Hamburg. Staatsschutz durchsucht Wohnungen der Gruppe „Muslim Interaktiv“. Polizei seit Wochen im Einsatz – neuer Präsident besucht Kräfte.
Nach dem Angriff der Hamas auf Israel und den bundesweiten Demonstrationen in Bezug auf den Nahostkonflikt hat die Generalstaatsanwaltschaft am Freitag in Hamburg in den Stadtteilen Lohbrügge und Allermöhe die Wohnungen von zwei 25 und 32 Jahre alten Männern durchsuchen lassen, die der Gruppe Muslim-Interaktiv zugerechnet werden.
Sie sollen über Aufrufe in sozialen Netzwerken mit dafür gesorgt haben, dass es trotz Verbots vor einer Woche zum Protest von rund 500 pro-palästinensischen Demonstranten am Steindamm kam, die Hass-Parolen gegen Israel skandierten und auch die Polizei attackierten. Drei Polizisten waren dabei am 28. Oktober verletzt worden. Später waren von „Muslim-Interaktiv“ Videos und Fotos der verbotenen Demonstration „X“, „Tiktok“ sowie „Instagram“ veröffentlicht worden, um die Aktion propagandistisch auszuschlachten.
Demo in Hamburg als Propaganda? Ermittlungen gegen islamistisches Netzwerk
Die Durchsuchungen stehen vor dem Hintergrund von mehreren pro-palästinensischen Demonstrationen, die zum Wochenende in Hamburg stattfinden sollten, aber verboten wurden. Für Freitag sollten sich laut Anmelder nach den Freitagsgebeten in den Moscheen bis zu 7000 Teilnehmer auf dem Steindamm versammeln und gegen „koloniale Strukturen im Nahe Osten“ demonstrieren. Für Sonnabend waren zwei Demonstrationen angemeldet worden, die beide im Bereich St. Georg stattfinden sollten.
Wie wird israelfeindliche Szene auf Durchsuchung reagieren?
Die Gruppe Muslim-Interaktiv hätte vermutlich eine wichtige Rolle bei der Mobilisierung gespielt. Die Gruppierung wurde 2020 gegründet. Sie wird der bereits seit 2003 in Deutschland verbotenen Hizb ut-Tahrir (HuT), zugerechnet. Anhänger der aus der Muslimbrüderschaft hervorgegangenen HuT streben ein Kalifat und auf Grundlage der Sharia an. Der Verfassungsschutz schrieb über HuT: „Der Staat Israel und alle Menschen jüdischen Glaubens insgesamt werden von der HuT als die zu bekämpfenden Grundübel auf dem Weg zur Verwirklichung einer Gesellschaft auf Basis der Scharia bezeichnet.“
Unklar ist, wie die Durchsuchungsaktion in der israelfeindlichen Szene aufgenommen wird und ob es dadurch zu in den kommenden Tagen zu weiteren Aktionen kommt.
Polizei Hamburg nun schon seit drei Wochen im Dauereinsatz
Die schnelle Mobilisierung von 500 israelfeindlich gesinnten und gewaltbereiten Demonstranten vor einer Woche hatte die Sicherheitsbehörden aufgeschreckt. Genau um solche verbotenen Demonstrationen zu verhindern oder schnell einzudämmen, ist die Hamburger Polizei jetzt nun schon seit drei Wochen im Dauergroßeinsatz. Am Freitag schien dies Wirkung zu zeigen. Bis zum Nachmittag wurde keine illegale Versammlung im Bereich St. Georg festgestellt. Dort waren starke Polizeikräfte präsent, um Ansammlungen schnell zu unterbinden. Vor Ort war auch der neue Polizeipräsident Falk Schnabel, der seinen dritten Arbeitstag nutze, um direkt mit den Beamten zu sprechen.
Denn die sind so stark gefordert wie lange nicht mehr. Seit drei Wochen sind Alarmhundertschaften im Einsatz, die aus Beamten der Hamburger Polizeiwachen bestehen. Für die Polizei ist das ein Kraftakt, verbunden mit einer hohen Arbeitsbelastung und der Ansammlung von zahlreichen Überstunden. Ziel ist es, zusätzlich zur Bereitschaftspolizei über weitere Einsatzkräfte zu verfügen, die bei genau solchen illegalen Versammlungen eingesetzt werden können.
Demonstration am Wochenende - und das HSV-Spiel
Zusätzlich wird es am Wochenende eine Demonstration der linken Szene unter dem Tenor „United we stand“ geben, die von der Stralsunder Straße durch die Innenstadt zum Neuen Pferdemarkt führt. 500 Teilnehmer, zum größten Teil aus dem linksautonomen Spektrum, werden erwartet. Auch das Spiel des HSV gegen gegen den 1. FC Magdeburg am Sonnabendabend wird in erheblichem Umfang Polizeikräfte binden.
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Wie lange die Hamburger Polizei noch die Alarmhundertschaften im Einsatz behalten wird, steht bislang nicht genau fest. Zumindest bis kommenden Dienstag, so heißt es aus der Polizei, sollen sie aufgerufen bleiben. Das Wochenende wird dabei zum Gradmesser, der in die Bewertung einfließt, ob man danach in die Verlängerung geht.
Die Allgemeinverfügung, die bestimmte Demonstrationen in Hamburg verbietet, war erst am Mittwoch erneut bis einschließlich Sonntag verlängert worden. Die Verfügung, davon gehen Insider aus, wird auch danach in die Verlängerung gehen.