Hamburg (dpa/lno). Die Hamburgische Bürgerschaft wird 2025 neu gewählt. Aktuell verfügen SPD und Grüne über eine komfortable Mehrheit. Einer Umfrage zufolge könnte Rot-Grün weiter regieren - aber die Luft würde dünner.

Wäre schon am nächsten Sonntag Bürgerschaftswahl, könnte Rot-Grün in Hamburg laut einer Umfrage weiterregieren - allerdings mit deutlich kleinerer Mehrheit. Laut der am Mittwoch vom NDR veröffentlichen Umfrage von infratest dimap bliebe die SPD mit 30 Prozent weiter stärkste Kraft, verlöre aber im Vergleich zur letzten Bürgerschaftswahl mehr als 9 Prozentpunkte.

Die Grünen kämen mit leichten Verlusten auf 21 Prozent (24,2), dicht gefolgt von der CDU, die sich mit 20 Prozent deutlich über ihrem letzten Wahlergebnis von gut 11 Prozent bewegt.

Die AfD könnte zwar weiter zulegen, bliebe aber mit 9 Prozent (5,3) anders als im Bundestrend einstellig. Die Linke wäre mit 7 Prozent (9,1) trotz Verlusten wieder in der Bürgerschaft. Die FDP müsste dagegen mit 5 Prozent (4,9) um den Einzug bangen.

Die Hamburgische Bürgerschaft wird Anfang nächsten Jahres neu gewählt. Derzeit verfügen SPD und Grüne im Rathaus über eine satte Zweidrittelmehrheit.

Bei der Politikerzufriedenheit führt Bürgermeister Peter Tschentscher die Liste weiter mit deutlichem Vorsprung an: 55 Prozent der Befragten zeigten sich mit der Arbeit des SPD-Mannes „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“. Sein Zuspruch bleibt allerdings hinter dem des vergangenen Bürgerschaftswahlkampfs zurück. Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank von den Grünen verbucht ebenfalls Sympathieverluste und liegt jetzt bei 36 Prozent.

Von den Spitzen der Oppositionsparteien schneidet Linksfraktionschefin Cansu Özdemir am besten ab (28 Prozent). Mit CDU-Landespartei- und Fraktionschef Dennis Thering sind nur 20 Prozent der Befragten zufrieden, gefolgt von der FDP-Abgeordneten Anna von Treuenfels-Frowein mit 13 Prozent. Schlusslicht ist der Befragung zufolge AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann mit 10 Prozent.

Die Parteien interpretierten die Umfrageergebnisse durchweg positiv - mit jeweils eigenem Ansatz: Die SPD-Landesvorsitzenden Melanie Leonhard und Nils Weiland verwiesen darauf, weiter als stärkste Kraft in der Hansestadt den Ton anzugeben. „Die Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger hat Vertrauen in Bürgermeister Peter Tschentscher und den SPD-geführten Senat“, erklärten sie. Der SPD werde zugetraut, die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen und die Zukunft Hamburgs zu gestalten. „Das ist in unruhigen Zeiten ein hohes Gut.“

CDU-Oppositionsführer Thering betonte die Zustimmungsverluste für die Arbeit des rot-grünen Senats, während die CDU an Vertrauen gewonnen habe. Er erwartet von der Bürgerschaftswahl einen „echten Dreikampf“. Die CDU werde „bis zum Schluss um jede Stimme kämpfen“, sagte er. „Wir machen denen, die mit dem rot-grünen Senat unzufrieden sind, ein klares Angebot für mehr Sicherheit, einen fließenden Verkehr, eine starke Wirtschaft, einen wettbewerbsfähigen Hafen und gute Bildung.“

Die Innere Sicherheit ist zentrales Wahlkampfthema der CDU. Allerdings haben die Hamburgerinnen und Hamburger der Umfrage zufolge ein eher positives Sicherheitsgefühl. Sieben von zehn Befragten (70 Prozent) gaben an, sich auf öffentlichen Plätzen, Straßen und Parkanlagen „sehr“ oder „eher sicher“ zu fühlen.

„Die Strategie der CDU, das Thema Innere Sicherheit als Wahlkampfthema hochzuziehen, hat nicht verfangen“, sagte die Grünen-Landesvorsitzende Maryam Blumenthal. Ihrer Partei sei es gelungen, sich als konstant starke politische Kraft zu etablieren. „Wir verstehen das als Auftrag, weiter daran zu arbeiten, dass Hamburg eine vielfältige und weltoffene Stadt bleibt.“

Gemessen am Bundestrend seien 7 Prozent für die Linken in Hamburg ein stabiler Wert - „mit Luft nach oben, die wir nutzen werden“, sagte Landessprecherin Sabine Ritter. Mit Cansu Özdemir habe man die drittbeliebteste Politikerin der Bürgerschaft. „Wir sind und wir bleiben, so die Lehre dieser Momentaufnahme, das soziale Gewissen und die Menschenrechtspartei im Rathaus.“

Als Fraktion zurück ins Rathaus will die FDP in der kommenden Legislatur. „Die Umfrage ist eine gute Ausgangslage für uns ein Jahr vor der Bürgerschaftswahl und wenige Monate vor Bezirks- und Europawahlen“, zeigte sich die Landesvorsitzende Sonja Jacobsen auch angesichts weiter knapper Werte optimistisch.

AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann sieht seine Partei weiter im Aufwind - trotz einer von ihm behaupteten „Schmutzkampagne“. „Mit 9 Prozent haben wir ein fast doppelt so starkes Ergebnis gegenüber der Bürgerschaftswahl 2020“, sagte er. Nach der CDU erreiche die AfD den größten Gewinn an Wählerstimmen. „Trotz der massiven Anti-AfD-Hetze ist die AfD auch in Hamburg fest etabliert.“

Laut der Umfrage sieht mit 76 Prozent der Befragten aktuell eine große Mehrheit in der Stadt im Rechtsextremismus eine „sehr große“ beziehungsweise „große Gefahr“ für die Demokratie in Deutschland. Ein gutes Fünftel (22 Prozent) stellt dies in Zweifel.

„Wie die Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger sehen auch wir in den rechtsextremen Umtrieben eine Herausforderung für unser freiheitliches Zusammenleben“, betonten die SPD-Landesvorsitzenden Leonhard und Wieland. „Gemeinsam mit allen demokratischen Kräften in Hamburg ist es unsere Aufgabe, den Verfassungsfeinden in den Parlamenten und Hinterzimmern die Stirn zu bieten.“ Grünen-Chefin Blumenthal sieht es ebenfalls als Aufgabe aller demokratischen Kräfte in der Stadt an, gemeinsam klare Kante zu zeigen gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit. Zwar habe die AfD in Hamburg hinzugewonnen, sagte CDU-Chef Thering. Allerdings bleibe sie in der Hansestadt deutlich unter dem Bundestrend. „Das ist auch gut so!“

Einig waren sich die Parteienvertreter, dass es sich bei den Umfragewerten nur um ein Stimmungsbild handelt. „Doch bleibt es eine reine Momentaufnahme“, sagte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf. „Eines ist klar: Wir stehen vor großen Herausforderungen.“

Das Umfrageinstitut infratest dimap hatte vom 1. bis 5. Februar im Auftrag des NDR 1164 Wahlberechtigte befragt. Wahlumfragen sind generell immer mit Unsicherheiten behaftet. Unter anderem erschweren nachlassende Parteibindungen und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen den Meinungsforschungsinstituten die Gewichtung der erhobenen Daten. Grundsätzlich spiegeln Umfragen nur das Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen auf den Wahlausgang.