Hamburg. Ein 52-Jähriger soll junge Frauen missbraucht haben. Wie er die Opfer der Sekte laut Anklage gefügig machte und wie sie litten.
Vermutlich sahen sie zu ihm auf. Wahrscheinlich haben die jungen Frauen gemeint, der Anführer ihrer Gruppe habe enorme Macht über sie und ihre Familien. Und sie glaubten wohl, der Sektenführer könne ihr Leben wahlweise mit einem Fluch belegen oder ihrem Glück auf die Sprünge helfen. Unter diesen Vorzeichen soll der Anführer einer sektenähnlichen Vereinigung in Hamburg mehrere Frauen zu sexuellen Handlungen genötigt haben. Nach dem Motto: Wenn sie ihm zu Willen sind, wird alles gut. Wenn sie sich weigern, kann er ihnen und ihren Familien das Leben richtig schwer machen – indem er dunkle Magie einsetzt.
Jetzt muss sich der 52-Jährige in einem Prozess vor dem Landgericht verantworten. Die Anklage wirft Eric K. (Name geändert) unter anderem schweren sexuellen Missbrauch vor. Den Ermittlungen zufolge setzte der Angeklagte die Frauen mit Drohungen und kruden Versprechungen so unter Druck, dass sie seinen sexuellen Wünschen nachgaben. Einem Mitglied der sektenähnlichen Gemeinde soll der 52-Jährige beispielsweise gesagt haben, er könne dafür sorgen, dass sie einen vermögenden Mann heiraten könne.
Dazu müsse sie sich einem Ritual fügen, bei dem es zur „Gewinnung von Samenflüssigkeit“ kommen würde. Die Frau, eine heute 34-Jährige, ließ sich laut Anklage daraufhin auf sexuelle Praktiken mit dem 52-Jährigen ein, die ihr Schmerzen bereiteten. Obwohl sie zum Ausdruck gebracht habe, dass er ihr wehtut, habe er nicht von ihr abgelassen, heißt es.
Prozess Hamburg: Drohungen und Versprechen – so soll der Angeklagte Sex gefordert haben
Ein weiteres mutmaßliches Opfer nötigte Eric K. laut Anklage ebenfalls zum Sex, indem er drohte, er würde es und seine Familie, falls es nicht mitmacht, mit einem Fluch belegen. Und von einer damals 17-Jährigen hat der 52-Jährige den Ermittlungen zufolge verlangt, dass diese ihren Oberkörper entblößt, sich auf seinen Schoß setzt und dort aufreizende Tanzbewegungen vollführt. Tue sie dies nicht, könne er dafür sorgen, dass ihr Partner sich von ihr trennt. Auch dieses Gemeindemitglied sah sich laut Staatsanwaltschaft genötigt, seiner Forderung nachzukommen.
Zwei weitere junge Frauen ließen sich, so die Anklage weiter, auf sexuelle Handlungen mit dem Sektenanführer ein, weil sie Respekt vor ihm hatten und darüber hinaus fürchteten, er werde sie erniedrigen. So soll eine von ihnen erduldet haben, dass der 52-Jährige sich auf sie legt, nachdem sie sich hatte ausziehen sollen.
Prozess vor dem Landgericht Hamburg: Dem Angeklagten drohen mehrere Jahre Freiheitsstrafe
Hat über mehrere Jahre ein solcher Missbrauch stattfinden können? Schließlich kam es Ende 2020 zu mehreren Anzeigen gegen Eric K. Für den schwersten Vorwurf gegen den 52-Jährigen, den schweren sexuellen Missbrauch, sieht das Gesetz eine Mindeststrafe von zwei Jahren vor. Der Angeklagte befindet sich in Untersuchungshaft. Sein Mandant werde sich nicht zu den Vorwürfen äußern „und sich schweigend verteidigen“, kündigt sein Verteidiger Kemal Su nach Verlesung der Anklage an. Am nächsten Verhandlungstag sollen die ersten Zeuginnen gehört werden.
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Bei den Taten handele es sich um das „Ausnutzen eines Hörigkeits- und Abhängigkeitsverhältnisses“, sagt Rechtsanwältin Claudia Krüger, die zwei der mutmaßlich geschädigten jungen Frauen als Nebenklägerinnen vertritt. Die jungen Frauen seien „körperlich und vor allem auch seelisch geschädigt“ worden, sagt Krüger. „Hier wurde durch einen kompletten Vertrauensbruch Urvertrauen zerstört.“ Für den Prozess sind bislang zehn Verhandlungstage terminiert. Ein Urteil könnte Anfang Januar kommenden Jahres verkündet werden.