Hamburg. Polizist stürmt am Schlump auf 19-Jährigen zu, der wird schwer am Kopf verletzt. So hoch ist der Strafbefehl, den der Beamte kassiert hat.
- Am U-Bahnhof Schlump hat ein Beamter einen 19-jährigen Demonstranten umgerannt
- Dieser stürzte unglücklich auf den Hinterkopf und wurde schwer verletzt
- Nach einer Panne im Gericht ist der Strafbefehl nun rechtskräftig
Während der Maifeiertag in diesem Jahr exzeptionell friedlich verlaufen ist und praktisch nur mit szeneinternen Querelen Schlagzeilen gemacht hat, gab es am 1. Mai 2023 durchaus Scharmützel zwischen Linksextremisten und der Polizei. Die verstörendste Szene spielte sich während einer Auseinandersetzung am U-Bahnhof Schlump auf der Schäferkampsallee ab. Öffentlich wurde sie durch das Video eines dort filmenden Kameramanns.
Zu sehen ist, wie ein kräftiger Polizist in Schutzmontur mit hohem Tempo auf einen schwarz gekleideten Demonstranten zustürmt. Wie er ihn wuchtig umstößt und fast in ihn hineinstürzt. Der Mann kippt sofort um, knallt mit dem Hinterkopf auf den Asphalt. Der Polizist dreht sich kurz um – und geht weg. Zu sehen ist dann, wie sich andere Demonstranten um den Schwerverletzten kümmern, während seine Füße unkontrolliert zucken. Rettungskräfte bringen den intubierten Mann schließlich mit Verdacht auf ein Schädel-Hirn-Trauma ins Krankenhaus. Er überlebt.
Mit Hinterkopf auf Asphalt geknallt – Polizist soll 12.000 Euro zahlen
Gegen den Beamten ist nun wegen Körperverletzung im Amt ein Strafbefehl über 120 Tagessätze à 100 Euro (12.000 Euro) erlassen worden, wie die Hamburger Staatsanwaltschaft dem Abendblatt bestätigte. Dieser Strafbefehl geht noch oder ist dem Bereitschaftspolizisten gerade erst zugegangen, was nach Einschätzung von Gericht und Staatsanwaltschaft „misslich“ und „unglücklich“ ist.
Denn: Obgleich durch die Staatsanwaltschaft bereits am 29. April beantragt, habe der am 31. Mai erlassene Strafbefehl erst am 19. Juni, also am Mittwoch, die zuständige Geschäftsstelle des Gerichts verlassen, sagte Gerichtssprecherin Marayke Frantzen dem Abendblatt. Ursache für die verzögerte Zustellung seien personelle Engpässe. Das passt: Das Abendblatt hat gerade erst berichtet, wie sehr die angespannte Personalsituation in den Geschäftsstellen zur chronischen Überlastung der Amtsgerichte beiträgt.
Mit Hinterkopf auf Asphalt geknallt: Körpereinsatz „nicht gerechtfertigt“
Wie Liddy Oechtering, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hamburg, auf Anfrage sagte, sei durch die Ermittlungen festgestellt worden, dass der Körpereinsatz des Polizeibeamten gegen den 19 Jahre alten Demonstranten nicht gerechtfertigt gewesen sei. Demnach sei der junge Mann – schwarz gekleidet und vermummt – zunächst „aktiv auf Polizisten zugegangen“ und habe dabei „Schlag- und Stoßbewegungen mit der Hand“ gemacht, das alles habe der beschuldigte Beamte beobachtet.
Während eines Gerangels habe der Polizist den Vermummten aus den Augen verloren, ihn jedoch wenig später wiedererkannt. Beim Versuch, ihn festzunehmen, sei der Demonstrant von dem Beamten zu Boden geworfen worden. Dabei sei der 19-Jährige mit dem Kopf rücklings auf den Asphalt geknallt und habe das Bewusstsein verloren.
Eskalation am Schlump: Polizist hat zwei Wochen Zeit, Einspruch einzulegen
Den Bereitschaftspolizisten erwartet noch das obligatorische Disziplinarverfahren, das bis zum Abschluss des Strafverfahrens ruht. Dafür muss das im Strafbefehl ergangene Urteil aber erst einmal rechtskräftig werden – das ist nun passiert. Bereits Anfang August ist der Strafbefehl über 120 Tagessätze nach Abendblatt-Informationen rechtskräftig geworden.
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Erst Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr führen bei Beamten dazu, dass sie unter anderem ihre Pensionsansprüche verlieren. Bei Straftatbeständen wie Bestechlichkeit liegt die Schwelle aber bei nur sechs Monaten.