Hamburg. Initiative gibt überraschend viele Unterschriften ab. Bald dürfte es zum Volksentscheid kommen. Was das Gesetz für Hamburg bedeutet.

Das dürfte reichen: Viele Päckchen werden durch Regen in das Hamburger Wahlamt gereicht. Darin befinden sich die Listen mit den Unterschriften der Kampagne „Hamburg testet Grundeinkommen“: Insgesamt 95.842 Unterschriften sind es geworden. „Die Erleichterung ist jetzt wirklich groß“, sagte Laura Brämswig, Sprecherin der Initiative, am Dienstagmittag. Trotz des Regenwetters sind viele der Helferinnen und Helfer gekommen: Organisatoren und Unterschriftensammler passen gar nicht alle in das kleine Büro des Wahlamts am Johanniswall.

In den vergangenen drei Wochen standen insgesamt 800 Helfende überall auf Hamburgs Straßen, um die nötigen Stimmen zu erreichen. Viele haben ihre Unterschriften auch per Briefwahlstimmen direkt zum Wahlamt geschickt. Für ein erfolgreiches Volksbegehren bedarf es eigentlich nur 65.000 gültige Unterschriften.

Unterschriften für Volksbegehren: Viele Helfer bekommen dafür Geld

Die Stimmung ist bei allen gelöst, obwohl einige der Ehrenamtlichen in der vergangenen Nacht überhaupt nicht geschlafen haben: „Viele Listen mussten noch nummeriert werden, manche waren noch die ganze Nacht lang wach“, erzählte Laura Brämswig. Mit strahlenden Gesichtern ziehen sie nun mit ihren rosafarbenen Westen durch den Regen zum Rathaus, um die Abgabe gebührend zu feiern. Danach gibt es erstmal Mittagessen, dann eine warme Dusche und ganz viel Schlaf.

Insgesamt sind es etwa 800 Ehrenamtliche, die auf der Straße die Unterschriften gesammelt haben. Dazu kommen aber noch einmal etwa 200 weitere, die auf eigene Faust die Listen in Freundes- und Familienkreisen verteilt haben. In den Gebietsleitungen sind es etwa 13 Organisatoren und Organisatorinnen, ganz genau lässt sich das aber nicht sagen, meint Laura Brämswig. Alle sind ehrenamtlich bei der Kampagne tätig, weshalb es eine Pauschale für die Helfenden gab. „Wir wollten, dass sich alle leisten können, hier mitzuhelfen“, erklärt Brämswig. Die Helfer bekamen einen pauschalen Stundenlohn.

Bald in Hamburg? Das will das Konzept Grundeinkommen

Das sozialpolitische Transferkonzept des Grundeinkommens – kurz BGE – wird seit mehreren Jahren viel diskutiert. Die Grundidee dabei ist simpel: Jeder bekommt monatlich eine bestimmte Summe vom Staat, ohne dafür zu arbeiten und unabhängig der eigenen wirtschaftlichen Lage. Damit soll automatisch ein Leben oberhalb des Existenzminimums gesichert werden. Grundsicherung und andere bereits existierende finanzielle Unterstützungen fallen in diesem Konzept weg.

Ganz unbekannt ist das BGE aber nicht mehr: „Die Mehrheit kennt mittlerweile das Konzept“, so Brämswig. Es komme nun noch darauf an, mehr Aufklärung zu leisten bei denjenigen, die dem Konzept kritisch gegenüberstehen oder sich grundsätzlich nicht damit auskennen. Das sei unter anderem auch das Ziel der Kampagne „Hamburg testet Grundeinkommen“ gewesen.

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Befürworter sehen in dem Konzept eine Chance auf mehr Gleichberechtigung sowie Bekämpfung von Armut. Kritiker befürchten eine Belastung für die Wirtschaft durch weniger Arbeitskräfte. Zudem stehen viele einer umsetzbaren Finanzierung kritisch gegenüber. Die spendenfinanzierte Langzeitstudie „Pilotprojekt Grundeinkommen“ der Organisation „Mein Grundeinkommen“ wird Anfang des nächsten Jahres ihr Ergebnisse veröffentlichen, auf denen die Umsetzung des Modellversuchs in der Hansestadt dann aufbauen könnte.

