Hamburg. Personalmangel in Hamburger Behörden führt zu Überlastung von Mitarbeitern und schlechterem Bürgerservice. Wo das besonders zu spüren ist.
- Im April 2023 waren noch rund 4050 Stellen bei der Stadt Hamburg unbesetzt, in diesem Jahr sind es bereits 4700.
- Der Personalmangel hat negative Auswirkungen auf Bürgerinnen und Bürger.
- Aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Behörden und Bezirksämtern leiden enorm unter der Situation.
Die Stadt Hamburg hat immer größere Probleme, geeignetes Personal für die Arbeit in Behörden und Bezirksämtern zu finden. Mittlerweile sind 4700 Stellen in der Verwaltung unbesetzt, im April 2023 waren es noch rund 4050. Die Unterbesetzung führt dazu, dass viele Mitarbeiter völlig überlastet sind und auch offizielle Überlastungsanzeigen abgeben. Zudem ist der Krankenstand in einigen Bereichen sehr hoch.
All das ergibt sich aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Sandro Kappe und dessen Auswertung der Daten. Am schwierigsten ist die Lage demnach im Bürgerservice des Bezirksamtes Wandsbek, wo zuletzt 23 Prozent, also fast ein Viertel der Stellen unbesetzt waren. Es folgt das Dezernat Wirtschaft, Bauen und Umwelt des Bezirksamts Mitte, in dem 16 Prozent der Stellen unbesetzt sind.
Besonders schwierig ist die Situation auch in der Abteilung Steuerung und Service im Bezirksamt Wandsbek (15 Prozent unbesetzte Stellen), im Dezernat Wirtschaft, Bauen und Umwelt, ebenfalls in Wandsbek (14 Prozent) und in der Abteilung Steuerung und Service in Harburg (14 Prozent unbesetzte Stellen).
Jobs in Hamburg: Viele Stellen sind nicht besetzt, weil sich keine qualifizierten Bewerber finden
Unbesetzt sind derzeit ausweislich der Senatsantwort auch allerlei Führungspositionen in der Hamburger Verwaltung. So konnte die Leitung der Straßenunterhaltung in Altona trotz Ausschreibung nicht besetzt werden, auch in Wandsbek und in zahlreichen Behörden konnten Leitungspositionen nicht besetzt werden. Die Innenbehörde etwa sucht derzeit nach Führungskräften für das Amt für Migration, die Feuerwehr oder das LKA 64.
Viele Beschäftigte der Stadt schreiben angesichts der hohen Arbeitslast sogenannte „Überlastungsanzeigen“ und signalisieren damit, dass sie angesichts von Unterbesetzung und immer neuen Aufgaben schlicht nicht mehr in der Lage sind, die ihnen übertragenen Arbeiten sachgerecht zu erledigen. Spitzenreiter ist hier das Bezirksamt Nord, wo 9,5 Prozent aller Mitarbeiter im laufenden Jahr bereits Überlastungsanzeigen schrieben. Es folgen das Bezirksamt Mitte mit 7,6 Prozent, das Bezirksamt Altona (2,6 Prozent), das Bezirksamt Eimsbüttel (2,3 Prozent) und die Justizbehörde, zu der auch die Gerichte gehören, mit zwei Prozent.
Ein anderer Indikator für eine hohe Arbeitsbelastung oder für große Unzufriedenheit kann auch die Zahl der Krankmeldungen sein. Hier liegt ausweislich der Senatsantwort der Landesbetrieb Gebäudereinigung vorn, mit 4143 Krankheitstagen pro 100 Beschäftigte bisher im laufenden Jahr. Es folgen die Hamburgische Münze mit 2714 Krankheitstagen pro 100 Beschäftigten, das Dezernat Bürgerservice im Bezirksamt Eimsbüttel (2646), der Landesbetrieb Verkehr (2322) und die Abteilung Arbeit und Integration der Sozialbehörde (2023 Krankheitstage pro 100 Beschäftigte).
Personalmangel in Hamburgs Behörden hat negative Auswirkungen auf Bürgerinnen und Bürger
Als Gründe für die „hohen Vakanzen“, also die vielen nicht besetzten Stellen, nennt der Senat in seiner Antwort auf die CDU-Anfrage „grundsätzlich eine höhere Personalfluktuation, aber auch länger andauernde und in Teilen nicht erfolgreiche Bewerbungsverfahren aufgrund eingeschränkter Qualität der Bewerberinnen und Bewerber bzw. bestehenden Fachkräftemangels“. Obwohl die Stadt also die Probleme einräumt, betonte Senatssprecher Marcel Schweitzer, dass sich aus der Zahl unbesetzter Stellen „kein konkreter Personalbedarf ableiten“ ließe. „Der Stellenbestand ist ein Ermächtigungsrahmen, der von den Behörden und Ämtern unter Berücksichtigung weiterer Kriterien ausgeschöpft werden kann, aber nicht muss“, so Schweitzer.
