Hamburg. Von Donnerstag an sind die Gendern-Gegner auf Stimmenfang. Auf dem Weg zum Volksbegehren ist der Initiative ein besonderer Coup gelungen.

Die Volksinitiative „Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung“ geht in die heiße Phase auf ihrem Weg zum Volksbegehren. Schon seit dem 18. Juli sammeln die Gendern-Gegner um die Vertrauenspersonen Anja Oelkers, Hans Kaufmann und Jens Jeep postalisch Unterschriften mit der sogenannten Briefeintragung. Von Donnerstag, 8. August, an wird die Initiative auch in den Hamburger Stadtteilen präsent sein und auf der Straße nach Unterzeichnern suchen. Dabei planen die Organisatoren einen besonderen Coup: Sie wollen von Donnerstag an täglich am Hamburger Flughafen auf Stimmenfang gehen.

Das erklärte Ziel: rund 66.000 Stimmen Wahlberechtigter bis zum 28. August einsammeln. Dann würde die Initiative zum Volksbegehren und es gäbe parallel zur Wahl des Deutschen Bundestags im Jahr 2025 einen Volksentscheid darüber, ob das Genderverbot in Hamburg kommt.

Was die Anti-Gendern-Bewegung am Hamburger Flughafen vorhat

Dass die Initiative ausgerechnet während der Hamburger Sommerferien auf Stimmenfang gehen muss, begreift sie als herben Schlag. Sie klagte deshalb sogar beim Hamburgischen Verfassungsgericht gegen den Senat, das Gericht wies den Eilantrag jedoch zurück. „Ich würde sagen, in den Sommerferien ist es fast doppelt so schwer, die nötigen Stimmen zu sammeln. Das ist so, als müssten andere Initiativen 130.000 Stimmen sammeln“, sagt Notar und Vertrauensperson der Initiative, Jens Jeep. Einerseits seien weniger Helfer, andererseits weniger potenzielle Unterzeichner in der Stadt.

Allerdings: Die Volksinitiative selbst hatte am 10. April den Antrag auf Durchführung des Volksbegehrens gestellt. Damit sei der zeitliche Ablauf des weiteren Verfahrens gesetzlich zwingend vorgegeben, argumentiert das Gericht. Es sei „nicht ersichtlich, dass es verfassungsrechtlich geboten wäre, Volksabstimmungen stets außerhalb der (Sommer)ferien durchzuführen.“ Aus diesem Grund müsse die Bürgerschaft der Initiative auch keine Fristverlängerung gewähren. Für Jeep ist der Zeitpunkt trotzdem nicht haltbar: „Es ist das Recht aller Hamburger, an dem Volksbegehren teilzunehmen. Daher muss der Senat dafür sorgen, dass auch alle teilnehmen können“, meint er.

Jeep und seine Mitstreiter sind einfallsreich. „Wir machen aus der Not eine Tugend“, sagt er. Die Initiative werde nämlich auch am Hamburger Flughafen mit Unterschriftenlisten bereitstehen und das „Ferien-Problem“ so für sich nutzen. „Wenn schon alle wegreisen, dann sind wir wenigstens genau da, wo sie wegreisen“, so Jeep. Weil eine Flugreise oftmals mit viel Wartezeit und Schlangestehen einhergehe, rechnet er sich gute Chancen aus, an den Check-In-Schaltern reichlich Stimmen einsammeln zu können. An allen öffentlichen Orten darf die Initiative ohnehin für ihr Anliegen werben. Was den Flughafen angeht, gab es eine Abstimmung mit dem Betreiber. Die Initiative will täglich zwischen dem 8. und 28. August täglich vor Ort sein.

Gendern-Gegner Hamburg: „Wir richten uns nicht gegen die Rechte von Minderheiten“

Abgesehen vom Flughafen werden die Stände der Initiative in den kommenden Wochen in allen Bezirken zu finden sein. Vornehmlich natürlich dort, wo sich viele Menschen aufhalten, etwa auf Wochenmärkten. Auch vor den 17 „Hamburg Service vor Ort“-Stellen wollen die Gendern-Gegner Plakate anbringen und Listen bereitstellen. Zu erkennen seien Jeep und seine Mitstreiter an knallig-pinken Shirts.

Eine Farbentscheidung mit Aussagekraft: „Wir wollen auffallen. Wir haben Spaß an unserer Sprache“, sagt Jeep. „Und wir wollen zeigen: Es geht hier nicht um das reaktionäre Zurückdrehen der Gleichberechtigung. Im Gegenteil: Wir kämpfen gegen sprachliche Benachteiligungen. Und gerade das komplizierte Gendern benachteiligt viele Menschen massiv, insbesondere diejenigen, die Deutsch erst lernen oder kognitive Sprachschwierigkeiten haben.“

Anti-Gendern-Initiative Hamburg
Knallpink: Die Anti-Gendern-Initiative „Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung“ geht grell an den Start. © Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung | Jens Jeep
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Hamburger Anti-Gendern-Initiative auf Stimmenfang in den Bezirken

Neben den von der Initiative akquirierten Helfern könne auch jeder Einzelne, der Lust und Zeit habe, bei der Unterschriftensammlung helfen, sagt Jeep. Unterschriftenlisten und eine Anleitung, wie diese zu gebrauchen seien, lassen sich auf der Webseite der Initiative ohne-gendern.de herunterladen. Alle Stimmen, die Interessierte von Donnerstag an etwa im Freundes- und Bekanntenkreis sammeln, zahlen auf das Volksbegehren ein. Bereits seit dem 18. Juli können potenzielle Unterzeichner zudem Briefeintragungen über die Webseite der Stadt vornehmen.

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Die Initiative richtet sich gegen die Verwendung von Gendersprache in Hamburgs Verwaltung und Schulen. Dort wird vielfach gegendert, einen Zwang dazu gibt es aber nicht. Jedoch gebe es aus Sicht der Initiative einen passiven Zwang zum Gendern: Schüler oder Bürger müssten gegenderte Unterrichtsmaterialien oder Behördeninformationen lesen und verstehen können.

Wie die Stimmensammlung ausgeht, bleibt abzuwarten. Eine neue Umfrage des Meinungsforschungs-Unternehmens Civey zeigt aber bereits: Viele Menschen haben Interesse an der Initiative. Die Frage „Wie bewerten Sie, dass in Hamburg derzeit ein Volksbegehren stattfindet, um gegenderte Sprache in Schulen und Ämtern zu verbieten?“ beantworteten mehr als drei Viertel der Umfrageteilnehmer mit „Eindeutig richtig“ oder „Eher richtig“. Etwa 14 Prozent der Befragten hält das Volksbegehren hingegen für „Eindeutig falsch“. Mehr als 500 Menschen haben bereits an der Umfrage teilgenommen.