Hamburg. Der Versuch soll noch 2024 starten. Skandinavier setzen auf PayPal, Google und Apple Pay. In Hamburg gibt es jedoch noch einige Hürden.
- Hamburgs Obdachlose sollen in Zukunft Spenden vom Handy erhalten können
- Erster Test bei „Hinz & Kunzt“ noch im Jahr 2024
- Es gibt eine prominente Hamburger Fürsprecherin
Die energische Frau mit den kurzen Haaren war in ihrem Urlaubsbericht vom Camping in Norwegen gerade an dem Behälter mitten im Wald angekommen, aus dem sie Material kaufen wollte. Da war kein Mensch weit und breit, erzählte sie. Wirft man hier einfach ein paar Kronen ein? In Skandinavien ist das Bargeld beinahe abgeschafft. Selbst in der Wildnis zwischen den Bäumen gab es hier ein Kartenlesegerät. Ein Piep – und es ist bezahlt.
Doch die Urlauberin fragte sich: Was ist mit denen, die Münzen zum Überleben sammeln? Die auf dem Stadtpflaster leben, Straßenmagazine verkaufen oder an der U-Bahn betteln? In Norwegen, Schweden und Dänemark sowie im Vereinigten Königreich sind Kartenlesegeräte und digitales Bezahlen unter Obdachlosen verbreitet. Man muss nicht in den Urlaub fahren, um zu erfahren, dass Deutschland auch hier hinterherläuft. Doch die, die an der Spitze der Bewegung stehen, sind von diesem Thema sozusagen existenziell elektrisiert.
Hamburger Obdachlose: Digitales Bezahlen und Kartenlesegeräte bald verbreitet?
Sybille Arendt von „Hinz & Kunzt“ sagt im Gespräch mit dem Abendblatt ganz klar: Digitales Bezahlen treibt das gesamte Projekt um. Den Magazinmachern geht es darum, dass die Verkäuferinnen und Verkäufer ihre Hefte auch bargeldlos an die Leserinnen und Leser bringen müssten. Die Helfer, die sich um Obdachlose kümmern, sehen ein Handy für die, die auf der Straße leben, quasi als Grundausstattung an. Doch da fängt es erst an. Ein Handy braucht möglicherweise einen Internet-Vertrag, Strom zum Laden und sollte gut gegen Diebstahl geschützt sein. Mehr öffentliches, kostenloses WLAN wie in der U-Bahn würde auch hier helfen. Termine bei Ämtern und Ärzten werden heute oft über das Web gebucht.
Ende dieses Jahres, kündigte Arendt an, werde „Hinz & Kunzt“ etwas testen. „Das wird kommen“, sagt sie über neue digitale Bezahlformen. Die Gretchenfrage sei: „Wie kommt das Geld zu den Verkäuferinnen und Verkäufern?“ Vermutlich muss es über „Hinz & Kunzt“ laufen. Es ist auch für die, die nahe an den Obdachlosen dran sind, schwer zu sagen, wer oder wie viele ein Konto haben, das man nutzen kann. Einen Hamburger Verkäufer gibt es bereits, der ein Kartenlesegerät ausprobiert. Arendt sagt, die bisherigen Erfahrungen aus Düsseldorf und Köln seien nicht unbedingt nur positiv.
PayPal, Google Pay und Apple Pay, um Straßenmagazin „Hinz & Kunzt“ zu bezahlen?
Mit dem Bezahldienst PayPal sowie Handy-Apps wie Google Pay und Apple Pay hat sich das Bezahlen in den vergangenen Jahren bereits revolutioniert. Und: Kartenlesegeräte gibt es bei Bedarf ab 25 Euro. In Kombination mit Smartphones könnten sie nach positiven Tests zum Einsatz kommen. Die Frage nach Konten für weitgehend mittellose Menschen muss auch in Hamburg noch beantwortet werden. Könnte eine Institution wie „Hinz & Kunzt“ als Treuhänder fungieren?
Das ist bislang Zukunftsmusik. Die Frau mit den digitalen Urlaubserinnerungen könnte helfen. Sie hat einen ganz brauchbaren Überblick. Ihr Schreibtisch liegt in einem oberen Stockwerk eines Hochhauses an der Mundsburg. Es ist das Büro von Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD).