Hamburg. Neue Daten zeigen Entwicklung der Verkehrsflächen in drei Bezirken. Weniger Parkplätze, mehr Platz für Gehwege. Ein Detail überrascht.
Kaum etwas ist in einer wachsenden Stadt so knapp wie Flächen. Es braucht Platz für neue Wohnungen, für Infrastruktur und ausreichend Grün – und für den Verkehr. Der Hamburger Senat hat jetzt für drei Bezirke Zahlen vorgelegt, wie sich die Verkehrsflächen zuletzt entwickelt haben. Demnach ist die für Kfz-Parkplätze genutzte Fläche in Mitte, Eimsbüttel und Nord zwischen 2019 und heute sehr moderat gesunken, nämlich um zwischen 0,01 und 0,17 Prozentpunkten. Durchweg gewachsen ist dagegen der für Gehwege und Radfahrstreifen genutzte Platz. Überraschend: Für kombinierte Rad- und Gehwege und reine Radwege gibt es in allen drei Bezirken etwas weniger Flächen.
Die Angaben stammen aus einer Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der CDU. Darin musste die Behörde von Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) ihre in einer früheren Antwort vorgelegten und auch dem Abendblatt zur Verfügung gestellten Daten korrigieren. Danach nämlich war die für Kfz-Parkplätze genutzte Fläche angewachsen. Das entspricht allerdings nicht der Realität, wie die Verkehrsbehörde nun einräumen musste. Man habe bei der ersten Auswertung fälschlicherweise lediglich Flächen betrachtet, auf denen es Baumaßnahmen gegeben habe und nicht den Gesamtbestand.
Der Verkehr in Hamburg braucht heute mehr Platz als vor fünf Jahren
Auffällig an den nun korrigierten Daten ist, dass der Verkehr über alle Fortbewegungsarten heute etwas mehr Platz einnimmt als 2019. In Nord wuchsen die Verkehrsflächen von rund 834 auf 842 Hektar, in Eimsbüttel von 664 auf 668 und in Mitte von 1059 auf 1060 Hektar. Der Platz für Kfz-Fahrbahnen wurde dabei in allen drei Bezirken reduziert, in Mitte um 0,11 Prozentpunkte, in Eimsbüttel um 0,77 und in Nord um 0,17 Prozentpunkte. Mehr Platz ist in den drei Bezirken dagegen für Busspuren und Bushaltestellen geschaffen worden. Die für Fußgängerzonen genutzte Fläche ist in Eimsbüttel um 0,02 Prozentpunkte zurückgegangen, in Nord und Mitte gleich geblieben.
Die CDU hat jetzt kritisiert, dass trotz der großen Bedeutung des Themas lediglich für drei der sieben Bezirke überhaupt Daten vorliegen. „Dem Senat fehlt der Überblick, wie viele Verkehrsflächen in den Bezirken mit welcher Funktion überhaupt zur Verfügung stehen“, sagte CDU-Verkehrspolitiker Richard Seelmaecker. „Eine ordnungsgemäße Planung der Flächenentwicklung ist damit nicht möglich. Wer aber die Ausgangslage gar nicht kennt, kann auch nicht weitsichtig planen.“
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Dass es auch Jahrzehnte nach Beginn der Digitalisierung in einer Stadt wie Hamburg aus einem Großteil der Bezirke keine Daten zur Flächennutzung im Verkehr gibt, begründet der Senat in seinen Antworten mit Personalproblemen. So seien die Expertenstellen in Altona, Wandsbek, Bergedorf und Harburg über längere Zeit nicht besetzt gewesen. Die Ausschreibungen hätten sich hingezogen, es habe eine hohe Fluktuation gegeben und in Harburg und Bergedorf habe man „Schwierigkeiten in der Personalgewinnung“ gehabt. In dem gesuchten Bereich herrsche ein „ausgeprägter Fachkräftemangel“.
Die Kritik der CDU will man in der Verkehrsbehörde dennoch nicht auf sich sitzen lassen. „Dieser Senat ist der erste, der die Digitalisierung im Verkehrsbereich und die Erfassung von Verkehrsdaten in größerem Umfang voranbringt und umsetzt“, sagte Behördensprecher Dennis Krämer dem Abendblatt. So habe man etwa die „infrarotbasierte Messung von Kfz-Verkehr“ und das ebenfalls mit Infrarot arbeitende Hamburger Radverkehrszählnetz eingeführt. „Zusätzlich dazu erfolgt die Erhebung umfangreicher Daten zum Mobilitätsverhalten durch Studien wie ‚Mobilität in Hamburg‘ oder in Zusammenarbeit mit großen Unternehmen wie Google oder der Deutschen Bahn“, so der Sprecher von Verkehrssenator Tjarks.
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„Auch arbeiten wir mit großen Verkehrsdaten-Analysten wie Inrix zusammen. Solche validen Daten und Datenerhebungen zum Mobilitätsverhalten hat es zuvor, insbesondere vor 2011, gar nicht gegeben.“ Bis 2010 hatte bekanntlich die CDU Hamburg regiert. Was die Daten zu den Verkehrsflächen in den fehlenden vier Bezirken angehe, so lägen die Daten noch „nicht vollends validiert und geprüft vor“, so Krämer. „Der Prozess dafür läuft.“
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Für die CDU offenbaren schon die wenigen jetzt vorgelegten Zahlen „spannende Erkenntnisse“, wie ihr Verkehrspolitiker Seelmaecker sagte. „Interessant und zugleich sehr bedauerlich für uns Hamburger ist, dass die Grünen und der Bürgermeister nicht nur immer mehr Parkmöglichkeiten abschaffen, sondern dass sie auch noch dafür sorgen, dass immer weniger Flächen für Fußgängerzonen und Geh- und Radwege verfügbar sind.“
Verkehr Hamburg: „Keine Planung im Blindflug nach Gutsherrenart“
Dass der rot-grüne Senat diese Daten „nicht gern veröffentlicht, sondern vor den Hamburgern lieber verheimlichen möchte, ist nachvollziehbar“, so Seelmaecker. „So darf es jedoch nicht bleiben. Wir fordern Transparenz und den Bürgermeister auf, den Verkehrssenator anzuweisen, unverzüglich einen aktuellen und umfassenden Überblick über die Verkehrsflächen zu erstellen. Die Planung in einer Stadt wie Hamburg darf doch nicht im Blindflug oder nach Gutsherrenart erfolgen.“