Hamburg. Zahl der Kriegsflüchtlinge in Arbeit hat sich vervierfacht. Warum es in den Niederlanden viel mehr sind, erklärt Sozialsenatorin Schlotzhauer.
Die Zahl der vor Putin geflohenen Ukrainerinnen und Ukrainer, die in Hamburg Arbeit gefunden haben, hat sich vervierfacht. Inzwischen gehen mehr als 8800 Frauen und Männer aus dem Kriegsland in der Hansestadt einem sozialversicherungspflichtigen Job nach. Zuvor hatte das Jobcenter sie angeschrieben und eingeladen. In den Gesprächen wurde den Ukrainern aufgezeigt, wie das Jobcenter sie unterstützen kann – und es wurde ihnen die „klare Erwartung vermittelt, dass gearbeitet wird. Diese Haltung teile ich.“ Das sagte Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer dem Abendblatt.
Auch wenn die Zahl erheblich gestiegen ist, liegt sie noch immer weit unter der europäischer Nachbarstaaten wie den Niederlanden. „In den Niederlanden gibt es ein Jobmodell, bei dem Geflüchtete auf Abruf arbeiten. Sie werden angerufen, und dann haben sie ab dem nächsten Tag eine kurzfristige Tätigkeit – das gilt als Berufstätigkeit und erhöht die Beschäftigungsquoten“, erklärt Hamburgs Sozialsenatorin die in Hamburg deutlich niedrigere Vermittlungsquote in einen Job. Eine sehr kurze, sehr niedrigschwellige und nicht der Qualifikation entsprechende erste Beschäftigung gebe es auch in Dänemark.
Hamburg hat „klare Erwartung“ an Ukrainer – immer mehr Flüchtlinge haben Jobs
Norwegen hingegen sei noch langsamer als Deutschland bei der Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt, sagt Schlotzhauer. „Dort will man die Geflüchteten entsprechend ihrer Qualifikation einsetzen. Davor stehen Spracherwerb und Qualifizierung. Deutschland geht einen Mittelweg: Frühe Beschäftigung ist ein guter Weg, Menschen mit der Arbeitswelt in Kontakt zu bringen und Sprache zu verbessern“, sagte die SPD-Senatorin.
Die Integration der Kriegsflüchtlinge in den Hamburger Arbeitsmarkt ist eine Gleichung mit vielen Unbekannten: Wie lange wird Putins Krieg dauern? Wie stark wird die Infrastruktur des Landes dann zerstört sein? Welchen Einfluss hat das auf die Rückkehrbereitschaft der 34.000 Kriegsflüchtlinge in Hamburg? Wie gut haben die Ukrainerinnen und Ukrainer in Hamburg dann Fuß gefasst? „Am Anfang des Krieges haben viele – auch ich – geglaubt, dies sei eine zeitlich begrenzte Krise. Die Schutzsuchenden waren darauf eingestellt, bald zurückzukehren. Je länger der Krieg dauert, desto schwerer fällt eine Entscheidung für die Rückkehr“, sagt Schlotzhauer.
In Thüringen verpflichtet ein Landrat Flüchtlinge zu gemeinnütziger Arbeit
Sie empfehle jedem Ukrainer und jeder Ukrainerin, in Deutschland Berufserfahrungen zu sammeln, die Sprache zu erlernen und sich zu qualifizieren. Es sei wertvoll für die Ukraine, wenn Menschen zurückgingen und eine Qualifikation aus Deutschland mitbrächten – beispielsweise im Gesundheitswesen.
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In Thüringen hat ein Landrat Geflüchtete zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet. Sie müssen Straßen kehren oder Hecken schneiden. Wäre das auch ein Modell für Hamburg? Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer sagt Nein. „Der Hamburger Weg ist, Geflüchtete so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Wir verfügen mit dem Hamburg Welcome Center über eine sehr wirksame Einrichtung, wir haben ein gut arbeitendes Jobcenter, wir haben Integrationskurse, und wir haben die Erwartung an Flüchtlinge, dass sie möglichst früh sozialversicherungspflichtig arbeiten.“