im internationalen Vergleich dar?
In der Studie wird dargelegt, dass die Messwerte aus Hamburg mit denen anderer europäischer Großstädte mit hohem Verkehrsaufkommen vergleichbar hoch seien. Beispielsweise in London und Paris konnten ebenfalls signifikante Belastungen gemessen werden, zumal sie in der britischen Hauptstadt allerdings noch etwas höher sind. Weniger durch die Feinstaubpartikel belastet ist zum Beispiel Stockholm: Hier liegt der durchschnittliche Wert zwischen vier und sechs Prozent.