Hamburg. Hamburgs Grünanlagen sind dramatisch unterfinanziert – nur für HafenCity lässt Stadt viel Geld springen. CDU: Parks „verwahrlosen“.

Der grüne Umweltsenator Jens Kerstan hat es auch nicht leicht. Auf der einen Seite bekommt er von Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) Jahr um Jahr weniger Geld für die Grünpflege, als er eigentlich braucht. Und auf der anderen Seite muss er sich alle paar Tage von CDU-Umweltpolitiker Sandro Kappe vorrechnen lassen, dass es in der Stadt mittlerweile viel zu wenig Mittel für die Pflege der Grünanlagen und Spielplätze gibt – mit der Folge, das deren Zustand sich immer weiter verschlechtere.

Tatsächlich ist die Grünerhaltung auch nach den Angaben des Senats im Haushaltsplan 2023/24 chronisch unterfinanziert. In den kommenden Jahren wird das Defizit demnach auf ein Rekordniveau steigen. Lag der Fehlbetrag im Jahr 2020 noch bei etwas mehr als sechs Prozent, so wächst er 2025 und 2026 auf satte 35 Prozent. Das heißt: Die Stadt gibt dann ein Drittel weniger für den Erhalt ihrer Grünanlagen und Spielplätze aus als nach eigener Schätzung nötig wäre.

Parks in Hamburg: HafenCity bekommt 20-mal mehr für Grünpflege als andere Stadtteile

Rechnet man das Geld, das der Senat den Bezirken für den Grünerhalt zukommen lässt, auf die Flächen um, so ergibt sich ein Finanzierungssatz von 38 Cent pro Jahr und Quadratmeter Grün. Dabei hatte der Senat nach Berechnungen der „Gartenamtsleiterkonferenz (GALK)“ bereits 2022 eingeräumt, dass mindestens 1,20 Euro pro Quadratmeter für Grünanlagen nötig seien – für Spielplätze sogar 3 Euro. Für beides aber zahlt der Senat den Bezirken trotzdem nur 38 Cent.

Dabei gibt es allerdings eine bemerkenswerte Ausnahme: Für Grünflächen in der HafenCity lässt die Stadt laut einer neuen Antwort auf eine Kleine Anfrage von CDU-Umweltpolitiker Sandro Kappe mittlerweile satte 7,51 Euro netto pro Quadratmeter springen – plus 82 Cent für Wasser und Strom. Das Geld kommt von der stadteigenen HafenCity GmbH.

Begründet wird dieser gegenüber allen anderen Stadtteilen etwa zwanzigfach höhere finanzielle Aufwand mit der „hohen Beanspruchung“ und dem Mehraufwand für die Pflege der „noch jungen, nicht über Jahrzehnte gewachsenen Vegetation“. Zudem gebe es in der HafenCity viele kleinere Flächen, deren Unterhaltung insgesamt aufwendiger sei, so der Senat in seiner Antwort auf die CDU-Anfrage.

HafenCity: SPD-Bezirksamtsleiter kritisiert Sonderförderung bei der Parkpflege

Diese Ungleichbehandlung hatte Mitte-Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer (SPD) bald nach Amtsantritt Anfang 2022 deutlich kritisiert – wobei damals mit 4,50 Euro noch weniger für das Grün in der HafenCity ausgegeben wurde. „Das könnten Sie anderen Stadtteilen nicht vermitteln, dass man in der HafenCity zurzeit bis zu 4,50 Euro für den Quadratmeter Grünpflege ausgibt und der Rest mit einem Bruchteil davon auskommen muss“, sagte Neubauer damals im Interview mit hafencityzeitung.com. „Wir brauchen für die Grünunterhaltung in allen Stadtteilen mehr Geld und keine Sonderbehandlung für die HafenCity. Das müssen Senat und Bürgerschaft klären.“

CDU-Mann Kappe sieht das genauso. „Erkennbar will man die Flächen für die Touristen schön halten. Hingegen sind die Außenbezirke für den Senat scheinbar nicht so wichtig“, sagte Kappe dem Abendblatt. „Bei den Haushaltsberatungen hatte die CDU-Fraktion bereits eine Erhöhung der Mittel für die Bezirke gefordert, jedoch wurde dieser Antrag von Rot-Grün abgelehnt.

Fazit des CDU-Manns angesichts der wachsenden Defizite beim Grünerhalt: „Der Senat lässt unsere Grünflächen verwahrlosen. Es ist dringend geboten, endlich angemessene finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um unsere Park- und Grünanlagen adäquat zu pflegen und zu erhalten. Jede Unterfinanzierung führt nur zu erhöhten Folgekosten. Aus diesem Teufelskreis müssen wir endlich ausbrechen.“

Parks: Umweltsenator verweist auf Zusatzmittel und anstehende Verhandlungen

Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) betonte auf Abendblatt-Anfrage trotz der nicht zu leugnenden Finanzprobleme, dass die „regelhafte Pflege von Grünflächen“ nur „ein Baustein“ sei. „Über die regulären Mittel von rund 12,5 Millionen Euro hinaus hat Hamburg knapp eine Million Euro in weitere wichtige Maßnahmen gesteckt, den Spielplätzen der Stadt eine dicke Finanzspritze gegeben und während Corona im Rahmen des Wirtschaftsstabilisierungsprogramms ebenfalls zusätzliche Mittel bereitgestellt.“

Zudem habe Hamburg gerade viel zusätzliches Geld bekommen. „Das bundesweit erste Naturschutzgroßprojekt hat Anfang des Monats 22,5 Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln erhalten“, so Kerstan. „Es schafft langfristig mehr biologische Vielfalt in Parks und Naturschutzgebieten sowie mehr Erholungswert für Menschen in einem der größten städtischen Ballungsräume Deutschlands. Wir weisen kontinuierlich neue Naturschutzgebiete aus, bis über die Zielmarke von Zehn-Prozent unserer Landesfläche hinaus, bauen neue Parkanlagen auf dem A-7-Deckel, die auf einen Schlag hektarweise Grünflächen schaffen und aktiv Lärmbelastung stoppen. Wir erweitern aber auch unsere Parks, so kürzlich erst Planten un Blomen – und dies sind nur einige Beispiele.“

Grüner Umweltsenator muss bei rotem Finanzsenator um mehr Geld kämpfen

Die Ausgaben für die Grünpflege seien dadurch insgesamt gestiegen, so Kerstan. „Um das auch weiterhin zu gewährleisten, erarbeiten wir zurzeit das Erhaltungsmanagement für Hamburgs Infrastruktur und damit auch für die öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen, das Ende 2024 vorliegt.“ Dieses sei die Grundlage für die 2024 beginnenden Haushaltsverhandlungen 2025/2026, „in denen auch über die finanziellen Mittel für die Pflege von Hamburgs Grünflächen neu entschieden wird“. Mit anderen Worten: Dann wird es der Umweltsenator beim Kampf für Hamburgs Grün wieder mit dem Finanzsenator aufnehmen müssen – unter den Argusaugen eines CDU-Umweltpolitikers.