Hamburg. Nach gescheiterter Klage: Hamburger Initiative sammelt Unterschriften – bis Ende August. Laut Initiative begann das allerdings mit Panne.
Man könnte sagen, der Krieg der Sternchen tobt: Nachdem „Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung“ sich im August 2023 den Status der Volksinitiative gesichert hat, wollen die Gender-Gegner rund um die Vertrauenspersonen Anja Oelkers, Hans Kaufmann und Jens Jeep nun den nächsten Schritt gehen und zum Volksbegehren werden. Vom 18. Juli an sammelt die Initiative daher wieder Unterschriften. Zunächst postalisch mit der sogenannten Briefeintragung, später auch per Sammlung auf der Straße sollen bis zum 28. August rund 66.000 Wahlberechtigte für die Initiative unterzeichnen. Dann würde sie zum Volksbegehren.
Jeep, Notar und Vertrauensperson der Initiative, rechnet sich gute Chancen aus: „Wenn alle mitmachen, die das Gendern nervt, dann werden wir die Hürde sicher nehmen“, sagte er dem Abendblatt. „Trotzdem: Wir werden auf jeden Fall am Ende weniger Stimmen haben, als wir außerhalb der Ferien gesammelt hätten.“
Genderverbot in Hamburg: Nach erfolgloser Klage startet Volksbegehren gegen Gendersprache
Zwischen den Initiatoren und der Hamburgischen Bürgerschaft standen die Zeichen zuletzt auf Konfrontation. Grüne, SPD und Linke hatten in der Bürgerschaft entschieden, das Volksbegehren in den Sommerferien stattfinden zu lassen – ein Zeitraum, der für das Sammeln von Unterschriften ungünstig ist. Wegen der Europawahl, die am 9. Juni stattfand, darf die Briefeintragungsfrist weder in den drei Monaten davor noch in dem Monat danach stattfinden. Eine einmalige Verlängerung der Frist lehnte die Bürgerschaft unüblicherweise ab.
Die Initiatoren klagten beim Hamburgischen Verfassungsgericht gegen den Senat in zwei Punkten. Einerseits klagten sie dagegen, dass die Unterschriftensammlung komplett in die Sommerferien fällt. Was den Initiatoren außerdem sauer aufstößt: Die Bürger können ihre Stimmen nicht digital abgeben. Das Hamburgische Verfassungsgericht wies die Eilanträge jedoch zurück.
Schon vor dem Start wurden 10.000 Stimmen gesammelt
Bereits vor der eigentlichen Unterschriftensammlung vom 18. Juli an konnten potenzielle Unterzeichner Briefeintragungen beantragen. Jeep zufolge hat die Initiative damit schon jetzt rund 10.000 Unterstützer sicher. Von nun an muss das nötige Formular auch nicht mehr beantragt werden. Wer unterzeichnen möchte, könne es direkt auf der Webseite der Stadt downloaden. Nähere Informationen und einen Link finden sich auch im Onlineauftritt der Initiative unter www.ohne-gendern.de.
Der Link zum Formular sollte eben dort für jede und jeden auffindbar sein. Nach Angaben der Initiative begann das Ganze am Donnerstag aber erst einmal mit einer Panne. Auf der offiziellen Seite der Landesabstimmungsleitung habe zunächst gar nichts heruntergeladen werden, hieß es. Erst nach vielen Telefonaten habe es ab 9.20 Uhr geklappt. „Die Volksinitiative ist solchen Kummer gewöhnt“, erklärte sie. Es habe von Beginn an Widerstand auf allen Ebenen der Politik gegeben.
Die Initiative verspricht sich dennoch viele per Brief eintreffende Unterschriften: „Das ist für jeden das Einfachste: herunterladen, ausfüllen, wegschicken“, sagt Jeep. Wichtig sei, dass die Briefe rechtzeitig vor Fristende bei der Briefeintragungsstelle des Bezirksamts Hamburg-Nord eintreffen. Vom 8. August an sind zudem Menschen mit papiernen Listen in den Stadtteilen unterwegs und sammeln Unterschriften. Helfer für die Sammelaktionen würden weiterhin gesucht.
Genderverbot zielt auf „Zwang zum passiven Gendern“ ab
Die Initiative richtet sich gegen die Verwendung von Gendersprache in Hamburgs Verwaltung und Schulen. Dort wird in der Regel gegendert, zum Beispiel durch Doppelnennung (Bürgerinnen und Bürger), Zeichensetzung (Bürger*innen oder Bürger:innen) oder geschlechtsneutrale Begriffe (Lehrkräfte). Einen Zwang dazu gibt es aber nicht. Auch können Schüler oder Bürger frei entscheiden, ob sie gendern oder nicht.
Das Gender-Verbot, das die Initiative durchsetzen möchte, zielt deshalb auf einen „unzweifelhafte[n] Zwang zum passiven Gendern“ ab, heißt es auf der Webseite. Jeep erklärt: „Es wird derzeit keiner zum aktiven Gendern gezwungen, aber in dem Moment, in dem jemand gendert, werden die Empfänger der Botschaft passiv dazu gezwungen.“ Schüler oder Bürger müssten gegenderte Unterrichtsmaterialien oder Behördeninformationen lesen und verstehen können – ob sie wollen oder nicht.
Rot-grüne Regierung gegen Genderverbot, CDU und AfD unterstützen Initiative
Jeep betont, den Organisatoren gehe es nicht um persönliche Befindlichkeiten oder Meinungen zum Gendern. „Es geht darum, dass wir sehen, wie vor unseren Augen die Verständlichkeit der Sprache verloren geht“, sagt er, durch Gendersternchen oder Doppelpunkte, aber auch Doppelnennungen. Sowohl die rot-grüne Regierungskoalition als auch die Linken in der Bürgerschaft positionieren sich öffentlich dagegen. In Hamburg sei weder in der Verwaltung noch in der Schule oder an der Uni die Gendersprache vorgeschrieben. Es müsse aber möglich sein, sie zu benutzen. Die CDU unterstützt die Forderungen der Initiative und hat 2023 an einem Aktionstag Unterschriften für die Volksinitiative gesammelt. Auch die AfD fordert ein Genderverbot.
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Genderverbot in Hamburg: Bei Erfolg 2025 Volksentscheid parallel zur Bundestagswahl
Artikel 50 der Hamburger Verfassung ist die Grundlage, auf der die Initiative ein Genderverbot in Verwaltung und Bildung erreichen will. Das Anliegen der Initiatoren muss dazu drei Stufen durchlaufen: Volksinitiative, Volksbegehren und zuletzt den Volksentscheid. Schritt eins, den Status Volksinitiative, haben Jeep und Mitstreiter schon erreicht. 10.000 Wahlberechtigte müssen eine Initiative dafür unterstützen. Im Juli konnten die Gender-Gegner sogar 16.457 Stimmen vorlegen.
Jetzt versucht die Volksinitiative zum Volksbegehren zu werden, wofür eine Zustimmung per Unterschrift von einem Zwanzigstel beziehungsweise fünf Prozent der Hamburger Wahlberechtigten notwendig ist. Das sind 66.000 Menschen. Schafft die Initiative das, kann parallel zur Wahl des Deutschen Bundestags im Jahr 2025 ein Volksentscheid stattfinden. Dann entscheidet die Mehrheit der Abstimmenden, ob das Genderverbot in Hamburg kommt.