Hamburg. Nur mal ein Gläschen? Auf keinen Fall, warnen Hamburger Kinderärztinnen. Denn die Folgen des Fetalen Alkoholsyndroms können fatal sein.

20 Prozent der werdenden Mütter konsumieren in der Schwangerschaft bewusst Alkohol – und das sind nur die, die das bei Befragungen zugeben. Acht Prozent geben sogar an, regelmäßig zu trinken. „Uns überrascht, wie viele Frauen trotz aller Aufklärungsarbeit glauben, dass das gar nicht so schlimm ist“, sagt die Hamburger Kinderärztin Claudia Haupt in der aktuellen Folge des Podcasts „Die KinderDocs“.

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Fetales Alkoholsyndrom: Warum es fatal ist, wenn Schwangere trinken

Die KinderDocs - der Eltern-Ratgeber-Podcast

Denn das Fetale Alkoholsyndrom, in Fachkreisen auch Fetale Alkoholspektrumstörung oder FASD (englisch Fetal Alcohol Spectrum Disorder) genannt, hat für die betroffenen Kinder oft fatale Folgen: äußere Auffälligkeiten und Fehlbildungen im Gesicht wie kurze Lidspalten, eine abgeflachte Verbindung zwischen Nase und Oberlippe und ein auffällig schmales Lippenrot, extreme Unruhe mit viel nächtlichem Schreien, Appetitlosigkeit und Probleme bei der Nahrungsaufnahme – aber auch Störungen, die sie ihr ganzes Leben massiv beeinträchtigen.

Fetales Alkoholsyndrom/FASD: Betroffenen Kindern fehlen wichtige Funktionen

Schätzungen zufolge kommen in Deutschland jährlich 12.000 Kinder mit Fetalem Alkoholsyndrom zur Welt. Nur bei der Hälfte von ihnen ist das diagnostiziert. „Man muss die einzelnen Symptome manchmal wie Puzzleteile zusammensetzen“, sagt Haupts Kollegin Charlotte Schulz.

Häufig werden die Auswirkungen erst mit zunehmendem Alter spürbar. Betroffene Kinder könnten äußerlich unauffällig sein, auch mangele es ihnen häufig nicht an intellektueller Begabung. Aber sie hätten es oftmals schwer, ihre Autonomie zu entwickeln, weil es ihnen an den sogenannten Exekutivfunktionen fehle: Fähigkeiten, die es braucht, um Entscheidungen zu treffen, Dinge zu planen und die Konsequenzen des Handelns im Blick zu behalten.

Alkohol in der Schwangerschaft: Schon ein Glas kann zu viel sein

Claudia Haupt nennt als Beispiel ein Grundschulmädchen, das ein Fahrrad geschenkt bekam und dieses mit einem Jungen aus der Nachbarschaft gegen einen Schokoriegel tauschte. Der Impuls, den Schokoriegel zu essen, war so stark, dass die Konsequenzen des ungleichen Tausches nicht bedacht werden konnten. Diese mangelnde Impulskontrolle und die fehlende Fähigkeit, Konsequenzen des eigenen Handelns abwägen zu können, bleibe den Betroffenen auch im Erwachsenenalter erhalten und mache es ihnen schwer, ihr Leben zu organisieren, mit Geld umzugehen, soziale Kontakte aufzubauen und zwischen Nähe und Distanz abzuwägen. Auch sei ihr Risiko erhöht, selbst Suchtmittel zu konsumieren.

Hinzu kämen äußere Merkmale und Fehlbildungen, aber auch Organschäden an Herz oder Niere – je nachdem, in welcher Phase der Schwangerschaft der Alkohol auf das Kind eingewirkt hat. „Man muss sich klarmachen, dass Schwangere mit den ungeborenen Kindern über die Nabelschnur verbunden sind“, erklärt Schulz: „Wenn die Mutter trinkt, dann trinkt das Kind mit und hat exakt den gleichen Alkoholspiegel im Blut, aber der Abbau des Alkohols dauert bei ihm zehnmal so lange, weil die Organe noch unreif sind.“

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Nicht selten lebten die Mütter in belasteten sozioökonomischen Verhältnissen und seien sich ihrer Schwangerschaft noch gar nicht bewusst, wenn sie Alkohol konsumierten. Fehlende soziale Unterstützung und Ressourcen führten dann zur Überforderung in der Betreuung und Förderung der mit FASD diagnostizierten Kinder, sodass viele von ihnen in Pflegefamilien lebten.

Doch viele Fälle wären auch vermeidbar, wenn wir es schafften, junge Eltern aufzuklären und für das Thema zu sensibilisieren, sagen die KinderDocs. Allen Frauen müsse klar sein: Schon ein Glas kann zu viel sein. Eine gerade noch vertretbare Dosis Alkohol gebe es in keiner Phase der Schwangerschaft. Claudia Haupt: „Wir möchten, dass alle, die einen Kinderwunsch hegen, wissen, dass es diese Null-Promille-Regel gibt.“

Wie Partner ihre schwangere Frau oder Freundin unterstützen können, wie wichtig die Förderung betroffener Kinder ist und wie man Mütter von ihren Schuldgefühlen entlasten kann, auch das erklären die KinderDocs in diesem Podcast.