Für den CDU-Abgeordneten Sandro Kappe zeigen die Zahlen dagegen „eine besorgniserregende Entwicklung, die die Funktionsfähigkeit der Verwaltung stark beeinträchtigt“. Die Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger seien längst spürbar, so Kappe. Es gebe zunehmend „lange Wartezeiten und überlastete Mitarbeiter“ und „veraltete Technologien prägen den Alltag in den Bezirksämtern“. Der Hamburger Senat sei „dringend gefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu gewährleisten“.
Wandsbek ist besonders hart vom Personalmangel betroffen
Besonders im Bezirk Wandsbek wachse „der Ärger über die langen Bearbeitungszeiten, insbesondere bei sensiblen Anliegen wie der Ausstellung von Sterbeurkunden“, so Kappe. „Diese wichtigen Dokumente, die für die Abwicklung von Nachlässen, Versicherungsansprüchen und Bestattungen unerlässlich sind, lassen die Hinterbliebenen oft wochenlang warten. Im Bezirk Wandsbek dauert die Ausstellung einer Sterbeurkunde derzeit bis zu 20 Tage.“ Insgesamt seien die Bezirksämter besonders betroffen. Hier seien im Schnitt zehn Prozent aller Stellen unbesetzt. „Es ist dringend erforderlich, dass die Bezirke gestärkt werden“, so Kappe, „und zwar durch bessere Karrierechancen und verbesserte Arbeitsbedingungen, um den Exodus der Mitarbeiter in den Fachbehörden zu stoppen“.
Senatssprecher Schweitzer dagegen sagte, der Senat könne keinen besorgniserregenden Wechsel von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Bezirksämtern feststellen. Es gebe in Hamburg „Personalwechsel in allen Richtungen zwischen Fachbehörden, Bezirksämtern, Landesbetrieben und Hochschulen“ und die seien „durchaus erwünscht“.
Senat betont, dass seit April 2023 schon 1000 Vollzeitkräfte zusätzlich eingestellt wurden
Im von der CDU thematisierten Zeitraum von April 2023 bis Ende Juli 2024 sei „der Personalkörper der Stadt sogar um 1000 Vollzeitkräfte angestiegen“, so Schweitzer. „Dabei betraf der weitaus größte Teil den schulischen Bereich (rund 800) – aber auch die Bezirksämter verzeichnen in diesem Zeitraum einen Aufwuchs von rund 160 Vollzeitkräften.“
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Volker Wiedemann, Leiter des Personalamtes, sagte dem Abendblatt, die Stadt verstehe sich „seit jeher als einheitliche Arbeitgeberin und unterscheidet sich hierdurch deutlich von anderen Landesverwaltungen oder dem Bund“.
Das sei für die Stadt „auch ein wichtiger Rekrutierungsvorteil, mit dem wir offensiv werben: Eine Tätigkeit für die Stadt ist vielseitig. Nicht nur durch vielfältige Tätigkeiten auf dem individuellen Arbeitsplatz, sondern insbesondere durch die Möglichkeit zu wechseln – vom kommunalen Bereich in den ministeriellen, oder aus einer Fachbehörde in einen Landesbetrieb“, so Wiedemann. „Diese vielfältigen Möglichkeiten werden von neu rekrutierten Kräften in höchstem Maße geschätzt und als ein wesentlicher Grund genannt, sich bei der Stadt beworben zu haben.“
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Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) hob hervor, dass er selbst mit dafür gesorgt habe, dass „im kommenden Jahr in Hamburg eine Zulage für bürgernahe Dienste in den Bezirken“ verhandelt werde. „Eine solche Zulage wollen wir im kommenden Jahr mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften in Hamburg besprechen und gerne noch vor der nächsten Tarifrunde einführen“, so Dressel. „Das wird neben der Ausfinanzierung der Personalbudgets und der umfassenden Tariferhöhung helfen, die personelle Lage in den Bezirken zu stabilisieren und Abwanderungen vorzubeugen. Das ist vereinbart, da halten wir Wort.“