Hamburg. Verwaltungsgericht sieht Abstandsgebote verletzt. Bei Gehalt von Lehrern oder Polizisten zählen Beamten-Faktoren. Entscheidung kann Jahre dauern.

Die Besoldung von Beamten in Hamburg hat durch das Verwaltungsgericht eine neue Dynamik bekommen. Es geht nicht mehr nur darum, wie und in welcher Höhe Polizisten, Lehrer oder andere Staatsdiener bezahlt werden. Es geht nicht mal mehr nur um Erfahrungsstufen und den einfachen Gehaltsrechner oder die Tarifgruppen wie A, R oder W. Weil das Verwaltungsgericht Musterklagen an das Bundesverfassungsgericht überwiesen hat, muss Karlsruhe nun prüfen, ob die Hamburger Regelungen für Beamte mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Und dabei – kurios – spielt sogar das neue Bürgergeld (früher Hartz IV) eine Rolle.

Es ist einfach und wahnsinnig kompliziert zugleich: Auch für Hamburger Beamte gilt bei der Besoldung der Grundsatz, dass wer arbeitet, mehr im Portemonnaie haben muss als ein Empfänger von Bürgergeld. Dieses Abstandsgebot bedeutet, dass auch der am geringsten bezahlte Polizist 115 Prozent dessen verdienen muss, was ein Bürgergeld-Bezieher erhält. Doch gerade bei Familien mit Bürgergeld muss man hinzuzählen, dass Kinder beispielsweise finanziell unterstützt werden bei Kosten rund um die Schule (Essen, Lernförderung, Klassenreisen) oder Kita. Da hat die Stadt Hamburg mit Blick auf die Beamtenbesoldung eine andere Berechnung, was hier 100 Prozent sind und wo die Beamten mit 115 Prozent stehen müssen, als das Verwaltungsgericht.

Hamburg: Besoldung der Beamten kommt auf den Prüfstand

Das war ein Grund dafür, dass die Hamburger Richter die Fälle nun an ihre Kollegen mit den roten Roben überwiesen haben. Der andere sind die „Besoldungsergänzungszuschüsse“. Sie können dazu führen, dass ein Polizeioberkommissar (Besoldungsstufe A10) kaum oder nicht mehr Gehalt überwiesen bekommt als der Polizeiobermeister in A8 mit diesem Aufschlag. Im Grundgehalt bei der höchsten Stufe sind A8 (3720 Euro pro Monat) und A10 (4316 Euro) deutlich auseinander. Es darf laut Gesetz nicht sein, dass dieser 600-Euro-Abstand erheblich zusammenschmilzt.

Die Hamburger DGB-Vorsitzende Tanja Chawla sagte: „Das Signal des Verwaltungsgerichtes ist deutlich. In den unteren Besoldungsgruppen war 2022 aus Sicht des Gerichtes der Mindestabstand zur Grundsicherung nicht gewährleistet. Der vom Familieneinkommen abhängige Besoldungsergänzungszuschlag führt zu einer Verletzung des Abstandsgebotes. Nun wird darüber das Bundesverfassungsgericht entscheiden müssen. Das kann Jahre dauern.“

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8125 Klagen gegen Hamburger Beamten-Besoldung

Die Gewerkschafterin forderte den Senat auf, die Besoldung der Beamten so attraktiv zu halten, dass man „wettbewerbsfähig“ bleibe. Hintergrund ist der Kampf um Fachkräfte beispielsweise für die Hamburger Verwaltung und die Polizei. Allerorten wird Nachwuchs gesucht – und das Leben in Hamburg ist allein aufgrund der Mieten oder Immobilienpreise überdurchschnittlich teuer.

Der Senat ist überzeugt, seine Hausaufgaben bei der Beamten-Besoldung gemacht zu haben, wie eine Mitteilung als Reaktion auf den Entscheid des Verwaltungsgerichtes nahelegt. Ihm kommt zugute, dass es juristisch auch nur um wenige Jahre geht. Zudem klingt zwar die Gesamtzahl der 8125 Klagen von aktiven Beamten und Pensionären hoch. Tatsächlich betroffen von einer Verletzung dieser Abstandsgebote wären vermutlich nur rund 30 Fälle. Bei 42.500 Beamten aktuell und 37.700 Pensionären klingt das wie eine Randgruppe. Nicht für die Verwaltungsrichter. Ihnen geht es um das Prinzip: Ist Hamburgs Beamten-Besoldung mit dem Grundgesetz vereinbar?