Hamburg. Lange Querelen mit der FDP-Spitze zeigen Wirkung. Erst kürzlich trat Ex-FDP-Spitzenkandidatin Anna von Treuenfels-Frowein zur Union über.

Die Hamburger FDP verliert zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen ein prominentes Mitglied an die CDU: Nils Knoben, ehemaliger Landesvorsitzender der FDP-Jugendorganisation Junge Liberale (JuLis), kehrt seiner Partei den Rücken und wird Mitglied des CDU-Kreisverbandes Hamburg-Nord. Vor einem Monat hatte Anna von Treuenfels-Frowein, Spitzenkandidatin der FDP bei der Bürgerschaftswahl 2020, die Partei verlassen und sich ebenfalls der CDU angeschlossen.

„Ich gehe den Schritt zur CDU nach reiflicher Überlegung aus voller inhaltlicher Überzeugung. Gerade die letzten Monate haben gezeigt, wer die richtigen Antworten auf die dringlichen Fragen in unserer Gesellschaft, sowohl in Hamburg als auch im Bund, hat“, begründet Knoben seine Entscheidung im exklusiven Gespräch mit dem Abendblatt.

Als damaliger JuLi-Landesvorsitzender warf Knoben der FDP-Spitze „Grenzüberschreitung“ vor

Der 25 Jahre alte Knoben, der nach seinem ersten Jura-Examen zum Master-Studium nach London wechselt, stand im vergangenen Jahr im Zentrum einer erbittert geführten innerparteilichen Auseinandersetzung zwischen Mitgliedern des JuLi-Landesvorstands und dem FDP-Präsidium. Höhepunkt des Konflikts waren die Wahlen zum FDP-Landesvorstand im Frühjahr 2023, bei denen sich der damalige JuLi-Landesvorsitzende Knoben nicht als Beisitzer durchsetzen konnte, obwohl er von der JuLi-Mitgliederversammlung mit deutlicher Mehrheit nominiert worden war.

Nachdem Knoben im ersten Wahlgang durchgefallen war, erklärte JuLi-Mitglied Aaron Wilhelmi, im zweiten Wahlgang gegen den JuLi-Landesvorsitzenden antreten zu wollen, der daraufhin seine Bewerbung zurückzog, um eine Kampfkandidatur zu vermeiden. Knoben und seine Mitstreiter wie seine damalige Stellvertreterin Swantje Pottharst warfen der FDP-Landesvorsitzenden Sonja Jacobsen vor, Wilhelmi gezielt unterstützt zu haben. Knoben sprach von einer „Grenzüberschreitung“, weil die liberale Landeschefin „aktiv Stimmung für einen anderen als den nominierten Kandidaten gemacht“ habe.

Die JuLis legten für eine Klage vor dem Parteischiedsgericht einen 180-seitigen Schriftsatz vor

Vorausgegangen war eine ausdauernd geführte Fehde zwischen dem JuLi-Landesvorstand und der FDP-Spitze, die bis zu einer Klage vor dem Parteischiedsgericht führte. Dabei ging es um Beleidigungen und ein seitens der Parteispitze kurzzeitig erwogenes Ausschlussverfahren gegen vier JuLis um Knoben und seinen Vorgänger Carl Cevin-Key Coste. Der Parteinachwuchs sah sich in dem möglichen Ausschlussverfahren in seinen Mitgliedsrechten schwer geschädigt. Für die Klage vor dem Schiedsgericht reichten die JuLis einen 180 (!) Seiten umfassenden Schriftsatz ein, der unter anderem von Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) verfasst worden war.

Letztlich gelang es dem Schiedsgericht Anfang März 2023, die Kontrahenten zu einem Vergleich zu bewegen und so ein Urteil zu vermeiden. Die Wunden dieses innerparteilichen Zerwürfnisses heilten jedoch nicht, wie die Nicht-Wahl Knobens in das FDP-Präsidium wenige Wochen später zeigte. Der angehende Jurist trat daraufhin als JuLi-Landesvorsitzender zurück. „Die Freiheit und Unabhängigkeit unseres Verbands haben im vergangenen Jahr in Hamburg schweren Schaden erlitten. Grabenkämpfe der FDP wurden durch das (...) Präsidium in unseren Verband getragen“, schrieb Knoben in seinem Rücktrittsschreiben Anfang April 2023 an die Mitglieder der Jungen Liberalen.

CDU-Hamburg-Nord-Kreischef Christoph Ploß nennt Knoben ein „liberales Nachwuchstalent“

Indirekt spielt die damalige Auseinandersetzung auch in Knobens jetzige Entscheidung hinein, die FDP zu verlassen. „Weder inhaltlich noch personell hat sich die FDP in Hamburg in den vergangenen zwei Jahren weiterentwickelt. Antworten auf die dringenden Fragen in der Stadt ist das Präsidium rund um Sonja Jacobsen und Katarina Blume stets schuldig geblieben. Stattdessen gab es dauerhaft Konflikte. Die gleichen Akteure wollen die FDP jetzt zurück ins Rathaus führen. Das passt für mich nicht zusammen“, sagt Knoben dem Abendblatt.

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Aus Sicht des Ex-Freidemokraten gibt es ein „starkes wirtschaftsliberales Profil, das junge Menschen in den Blick nimmt, die selbstständig etwas aufbauen wollen“, nur noch mit der CDU. Die Attraktivität seiner neuen Partei hat sich für Knoben „am sehr guten Ergebnis der CDU bei der Europawahl unter Jungwählern gezeigt“. Themen wie Generationengerechtigkeit, innere Sicherheit und wirtschaftliche Aufstiegschancen würden gerade für junge Menschen immer wichtiger. „Anders als die Parteien der Ampel geht die CDU diese Themen pragmatisch und ideologiefrei an“, so der Ex-JuLi.

„Ich freue mich sehr, dass das liberale Nachwuchstalent Nils Knoben zu uns in die CDU Hamburg-Nord kommt“, sagt der CDU-Nord-Kreischef und Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß. Der Wechsel zeige wenige Monate vor der Bürgerschaftswahl am 2. März 2025 einmal mehr: „Die Hamburger CDU ist mit unserem Spitzenkandidaten Dennis Thering so attraktiv wie lange nicht mehr.“ Den Übertritt Knobens hatte Julian Herrmann, Spitzenkandidat der CDU im Wahlkreis Barmbek-Uhlenhorst, eingefädelt. Anders als Anna von Treuenfels-Frowein, die voraussichtlich auf Platz zwei der CDU-Landesliste antreten wird, strebt Knoben kein Mandat an.