Hamburg. Zahl der Verkehrstoten in Hamburg so hoch wie lange nicht. CDU macht Vorschläge zum Gegensteuern. BUND kontert mit Spott und Gegenvorschlag.

Das ist keine gute Entwicklung und womöglich auch kein Ausweis einer guten Verkehrspolitik: In diesem Jahr hat es in Hamburg schon jetzt so viele Verkehrstote gegeben wie seit zwölf Jahren nicht, nämlich 31. Nun hat die CDU sich die Daten zu den Unfällen genauer angesehen und einen überraschenden Vorschlag gemacht, wie die Sicherheit verbessert werden soll. Sie fordert in einem aktuellen Bürgerschaftsantrag nämlich nun eine Außenspiegelpflicht für Radfahrer.

„Bei 1892 Unfallbeteiligungen von Fahrrädern im ersten Halbjahr 2024 wurden fünf Fahrradfahrer getötet, 122 schwer verletzt und 1239 leicht verletzt“, heißt es in dem CDU-Antrag. „Bei 1116 waren Fahrradfahrer haupt- oder mitverantwortlich für den Unfall. In anderen Worten: 59 Prozent der Verkehrsunfälle, an denen Fahrradfahrer im ersten Halbjahr in Hamburg beteiligt waren, wurden durch diese selbst (mit-)verursacht!“ Es sei davon auszugehen, dass dieser Trend anhalten werde.

Verkehr Hamburg: Radfahrer oft (mit)schuld an Unfällen – CDU fordert Spiegelpflicht

„Die Zahlen zur Verursachung von Verkehrsunfällen zeigen klar, dass der Verantwortungsdruck, sich an geltendes Recht zu halten, vorrangig bei Fahrradfahrern zu suchen ist“, so heißt es in dem CDU-Antrag weiter. „Einigen Fahrradfahrern fehlt es schlicht am Sicherheitsbewusstsein im Straßenverkehr. Das muss sich dringend ändern.“

Als eine Lösung und einen Beitrag, der „Vision Zero“ näherzukommen, nach der es null Verkehrstote geben soll, hat die CDU nun eben den gemeinen Fahrradspiegel ausgemacht. „Fahrradspiegel im Straßenverkehr tragen zur Verkehrssicherheit bei“, heißt es in dem CDU-Antrag weiter. „Der nachfolgende Verkehr kann ohne große Kopfbewegungen verfolgt werden. Aus diesem Grund haben sich Rückspiegel nicht nur am Auto, sondern auch am Motorrad oder Lkw etabliert. Am Fahrradlenker oder am Helm können sie die gewohnten Vorteile ebenso nutzen.“

Radfahren Hamburg: Außenspiegel links sollen zur Pflicht werden

Deswegen wird der Senat mit dem Antrag aufgefordert, „Fahrradspiegel zumindest linksseitig verpflichtend einzuführen“ und dazu „ein Förderprogramm aufzulegen, sodass die Anbringung von Fahrradspiegeln für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen kostenneutral erfolgen kann“. Auch sei „die Verkehrserziehung dahingehend anzupassen, dass bereits im Grundschulalter die Nutzung von Spiegeln beim Erlernen des Fahrradfahrens einstudiert wird“.

Nun kann man darüber streiten, ob Außenspiegel bei Fahrrädern Hamburg dem Ziel von null Verkehrstoten nun besonders zügig näherkommen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) jedenfalls glaubt das offenbar nicht.

BUND Hamburg hält den CDU-Vorschlag für nicht ernst zu nehmen

„Radfahren in Hamburg ist an viel zu vielen Stellen in Hamburg tatsächlich sehr gefährlich. Doch der Antrag der CDU verkennt das Problem in Gänze“, sagt Hamburgs BUND-Vorsitzende Sabine Sommer. „Das kann doch keine ernsthaft gemeinte Lösung für ein großes Problem sein.“

Der BUND sehe stattdessen den Bedarf für „wirkungsvolle Maßnahmen, um die sogenannte „Vision Zero“ – keine Verkehrstoten mehr in Hamburg – tatsächlich zu erreichen“. An erster Stelle stünden dabei „ein flächendeckendes innerörtliches Tempolimit von 30 km/h, verpflichtende Abbiegeassistenten für den motorisierten Verkehr sowie die Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmenden, durch z. B. ausreichend großen Raum für den Fuß- und Radverkehr“.

Verkehr Hamburg: „Weniger motorisierter Verkehr bringt mehr Sicherheit“

Das aktuelle Verkehrsbild in Hamburg sei weiterhin stark zugunsten des Autoverkehrs gestaltet und damit zulasten der Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmenden, so die BUND-Chefin. „Zur Wahrheit gehört auch, dass weniger motorisierter Verkehr die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden erhöhen würde“, so Sommer. Dies könne durch eine verbesserte Fuß-, Rad- und ÖPNV-Infrastruktur sowie durch den Rückbau von Parkplätzen erreicht werden, was das Autofahren in der Stadt unattraktiver mache. „Konzepte, die zur ,Vision Zero‘ beitragen, sind sehr willkommen – aber bitte ernst gemeinte!“

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Die CDU jedoch meint die Sache mit dem Spiegel durchaus ernst. „Zur Wahrheit gehört, dass knapp 60 Prozent der Unfälle mit Fahrradbeteiligung vom Fahrradfahrer selbst verursacht werden. Insofern ist es nur konsequent, zum Selbstschutz kostengünstige und gleichzeitig verkehrssicherheitssteigernde Maßnahmen wie einen Fahrradspiegel einzuführen“, sagte CDU-Verkehrspolitiker Richard Seelmaecker.

Verkehr Hamburg: CDU verteidigt den eigenen Vorschlag gegen Kritik

„Solch eine Maßnahme ist, neben dem bedarfsorientierten Ausbau einer sicheren Fahrradinfrastruktur, sinnvoll, um die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer zu steigern. Dass sich der BUND gegen diese Maßnahme zur Steigerung der Sicherheit für Fahrradfahrer stellt, ist daher völlig unverständlich.“