Hamburg. Das Motiv für den brutalen Gewaltreigen in Wilhelmsburg ist völlig unklar. Es gab ja nicht mal einen Streit. Jetzt beginnt der Prozess.

Das Motiv für den brutalen Gewaltreigen liegt völlig im Dunkeln – und damit auch eine Antwort auf die Frage, warum sein Freund sterben sollte. Der Umstand, dass das Opfer Israeli ist und der mutmaßliche Angreifer ein Staatenloser – vermutlich Palästinenser –, soll jedoch nichts damit zu tun haben. Vielmehr sollen beide, der 33 Jahre alte A. und der 35 Jahre alte Q., seit vielen Jahren miteinander befreundet gewesen sein, bevor A. am 20. April 2024 auf den zwei Jahre älteren Mann losgegangen sein soll.

Rätselhaft auch: Ein vorgelagertes Geschehen wie einen Streit habe es nach den Ermittlungen nicht gegeben, so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hamburg, Mia Sperling-Karstens, auf Abendblatt-Anfrage. Aber warum stach der jetzt vor der Schwurgerichtskammer wegen versuchten Mordes und versuchten Totschlags Angeklagte A. dann so häufig und so hart zu? Woher rührte diese Raserei?

Prozess Hamburg: Mann fragt nach Uhrzeit und sticht wie von Sinnen auf Freund ein

Auf diese Fragen wird der Prozess gegen den Mann, der am Donnerstag (10. Oktober) vor dem Hamburger Landgericht beginnt, eine Antwort finden müssen. Die Hauptverhandlung wird zudem von einem psychiatrischen Sachverständigen begleitet.

Initial für die Tathandlungen war offenbar eine scheinbar harmlose Frage des Angeklagten, nämlich die nach der Uhrzeit. Der 35-jährige Q. und er saßen damals in der Wohnung an der Prassekstraße (Wilhelmsburg) auf einem Sofa. Q. drehte sich daraufhin nach rechts und wandte sich von ihm ab. In diesem Moment soll A. ihn plötzlich von hinten am Hals gepackt und ihm heimtückisch ein Messer mit 16-Zentimeter-Klinge in die linke Brustseite gerammt haben.

Q. erlitt fatale Verletzungen am linken Lungenlappen, am Herzbeutel, am Magen, am Zwerchfell. Damit endete es nicht. Der Angreifer soll ihm 15 weitere Stich- und Schnittverletzungen zugefügt haben, und zwar im Gesicht, an den Armen und an den Händen.

Zweimal wurde der Angeklagte bewusstlos – dann gelang seinem Opfer die Flucht

Dem Geschädigten gelang es dann, so die Anklage, sich im weiteren Verlauf das Messer zu schnappen und wegzuwerfen. Es ging aber noch weiter: A. soll ihn gewürgt und ihm wuchtig ins Gesicht geschlagen haben, dann aber mit dem Kopf gegen den Couchtisch gestoßen sein und das Bewusstsein verloren haben.

Aus der Ohnmacht kurz darauf erwacht, soll er erneut versucht haben, sein stark blutendes Opfer zu töten. Q. wehrte sich allerdings und schlug ihm laut Anklage einen Teller auf den Kopf, woraufhin A. erneut bewusstlos wurde. Diese Chance nutzte der 35-Jährige sodann zur Flucht aus der Wohnung.

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Es gelang ihm noch, Angehörige anzurufen, die dann den Rettungsdienst alarmierten. Eine Notoperation rettete sein Leben. Der Angreifer soll damals ebenfalls geflüchtet und bei der polizeilichen Durchsuchung einer Wohnung in Tatortnähe entdeckt und festgenommen worden sein. Auf einer Trage liegend und gefesselt, kam er damals ebenfalls ins Krankenhaus.