Wetter hatte Einfluss auf Erfolg der Sammler

Vor allem in den ersten zwei Wochen waren die meisten Hamburger und Hamburgerinnen sehr begeistert von den Helfenden und gaben ihre Unterschrift gerne an. In den letzten Tagen vor Abgabe schlug den Ehrenamtlichen dann in Einzelfällen das ein oder andere Mal harsche Kritik und teilweise sogar Beleidigungen entgegen.

Am besten ließen sich die Unterschriften bei gutem Wetter sammeln, wenn sowieso die Meisten gute Laune hatten. Vor allem bei Kulturveranstaltungen wie etwa dem Reeperbahnfestival waren viele Begeisterte dabei, die der Kampagne gerne ihre Stimme verliehen. Schlechter lief es dagegen eher auf den Einkaufsstraßen, dort waren wohl viele zu gestresst.

Hamburg: Volksentscheid im September 2025 wahrscheinlich

Beim Sammeln hat die Initiative zuvor einen Puffer eingeplant und sich ein Ziel von 100.000 Unterschriften gesetzt. Denn erfahrungsgemäß können etwa 20 Prozent der Unterschriften nicht gewertet werden, da die Person beispielsweise noch keine drei Monate in Hamburg wohnt. Dieses Ziel hat „Hamburg testet Grundeinkommen“ nicht ganz erreicht. Trotzdem sind die Organisatoren zuversichtlich, dass es zum Volksentscheid über den Modellversuch Grundeinkommen kommen wird.

Die Stadt prüft nun, ob es sich tatsächlich um genügend Unterschriften für ein erfolgreiches Volksbegehren handelt. Sollte das der Fall sein, können Hamburgerinnen und Hamburger in einem Volksentscheid im September 2025 parallel zur Bundestagswahl für die Umsetzung des Gesetzes abstimmen.

Grundeinkommen: Was jetzt auf Hamburgerinnen und Hamburger zukommt

Dieses Gesetz bedeutet, dass ein Modellversuch in Hamburg durchgeführt wird, mit dem das Grundeinkommen getestet werden soll. 2000 Bürgerinnen und Bürger sollen dann über drei Jahre hinweg ein Grundeinkommen beziehen. Die Kosten dafür übernimmt dann – per Gesetz – der Staat.

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Unter wissenschaftlichen Kriterien werden Straßenabschnitte ausgewählt, deren Bewohnerinnen und Bewohner an dem Modellversuch teilnehmen dürfen. Der Sinn dahinter: dass sich das Grundeinkommen möglichst realistisch anfühlt. Mit dem Versuch soll damit zum ersten Mal durch staatliche Mittel das Grundeinkommen in der Praxis erprobt werden.

„Hamburg testet Grundeinkommen“: Wie es weiter geht

Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, der im kommenden Jahr mit viel Arbeit für „Hamburg testet Grundeinkommen“ verbunden sein wird. Denn sobald die Unterschriften geprüft und bestätigt sind - das wird in spätestens sechs Wochen der Fall sein - wird die Kampagne weiter Aufklärung leisten. Auch, die Argumentationen aufzubereiten und Geschichten von Personen zu sammeln, die bereits Erfahrung mit dem Grundeinkommen gemacht haben, wird Teil der Aufgaben sein, die auf die Initiative zukommen.

Mit Infoständen, Plakaten und Social Media will die Kampagne im Gedächtnis bleiben und die Hamburgerinnen und Hamburger im September zum Wählen motivieren. „Das liegt dann nicht mehr in unserer Hand: entweder gehen die Leute dafür abstimmen oder eben nicht“, so Laura Brämswig.